• 28.03.2024

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Gerichtsvollziehende bei der Arbeit

arm

» Artikel vom

Herr/Frau/Divers Unterhaltsprellerndes P. lässt sich keinen Spass entgehen und fährt heute zur Abgabe der Vermögensauskunft zum Gerichtsvollzieher ins Oberzentrum der Region. Nachdem der Vollstrecker nicht einmal vorbeikam, wollte ich das Erlebnis eines Dates mit GV nicht missen. Das gehört einfach zum Prellerleben. In der folgenden Geschichte ist nichts geschönt oder erfunden, nur einige Bezeichnungen geändert.

Der Weg dorthin zeigte mir wieder einmal, wieso ich auf grössere Städte seit Jahren komplett verzichte. Nach dauerhaft kaputten Fahrscheinautomaten, der Fahrkarten-App eines Verkehrsverbundes zwischen Katastrophe und Lächerlichkeit, 2x Test-sehen-wollen im Zug kamen dann schliesslich die Segnungen der Stadt. "Menschen"quote mittlerweile 90%, die meisten Stadtviertel nur noch gepflastert mit sowas wie "Lebensmittel und Restaurant Pamir", rund 20x "Dönerhaus", "American Nails", "Pinoy Lebensmittel", "Eineuroshop" (Ausverkauf, pleite), "Juwelier Haddad", "Handyland El Alabay", "Babershop". Um den Einzelhandel muss man sich keine Sorgen mehr machen, es gibt ihn nicht mehr, es sind nur noch Geldwäsche oder Selbstbeschäftigungbuden der 300 Ethnien da, die dieses Land mit Förderung und Zustimmung der vorigen Bewohner unter sich aufgeteilt haben. Meins ist es jedenfalls schon lange nicht mehr, aber mir gehört je eh nichts, wie ich bald amtlich angeben werde.

Nun also frisch voran in den Gerichtsvollzieher-Bienenstock, das ist ein reichlich armseliges Wohnhaus mit einer Handvoll GVs drin, die Weiber davon alle noch im verlängerten Weihnachtsurlaub. Aber eifrig werden die Vermögensauskünfte abgenommen. Eben damit beschäftigt ist ein Bekannter aus dem Nachbarort, der sie gerade abgibt, meine erste Überraschung. Ich sitze davor, die Tür offen und höre jedes Detail mit. Sehr interessant. Der Delinquent war auch schon zum zweiten Mal da und ich weiss jetzt, dass der rote Sportwagen in der Garage auf seinen Sohn zugelassen ist und dass seine Lebensgefährtin 1300 EUR verdient und sie ihm deshalb die Sozialleistungen zusammengestrichen haben und noch jede Menge Details mehr. Sah aus wie ein Handwerker, der lieber Bargeld nimmt und keine Rechnungen schreibt. Im Flur hängen grosse Plakate, man sei sehr gegen Gewalt, man solle sich doch bitte benehmen, sonst würde man eins auf die Schnauze bekommen oder so ähnlich. Das war dann auch in zwanzig Sprachen gedruckt. An der deutschen Version musste ich die fehlende geschlechtergerechte Sprache rügen, sehe ich mich selbst doch als reichlich "divers" und überaus "fluide", auch was meine Geschäfte betrifft.

Endlich war ich bzw. der GV war dran. Ich begrüsse ihn schwungvoll, um für gute Stimmung zu sorgen und wünschte ihm ein gutes neues Jahr. Er mir auch. Ich dann: "Haben sie sich auch gute Vorsätze fürs neue Jahr vorgenommen?" Leichte Verunsicherung beim GV. Die wächst dann, als ich fragte wieso ich auf seinen Besuch verzichten musste. Sagt der Kerl doch, er wäre schon dagewesen, aber das wäre wohl so eine kurze Strasse, er habe sie nicht gefunden, ist dann wieder gegangen. Sapristi! Nicht mal Google Maps geben sie unseren GVs und die deutschen Strassen sind sogar zu kurz geworden, um zu pfänden. Ich dachte, ich sitze im falschen Film. Der arme Gläubiger! So wenig Durchsetzungskraft gegen die Schuldnerschlingel. Dann gehts an die Auskunft, worin ich schon viel Übung habe, die Verdammten dieser Erde, also die Väter werden ja ständig um so etwas angegangen. Und da enttäuschte er mich wirklich. Der Kerl war genervt vom Gläubiger, der ihn ebenfalls schon mit einer Vielzahl von redundanten Schreiben von drei unterschiedlichen Stellen bombardiert hatte. Tja, die Grün regierte Stadt meiner Unterhaltsberechtigten ist sehr klamm, man hat ausserdem viel Personal, das verlangt, beantragt, taumelt und die Linke weiss nicht, was die ganz Linke macht.

Nach der Frage mit dem Lebensunterhalt wirkte der GV recht müde. Ich brachte mein "Ich machs wie die Frauen, ich lasse mich einladen". Die Müdigkeit verstärkte sich, als ich meine bittere Armut offenlegte, nicht einmal ein Bankkonto mein eigen zu nennen. Sagte ihm, die Gläubigerin fordere seit 15 Jahren Geld, er könne sich ja denken dass sich ein Schuldner sein Leben entsprechend ausrichtet, das wäre ihm sicher nicht unbekannt und Unterhaltspflichtige seinen ja auch oft besondere Kandidaten. Hätte ich bloss meinen Mund gehalten. Hatte ich mir doch so viele nette Unterlagen mitgenommen, die er daraufhin alle nicht mehr sehen wollte und damit meinen Spassfaktor verringerte. Das Schreiben von Ms. Rosemary Jones aus "West Africa Ivory Coast" beispielsweise, wo mir ein Drittel einer halben Million Dollar in Aussicht gestellt wird und noch ein paar Spritzigkeiten mehr. Aber er nahm es mit Humor. Meinen Brief hatte er gelesen, fand ihn sehr witzig und er wird ihn auch an den Gläubiger weiterreichen, was ich für eine sehr gute Idee halte. So wird mein Werk also an die StädtInnenkämmerInnenkassIn gehen und der GV muss mir keine Polizeienden schicken.

Ein bisschen Plauderei war auch dabei und interessant. Sein Job ist längst überflüssig. In 90% der Fälle gibts nicht mal mehr den Versuch einer Vollstreckung, sondern es kommt sofort zur Vermögensauskunft. Und da ist dann auch nichts holen. Er pfändet bei Privatleuten im Prinzip nichts mehr. Er regte sich über die Gläubigerin und ihr Brimborium über drei Stellen auf. Die hätten wohl viel Personal, haben doch schon alle Auskünfte und könnten auch sehr einfach alles abfragen, für ihn sei das mehr Arbeit und würde sowieso nichts Neues bringen, sei doch eh klar wie es steht. Dann interessierte ihn noch der Beginn meiner Einkommensweiche, wieso es damals zusammenbrach. Da klärte ich ihn doch gern kostenfrei auf. Tja, das war dann. Beim rausgehen kam schon der nächste Kunde, im wallenden Kaftan und einer Art Miniturban auf, nur der Gebetsteppich fehlte. Ali Baba und die vierzig Vermögensauskünfte. Inschallah.

Jetzt ist zwei Jahre Ruhe, ich hoffe aber, die StädtInnenkämmerInnenkassIn schreibt weiter, mir würde sonst etwas fehlen und meine nett gemeinten Antworten halten mir den Stift spitz und kregel. Übung macht die/den/das Meisternde!

P.

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