Gastautor: sag-ich-nich
MM Wissenschaft: Die berauschte-Affen-Theorie und der unaufhaltsame Aufstieg der innovativen Pferdemänner
Was hat die „berauschte-Affen-Theorie“ (engl. stoned-ape-theory) mit den Yamnaya, also den Vorfahren der jetzt weltweit verbreiteten weißen äh Leute zu tun, und was ist überhaupt die stonedape-theory? Und wieso werden so bahnbrechende neue Hypothesen und Erkenntnisse zuerst im Männermagazin veröffentlicht. Ist das überhaupt ernst gemeint?
Na gut, fangen wir damit an: Die stoned-ape-theory stammt von Terence McKenna und seinem kleinen Bruder Dennis. Terence lebte in der Früh-Hippie-Zeit und bereiste die Welt, um echte Religiosität und Spiritualität zu finden. Von der christlichen Kirche mit ihren erstarrten Ritualen ohne echte Transzendenz war er ziemlich enttäuscht, aber gleiches fand er im fernöstlichen Buddhismus:
Leere, entseelte Religion, bar jeder Spiritualität. Und so reiste er in die südamerikanischen Urwälder, um unverdorbene, spirituelle Menschen zu finden, echte Schamanen. Fand er auch, und auch Ayahuasca, aber wovon er sich ernährte, das waren so Pilze der Gattung Psilocybe, und die sind ziemlich stark wirksam.
Wie?
Findet ihr alleine raus, steht bei Erowid. Berühmt wurde er dann später vor allem dadurch, dass er, wieder daheim, die erste Kultivierungsmethode für solche Pilze herausfand, die ein jeder dahergelaufener Hippie (mit etwas Talent und viel Sauberkeit) zu Hause in der Küche hinkriegte. Und so wurde er zu einer Ikone der psychedelischen Gegenkultur, empfahl den Genuss diverser Halluzinogene und propagierte die stoned-ape-theory.
Die „total zugedröhnte-Affen“-Theorie von 1992 besagt, dass die erstaunliche Zunahme der Fähigkeiten und der sozialen Kontakte früher Menschen (fast noch Affen), die vor etwa 100.000 Jahren nachweislich stattgefunden hat, auf die Ernährung dieser fast-Affen zurückgeht. Zu dieser Zeit war wieder mal Klimawandel und Steppenbildung, und auf dieser Steppe rannten die ganzen Großviecher (Zebras, Giraffen, Gnus, Rinder und so) herum und schissen. Die frühen Menschen versuchten, die Großviecher zu jagen, was nicht immer gelang, und dann blieb ihnen nur übrig zu hungern, oder gerade jene Pilze zu verköstigen, die auf eben dieser Scheiße wuchsen. Wahrscheinlich sind die, die hungerten, nach und nach verhungert, während die Pilzfresser überlebten.
Ständiger Genuss solcher Pilze verändert nun so einiges: Steigerung der Sehfähigkeit und damit des Jagderfolges, und, wie moderne Studien zeigen, auch handwerkliche Fähigkeiten: der Mensch wird schneller. Bei vermehrtem Genuss wird der Mensch auch sexuell aktiver (geiler), was zur damaligen Zeit noch zur vermehrten Anzahl der Nachkommenschaft führte. Wirklich starker Genuss solcher Pilze führt dann auch zu verbesserten sozialen Fähigkeiten, zu religiösen Visionen und zu Gruppensexorgien, was wiederum den sozialen Zusammenhalt der Gruppe fördert, die Nachkommenschaft steigert und so insgesamt zum Überleben und zur Zunahme der dauerbedröhnten fast-Affen führte.
Moderne Studien zeigen tatsächlich, dass Psilocybin aus den Psilocybe-Pilzen die Neuroplastizität fördert. Was das ist? Na, das ist doch das Gehirnzellenwachstum, gell? Dachte man bislang, dass einmal abgestorbene Hirnzellen für immer weg sind, zeigen neuere Studien, dass gewisse Substanzen, von eben diesen Pilzen hergestellt, Nervenwachstum und neue Neuronenverbindungen fördern.
Und Psilocybin verbessert Einsicht und Wahrnehmung. Nein, das haben sich die stoned-hippies nicht ausgedacht, das können Wissenschaftler wirklich messen, aber die Veröffentlichungen dazu müsst ihr euch selber suchen. Also gut, ein paar papers, für fanatische Wissenschaftsfans unter uns:
Siegel et al. (2024), Singer et al. (2024), und ein wenig populärwissenschaftlicher ist unten der Link zum Changa-Institut. Die sagen, Psilocybin unterstütze die Neurogenese im Hippocampus, das ist die Ecke im Gehirn wo Emotionen und Erinnerungen abgespeichert sind. Also, das ist nicht ausgedacht, das ist Ergebnis moderner Wissenschaft. Das bedeutet NICHT, dass ihr jetzt alle im Selbstversuch welches Zeug futtert, um eure alkoholdegenerierten Nervenzellen zu reparieren. Bitte tut dies vorwiegend unter medizinischer Aufsicht in anerkannten Forschungsinstituten. Das John-Hopkins-Institut macht so etwas, sagt Joe Rogan, aber die nehmen nur Freiwillige.
Nun zurück zur stoned-ape-theory. Die andauernden Gruppensexorgien unter dem Einfluss dieser Pilze förderten also die genetische Vielfalt. Fortgesetzter Konsum solcher Pilze (sollte das Jagdergebnis nicht verbessert werden?) Gab es etwa Zebrajägerschnitzel schon damals?) soll außerdem das Sprachvermögen verbessert haben. Sprache ist ja echt praktisch, damit kann der eine dem anderen was sagen, und so können die Menschen Gedanken, Ideen und Weisheiten teilen oder gar Geschichten für das MM schreiben. Außerdem soll das Pilz-Zeugs auch den Sinn für Musik fördern, lalala, und fortgesetzter Pilzgenuss führte schließlich auch zur Entwicklung oder Entdeckung von Religion und Ethik.
Und so wurden aus den fast-Affen die Menschen, laut Terence McKenna. Oder, auf wissenschaftlich, so wurde aus dem depperten Homo erectus der clevere Homo sapiens. Das also sagt die stoned-ape-theory. Mann möchte noch hinzufügen, dass diese Theorie etwas umstritten ist, aber was ist das derzeit nicht? Selbst Einstein war anfänglich sehr umstritten. Ich tendiere deswegen dazu, solch niedere Kritik einfach zu ignorieren und empfehle das auch anderen Männern.
Kommen wir nun zum zweiten Teil der Geschichte, genau 94 400 Jahre später. Die Eiszeit ist inzwischen vorbei, und Europa ist flächendeckend von Menschen aus Kleinasien (heute: Westasien) und Afrika besiedelt. Die sind ganz lieb und zierlich, sie bauen Getreide an und als Hobby haben sie Hügelgräber buddeln und Steine stapeln. Europa war ziemlich dicht mit denen besiedelt, alleine in Dänemark sollen 5000 v.Chr. mehr als 100 000 hügelgrabbauende frühe Ackerbauern gelebt haben, weswegen es da so viele Hügelgräber gibt.
Die frühen Ackerbauern hatten keine so Pilze, allenfalls etwas Mutterkorn auf Roggen, pfui pfui pfui, das ist auf Dauer sehr ungesund. Weit im Osten, in der Steppe, lebten derweil ein paar wenige (tausend?) Menschen, die Yamnaya (dt.: Jamnaja), ganz anders: sie schleppten keine bekloppten Steine durch die Gegend und sie jagten, am liebsten Pferde. Und weil Pferdefleisch viele leckere Proteine enthält, und weil jagen ein gesunder Sport ist, wurden sie groß und stark und schön.
Ach, übrigens hatten die auch ganz helle Haut, warum, weiß ich nicht, aber jedenfalls viel heller als die der Ackerbauern und der Afrikaner, genauso wie vielleicht nicht alle, aber doch viele MM-Leser. Irgendwann geschah es dann, dass ein Yamnaya-Teenager-Mädchen seinen Papa ganz ganz innig bat, doch dieses eine kleine soooo süße Fohlen mal nicht aufzuessen. Ob sie es denn behalten dürfe, als Spielzeug. Und weil er ein guter Papa war, erlaubte er es ihr. Aber sie musste es ganz alleine füttern und pflegen. Das tat sie, und so wurden das Yamnaya-Teenager-Mädchen und das kleine Waisenpferdchen beste Freunde.
Und welche Überraschung, eines Tages ritt das Mädchen auf dem Pferdchen. Das fühlte sich ja soooo gut an! Alle ihre Freundinnen waren neidisch. Und hej, sie war damit schneller als der schnellste männliche Läufer auf Erden. Jetzt musste nur noch jemand erfinden, wie mann/Mädel das brave Pferdchen dazu bringen konnte, in die richtige Richtung zu traben. Und da kommt jetzt die neue „stoned-Yamnaya-theory“ ins Spiel: da sie mit Viechern und Pferden zusammenlebten, und weil die Viecher schissen wie damals in Afrika, wuchsen jedes Jahr ab dem Spätsommer diese Pilze auf dem Dung, im Osten wahrscheinlich Psilocybe semilanceata. Die wachsen nämlich am besten auf Schafs- und Pferdedung, sagen Leute, die sie suchen. Die frühen Pferdemenschen nannten das Pilzzeugs „Soma“.
Und immer nur Pferd zum Frühstück, Mittag- und Abendessen? Echt jetzt? Pferdemilch, Pferdeblut, Pferdefleisch, Pferdeurin? Bäh! Also wurde das Pferdejägerschnitzel zubereitet, original mit Pilzsoße. Und dann das Übliche: besser sehen, schneller jagen, mehr Sex, wilder Gruppensex, verbessertes Bewusstsein, leuchtstarke Visionen, coole Ideen, wirre Einfälle und Erfindungsreichtum. Und so erfanden diese Pferdemenschen die Zügel, das Reiten, das Rad, den Wagen, die Eisenverhüttung, genial-tödliche Waffen und das Patriarchat. Später dann noch Wikingerboote, Kanonen und Gewehre, Elektrizität, Telefone (inklusive Mobiltelefone), Benzin und Dieselmotoren, Waschmaschinen, Flugzeuge, Raketen und vieles mehr. Dinge, die das Überleben viel einfacher und oft auch bequemer machten. Und Dinge, die die braven, fleißigen, nüchternen dunkelhäutigen Ackerbauern („schaffe schaffe Megalith baue und sich damit den Tag versaue“) nicht hatten und nie erfinden würden. Und so zogen die hellhäutigen innovativen Pferdemänner (die erfindungsreichen stoned-Yamnaya) aus, um die Welt zu erobern. Als Erstes holten sie sich Europa (und die Frauen dort, hehehe). Gegen Ende des 19. Jahrhunderts bis Anfang des 20. Jahrhunderts hatten sie es dann geschafft: sie hatten (fast) die ganze Welt erobert! Und sie wurden „Europäer“ genannt, obwohl sie doch aus der Steppe kamen. Aber daran erinnert sich heute keiner mehr.
Ja, so geht die „zugedröhnte-Yamnaya-Theorie“. Einen Schwachpunkt hat die Theorie allerdings: wie kommt es denn, dass die durch Einnahme chemischer Substanzen erworbenen geistigen Fähigkeiten vererbt werden? Das ist doch völliger Unsinn! Ist es das? Ja, aber wenn es doch vor 100 000 Jahren so war – und die Existenz moderner Menschen ist harte Evidenz für die stoned-ape-Theory – dann müsste es vor 5000 Jahren auch so gewesen sein. Und wenn nicht? Nun, dann war das eine schöne Geschichte für die klugen, erfindungsreichen, tollen freien Männer vom Männermagazin. Oder haben etwa welche Männer heimlich ab und zu diese Pilze genascht? Wer weiß, wer weiß.
Danke für’s Lesen, hoffentlich habt ihr euch gut amüsiert.
Literaturliste (das ist alles belegt, da ist nichts ausgedacht!)
- Stoned-ape-theory: https://en.wikipedia.org/wiki/Stoned_ape_theory
- Terence McKenna: https://en.wikipedia.org/wiki/Terence_McKenna
- Auf deutsch, leider weniger gut: https://de.wikipedia.org/wiki/Terence_McKenna
- Yamnaya: https://de.wikipedia.org/wiki/Jamnaja-Kultur
- Soma: https://de.wikipedia.org/wiki/Soma_(Getr%C3%A4nk)
- Erowid mushrooms: https://www.erowid.org/plants/mushrooms/mushrooms.shtml
- Changa Institut: https://www.changainstitute.com/blog/psilocybin-and-neuroplasticity-rewiring-thebrain-for-better-mentalhealth#:~:
text=Psilocybin%20therapy%20was%20found%20to%20promote%20neuroplasticity%20in,
issues%20all%20are%20connected%20by%20this%20structural%20alteration
Joe Rogan Experience #2347 - Paul Stamets: https://www.youtube.com/watch?v=hwRD0NvAnbs
- Siegel, J.S., Subramanian, S., Perry, D. et al. Psilocybin desynchronizes the human brain. Nature 632, 131–138 (2024). https://doi.org/10.1038/s41586-024-07624-5
https://www.nature.com/articles/s41586-024-07624-5
- Singer, B., Meling, D., Hirsch-Hoffmann, M. et al. Psilocybin enhances insightfulness in meditation: a perspective on the global topology of brain imaging during meditation. Sci Rep 14, 7211 (2024).
https://doi.org/10.1038/s41598-024-55726-x, https://www.nature.com/articles/s41598-024-55726-x
(Anmerkung: Die Links müsst ihr euch selbst zurechtfummeln. Da stecke ich jetzt keine Zeit rein. Der Lektor.)
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