• 25.10.2024

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Die schönste Gegend der Welt

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» Artikel vom

Gastautor: Doktörchen

Was ist die schönste Gegend der Welt? Und ich meine damit keine Bar oder sonstwie ein Etablissement, sondern, welche Landschaft ist die Schönste? Nun, ich war schon auf allen Kontinenten außer Australien und Antarktis, und in vielen ausgesprochen schönen Gegenden. Sehr beeindruckend ist die Sahara mit ihren gewaltigen Geröllwüsten, den vielfarbigen Felsen und den glitzernden Salzseen. Da fahr ich gerne mal mit dem Jeep durch. Aber ist das schön? Es ist schön öde, wenn mann genau ist. Da lebt nix, da passiert nix. Ab und zu mal ein Dromedar oder ein Vogel, wenn mann Glück hat. Ansonsten grelle Sonne, Sand, Steine, Salz. Außer Nachts, da ist es kalt.

Viel schöner sind da schon die Berge, zum Beispiel der Hohe Atlas, die Pyrenäen oder die Alpen. Ja, gerade die Alpen finde ich besonders schön, mit den vielen Seen in den Tälern, den fetten Bergwiesen und den schroffen Gipfeln. Insbesondere gefällt mir Südtirol, weil dort die Weiden und Gärten bis fast auf 2000 m Höhe reichen. Dort lässt es sich auch gut leben, es gibt viele kleine Bergdörfer, und ein besonderer Vorteil ist natürlich: die sprechen Deutsch. Doch, das ist eine ausgesprochen schöne Gegend, und guten Käse und Wein haben sie auch noch. Die Schweiz und Österreich sind natürlich auch so schön. Ich liebe die Berge! Wenngleich, Berge sind ja auch durchaus beschwerlich: da einen Kasten Bier hinauftragen? Ist also doch nichts für mich, leider.

Viele Menschen mögen das Meer, den hellen Himmel, den weiten Blick und das beruhigende Rauschen der Wellen. Nun lebe ich aber immer am Meer, nur einen Steinwurf entfernt, 120 eigene Schritte, um genau zu sein. Und das hat was. Es gibt schöne Tage am Meer, wenn die Sonne glitzert oder der Wind rauscht oder gar schwere Regenwolken heranziehen. Am Meer ist jedes Wetter etwas ganz Besonderes. Insgesamt ist es allerdings unglaublich langweilig: fünf Meter Sand, fünf Meter Wasser, der Rest wiederholt sich. Wiederholt sich endlos, bis zum Horizont. Fragt mal Segler, wenn sie in den Hafen einfahren: „Na, war was los?“ Ja, um 11:47 flog ein Hubschrauber vorbei, und um 15:32 sahen sie ein anderes Boot. Das war’s dann schon. Am und auf dem Meer ist auch nicht mehr los als in der Wüste. Im Meer natürlich schon, aber ich bin nunmal kein Fisch. Und dann sind da auch noch die 50 000 Touristen, die stören die Romantik ein bißchen.

Wälder sind da schon besser, vielfältiger, lebendiger. Ich mag das Spiel des Lichts, das Rauschen im Wind und das Brausen bei Sturm. Ich gehe sehr gerne über verwinkelte und vermooste Pfade unter großen alten Bäumen, wenn die Blätter in vielen Farben leuchten, so wie heute (es ist gerade Herbst). Aber, ach, oft sieht mann den Wald vor lauter Bäumen nicht, es ist begrenzt und eng und düster, der Blick geht nicht weit, und nachts sieht mann keine Sterne. Neuerdings soll es im Wald ja sogar Wölfe geben. Böse böse! Das ist auch nicht das Optimale.

Würde mann mich fragen, welches ist das schönste Land? Das wüsste ich hingegen sofort: Meines!
Aber das ist hier nicht die Frage.

Die Menschen stammen aus Afrika, heißt es, obwohl das neuerdings wieder umstritten ist, aber zumindest manche kamen bestimmt aus Afrika, und da wiederum aus der Savanne. Die ersten aufrecht laufenden Hominiden sollen jedenfalls aus Afrika sein. Weswegen eine offene weite Graslandschaft mit einzelnen, hohen Bäumen und viel Wild, so wie die Savanne, unser Herz anrührt, sagen manche. Das mag ja sein, nur, meine Vorfahren kamen nunmal aus der Steppe. Das waren die Yamnaya, starke, freie und sehr erfindungsreiche Menschen, die Pferde ritten, die den Wagen und neue Waffen erfanden, und die sich in kurzer Zeit ganz Europa eroberten. Woraufhin sie Corded ware people (Schnurbandkeramiker) und im Norden battle axe people (Streitaxtkultur) genannt wurden. Genau so waren meine Vorfahren: bewaffnet, mit Pferden, stark, schnell, erfinderisch und verdammt gut aussehend. Wieso ich mir da so sicher bin, daß das meine Vorfahren waren? Nun, ganz einfach: weil alle anderen Europäer zu der Zeit dunkle Haut hatten, nur die Yamnaya hatten helle Haut. So wie ich. Beweis Ende.

Diese Yamnaya waren also zunächst Steppenbewohner, und sie lebten mit Pferden, und dann eroberten sie sich die Frauen und die Waldgebiete Europas, um da für immer zu bleiben. Meine Lieblingsgegenden sind, vielleicht deswegen, offene Waldlandschaften, also Restwälder, in denen große Lichtungen und weite Wiesen durch grasende Pferde, Rinder und Schafe offengehalten werden, die ansonsten weder beackert noch beforstet werden. Genau wie die Ländereien meiner Vorfahren. Solche Gegenden gibt es. Ich habe die erste kennengelernt im „New Forest“ nahe Southampton kennengelernt. Das war der Bannwald von William the Conquerer. Wer dort einen Baum fällte oder gar jagte, war des sicheren Todes. Und so blieb das bis heute (äh, nicht das mit dem Tod sein, sondern daß dort kein Baum gefällt wird und keine Erde gepflügt). Nun würde mann ja erwarten, daß da in tausend Jahren alles zugewachsen und voller Gestrüpp ist. Aber nein, so ist das nicht: wilde Pferdeherden (und Schweine; Esel; Ziegen; Rehe; …) halten das Gelände offen, und zwischen riesigen alten Bäumen kann mann ungehindert hindurchspazieren. Na ja, außer mann hat Kekse dabei: Etliche Wildpferde haben sich inzwischen auf Touristenplündern spezialisiert, und versucht mal, vor einer Pferdeherde davonzulaufen. Da haste schon verloren. Inzwischen ist der New Forest ein Nationalpark und eine große Touristenattraktion im Süden Englands. Aber zurecht: es gibt dort sehr viele wilde Pflanzen und Tiere: Pferde, Schafe, Vögel, Schlangen, Schmetterlinge, Wildbienen. Und es ist wunderschön.

Auch ein anderer Bannwald hat es mir angetan: Der Fortunen-Dyrehave der dänischen Könige und Königinnen. Auch dort hatte einstmals nur der König Jagdrechte, und auch dort hielten wilde Herden, allerdings vor allem Rotwild, Damwild und Rehe, den Wald und das Gelände offen, jetzt schon seit 350 Jahren. Das allherbstliche Röhren der Hirsche zieht große Mengen Touristen an – sogar aus China! Und der Sonnenuntergang am Schloß Eremitage, mit Blick aufs Meer dazu, ist mir allezeit sehr lieb.

Im Borkener Paradies wurde ebenfalls noch nie ein Baum gefällt, es ist ein Niederwald und fast noch im Naturzustand – allerdings wurden ganz viele Bäume ganz stark verbissen: das Gebiet wurde mehrere Jahrhunderte als Allmende genutzt, jeder durfte da mal reinbeißen oder seine Schafe, Schweine und Rinder zu diesem Zweck hineintreiben. Aber das Paradies wurde niemals umgepflügt oder umgeholzt. Erst neulich wurde dort eine neue Käferart gefunden, und das Gelände sieht bis heute sehr urtümlich aus. Es gibt nämlich auch in Deutschland solche natürlichen Wälder und Wiesen: viele Naturschutzgebiete werden heutzutage wieder mit Schafs- oder Rinderherden (Angusrinder oder Highland Rinder) beweidet, die frei weiden dürfen. Dort werden dann auch an manchen Stellen Bäume hochkommen, an anderen wird Wiese bleiben. Und so glaube ich nicht, was in den Schulen gelehrt wird: daß Deutschland zu früheren Zeiten nichts als dichter Wald und Sumpf war (Quelle: Tacitus). Viel natürlicher wäre eine offene Waldlandschaft, mit Lichtungen, Wiesen und weitem Grasland dazwischen, abgeweidet und offengehalten durch wilde Rinder und Pferdeherden und durchzogen von mäandrierenden Bächen und Flüssen. Bewohnt von zahlreichen verschiedenen Pflanzen und Tieren, Vögeln, Schmetterlingen, Insekten. Schlichtweg lieblich. Die Landschaft, die meine Seele am meisten anrührt.

Und – Überraschung – so ist meine liebste Gegend zur Zeit ein Berg (oder ein Hügel? Immerhin mehr als 30 m ü. NN hoch), auf dem ein weites Freilaufgehege für eine kleine Pferdeherde eingerichtet wurde. Acht Pferde, darunter mein Liebling, ein hübscher Brauner, halten das Gelände offen. Es wachsen ein etliche riesige alte Bäume (Eichen, Pappeln, Ahorn) und viele kleine Bäumchen, Sträucher und Büsche (vorwiegend Weißdorn und Schlehe). Ansonsten wachsen Blumen, Pilze, Kräuter und Gräser, um die sich die Pferde liebevoll kümmern. Gemäht oder gepflügt wird nicht. Vereinzelt liegen helle Findlinge herum, auf die mann sich gut setzen kann, und vom „Gipfel“ hat mann freien Blick über die Täler und Berge (Hügelchen) der Umgebung. Es ist nicht weit von meinem zuhause, nur 4 Kilometer, da kann ich täglich hinlaufen oder mit dem e-Bike fahren. Und fast jeden Abend mach ich dort ein „Picknick“, will heißen, ich mache ein Bier auf und schau mir den Sonnenuntergang an. Mit den Pferden hab ich mich angefreundet. Die sind lieb. Mann sollte sie aber nicht füttern, sonst fangen sie an zu plündern, alle zusammen, sehr aufdringlich, wie diese frechen Gäule im New Forest. Streicheln lassen sie sich auch so.

Das ist mir die liebste Gegend der Welt. Und, was ist eure Lieblingslandschaft?

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Literatur
https://en.wikipedia.org/wiki/Yamnayaculture
https://de.wikipedia.org/wiki/Schnurkeramische
Kultur
https://en.wikipedia.org/wiki/NewForest
https://da.wikipedia.org/wiki/Dyrehaven
https://naturstyrelsen.dk/find-et-naturomraade/naturguider/hovedstaden-og-nordsjaelland/jaegersborg-dyrehave
https://de.wikipedia.org/wiki/Borkener
Paradies
https://www.thenewforest.co.uk/
https://www.nlwkn.niedersachsen.de/naturschutzgebiete/naturschutzgebiet-borkener-paradies-41253.html



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