Gastautor: Master Chief
Wiedereinmal begann der Urlaub in der besten Lounge der Welt (2021). Das danach folgende Fluggerät war allerdings "fully booked" und wir wurden in die Business Class verfrachtet, was allerdings auf Kurzstrecken eher zum Nachteil gerät, wenn man vorher die Beinfreiheit der Exit-Row innehatte.
Der Grund für die volle Auslastung wurde uns dann in Gestalt der ukrainischen Mette F. gewahr. Sie war wohl spontan motiviert von der Luftwaffenbasis Aarhus aufgebrochen, um in der Hauptstadt mit Ihrem Freund und dänischem Staatsminister Volodimir S. weiteres Unheil anrichten zu können. Ihre Aktentaschenträgerin hatte übrigens den Nimbus der karrieregeilen Kampflesbe auf die Stirn getackert bekommen.
Beide richteten sich auf den Plätzen 1A und 1C ein, ohne die Untertanen, die sich dahinter in Dreierreihen aneinander rieben, zu grüßen. Auf Platz 3A dachte ich mir so: "Ganz schön mutig, so ohne Bodyguard." und illegale Phantasien mit mir auf Platz 2A und einem Seil breiteten sich in meinem Hirn aus. Die Überraschung kam dann in Gestalt des Terminalbusses in Kopenhagen:
Ihro Durchlaucht samt Aktentasche stiegen dort ein und fuhren gemeinsam mit dem Fußvolk zum Terminal. Eigentlich hatte ich eine Limousine am Flieger erwartet, denn in Dummland wird jeder Arsch aus der F in MUC so rumkutschiert. Aber hier wird selbst dem Massimo Leader dieses Privileg verwehrt. Dafür gibt es von mir ein (1) Jota Respekt.
Die beste Frau der Welt kam nach der Ankunft natürlich nicht ohne Selfie mit der Massenmörderin aus... Zum ersten Mal war ich in Manchester in 1999. In Terminal 1 hatte sich seitdem nichts getan. Und in den 25 Jahren davor auch nicht. Jeder Provinzflughafen in Afrikas tiefster Steppe würde sich für so einen Flughafen schämen. Der Engländer nimmt es gelassen und baut sich ein neues Terminal 3, von dem aber kein Flieger geht. Um an ein Mietfahrzeug zu gelangen (das Kind hatte 2 Wochen zuvor seinen Wagen geschrottet), muß man als Erstes nach draußen gehen und auf den Bus warten. Dort trafen wir auf meinen Sohn, der das Gefährt kutschieren sollte. Die Geschichte könnte nun ausufern, daher belasse ich es an dieser Stelle bei: "Mietet nicht bei AVIS.".
Im Hotel in Liverpool angekommen brachen wir sofort auf ins Hooters, weil Papa Hunger. Leider hatte die Küche schon zu und ich blickte verwundert auf die Uhr: 10 PM. Tja, um 0700 PM mit etwas Verspätung gelandet (der Flug war etwas "rough") und 45 Minuten Fahrt nach Leberpuhl hat uns Manchester Airport Netto etwa 2 Stunden Lebenszeit gestohlen. Pro-Tip daher: Ankunftszeit MAN+2h, dann sitzt man erst im Mietwagen.
Und kennt Ihr das: Wenn die Küche gerade geschlossen hat und die anderen Gäste 10 Minuten später Ihr Essen bekommen, man selber aber mit Kohldampf reinkam? Das ist echt gemein. Egal, 2 Guiness sind wie 2 Scheiben Brot, das muß auch gehen. Und ich hatte eine Entschuldigung am nächsten Abend alle nochmal hierhin zu schleppen, weil ich fahr' nicht wieder weg, bevor ich nicht mindestens 1 Mal die Wings im Hooters bekommen habe.
Und die bekam ich dann am nächsten Tag auch. Zusammen mit den ersten Mitbringseln. Bei der besten Frau der Welt verhält es sich nämlich so: In einem unbeobachteten Moment pirscht Sie heimlich in die Merch-Katakomben und zückt die Goldkarte. Sie glüht kurz auf (also die Karte) und Zack! hat man eine Tüte voll mit Andenken, die keiner bestellt hat. Das Positive: Es ist Ihre Karte.
Am nächsten Morgen ging es dann über die M40 Richtung Süden, zum eigentlichen Ziel unserer Reise: Die Cotswolds. Nordwestlich von Oxfordshire gelegen ist es so etwas für die Londoner, wie die Hamptons für die New Yorker. Posh Countryside eben. Irgendwo auf halbem Wege zwischen Jeremy's Pub "The Farmer's Dog" und dem Diddly Squat Farm Shop bezogen wir unser Quartier, nur um gleich weiter in Letzteren zu fahren, schonmal ein Hawkstone zur Einstimmung antesten. Englands Straßen sind ja bekanntlich sehr breit ausgebaut und in einem hervorragenden Pflegezustand (Achtung: Satire!), hier ist es allerdings eng und holprig. Es gibt 3 verschiedene Arten von Schlaglöchern.
a) Die Normalen. Reifenschäden inbegriffen.
b) Die etwas Größeren. Hier ist auch die Felge betroffen, bzw. die Radaufhängung.
c) Die mit dem aufgemalten weißen Kreis drumherum. Bei Eintritt verkantet die Radaufhängung, reißt ab und der Wagen überschlägt sich.
Die Kreise dienen der Road Maintenance zur Priorisierung.
Meint: Falls mal etwas Asphalt vom Laster fällt, aufsammeln und dort hineinkippen. Timing: Irgendwann, wenn einer Bock darauf hat. Wir kamen gut durchgeschüttelt aber unbeschädigt im Farm Shop an und es war angenehm ruhig, weil in 45 Minuten eh geschlossen wurde (4PM!). Der Cow-Juice Automat war defekt, aber wir wollten ja nur erstmal ein Bier trinken - und das war gut.
Erste Photos auf heiligem Grund wurden geschossen und nach nur 2-3 Schlucken war die beste Frau verschwunden. Klar, denn der Farm Shop schließt ja schon in einer halben Stunde. Nach 10 Minuten kam Sie mit dem ersten Sack zurück. Nach dem Leeren unserer Biere haben wir uns dann mit Ihr an der Plünderung beteiligt. Wir hatten nur einen Koffer bei Abreise aufgegeben und das imaginäre Volumen für Mitbringsel schrumpfte in erschreckend schneller Weise. Aber alle waren glücklich und wir fuhren danach ins Farmer's Dog, wo wir einen Tisch für 0630PM gebucht hatten.
Pro-Tip: 2 Monate vorher macht das fürchterliche Buchungssystem auf und man sollte schnell sein. Also gleich am Ersten buchen, ansonsten Röhre gucken.
Pro-Tip: Farm Shop am Abend, macht glücklich und ist labend. Zur Mittagszeit am nächsten Tag war die Schlange 50m lang.
Auf dem Gelände vom Pub ist das riesige "The Grand Tour"-Zelt aufgestellt, natürlich auch voll mit Merch. Die beste Frau der Welt hatte umgehend den Finger wieder am Abzug der Goldkarte. Das konnte ja heiter werden. Mein Sohn und ich hielten kurz inne und saugten die Eindrücke in uns auf und keine Minute später war der nächste Sack voll, samt Frau mit dran. Also zurück ins Auto und Beute verstauen. Vom Personal noch die Info bekommen, das Mr. Clarkson noch bis Oktober im Urlaub ist und das Ferkel mit dem Namen Richard Ham noch lebt. Für das Ferkel freut es mich, allerdings hatte ich im Vorfeld um eine Audienz bei Herrn Clarkson gebeten. Fährt der Typ einfach weg. #Fußstampf, #Türknall.
Warum machen wir eigentlich den ganzen Scheiß? Top Gear habe ich vor einem halben Jahrhundert kennen und schätzen gelernt. Habe meinen Sohn und die beste Frau der Welt später damit infiziert. Clarkson und die Jungs sind authentisch. Und als Jeremy um 2020 die Farm gekauft hat, war ich zunächst etwas skeptisch. Vom TV-Presenter einer Motoring-Show zum Farmer? Come on. Klar, die Show ist eine Show, Vieles ist gescripted und editiert, aber sie soll auch unterhalten. Amazon will schließlich Geld damit machen. Aber hier ist alles real. Die vielen Angestellten in den Shops, die Produkte, das Merch, die Farm, das Hawkstone. Es gibt das Alles in echt und die Angestellten werden bezahlt. Und die Besucher aus allen Ländern der Welt, die mit dem rostigen Nagel im Kopf, sie kommen in Strömen.
Was der Mann hier mit seiner Popularität und seiner eigenen Hände Arbeit geschaffen hat, ist zutiefst beeindruckend. Es ist eine gewaltige Operation. Im Fernsehen kann man es noch nicht einmal erahnen, wie groß das alles ist, was quasi aus dem Nichts erschaffen wurde. Da wirken die 400ha Farmland geradezu mickrig.
Nun denn, Abendmahl. Alles aus eigenem Anbau und eigener Produktion bzw. von den anliegenden Farmern. Die Speisen sind erstklassig zubereitet, das Personal geschult. Keine Michelin-Küche für die Reichen, sondern bodenständige Nahrung für normale Leute. Tomatensuppe und Ziegenkäse auf Salat, danach Fisch, Lamm, Wurst. Alles mit Hawkstone heruntergespült, macht GBP ~100,- für 3 Personen. Im Hotel vorm Schlafen gehen noch die alte Top Gear-Folge mit Lancia (bester Automobilhersteller aller Zeiten) auf ITV geguckt und dann Bubu gemacht.
Am nächsten Tage ging es zuerst zur Hawkstone Brauerei, die von Kaleb Cooper, dem heimlichen Star von Clarkson's Farm, gemanaged wird. Mehr als ein schrottiges Zelt, einem Foodtruck und Merch gibt es hier nicht, aber die obligatorische Milk-Juice Maschine hatte uns als Hauptkunden. Eine Tour durch die Brauerei kann man dort vor Ort buchen, aber da man laut Anleitung Kaleb bei der Tour nicht nach Jeremy fragen darf und ihm selbst auch nicht direkt in die Augen schauen darf, haben wir darauf verzichtet. #Zwinkersmiley.
Die Milch ist nur teilhomongenisiert und das hatte eine explosive Wirkung auf die Darmperistaltik beim Sohnemann. Offene Fenster daher auf dem Weg zum Hawkstone. Hier kommen nur die mit den ganz dicken rostigen Nägeln im Kopf hin, um den Hawkstone zu huldigen. Am Abend wieder ins Farmer's Dog, vorher Merch kaufen und beim Pint mit einem Neuseeländer gequatscht, der mein Lancia T-Shirt lobend erwähnte. Alles nette Leute mit rostigen Nägeln im Kopf hier. Deswegen ist die beste Frau der Welt auch noch mal auf dem Parkplatz aus dem Auto gehüpft und hat die Insassen eines KfZs mit Plöner Kennzeichen interviewt. Hier sind irgendwie alle bekloppt, aber nett.
Am nächsten Morgen bei der Nachhausefahrt wieder shoppen gewesen, J.R.R. Tolkien auf dem Friedhof besucht und auf dem Rückweg in Birmingham gestoppt, um Tank und Mägen zu füllen. Um es kurz zu machen: Birmingham ist gefallen. Auf einen Costco-Parkplatz gekommen und gleich wieder herunter gefahren. Sieht dort genauso aus, wie in L.A. south central oder Soweto. Bei der nächstgelegen Esso gab es einen Waschsalon unter freiem Himmel. Dreck und Abfall überall. Birmingham halt. Dann doch lieber Leberpuhl. Von dort sind wir dann am nächsten Tag nach Formby, wo der Strand tatsächlich wie in Dänemark an der Nordseeküste aussieht. Vielleicht kommt deswegen das "-by" im Namen her?! Liegt übrigens nahe bei Southport, wenn das dem Ein- oder Anderen noch etwas sagt.
Der Rest war jetzt nicht berichtenswert, außer vielleicht, daß der Priority-Sticker am Gepäck seit neuestem zu bedeuten scheint, das der Koffer als Letztes ausgeladen wird.
Pro-Tipp: Manchester Flughafen ist das Allerletzte. Aber, im Duty Free sagen, man will bar zahlen, dann schicken Sie Einen den Gang runter und wenn man dort die Kasse nicht sieht und einfach weitergeht, hat man eine echte Entschädigung in der Hand.
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