Gastautor: Fffaultier
Südkorea liegt seit einigen Jahren schwer im Trend. Sichtbar wird dies anhand der aus dem Boden sprießenden koreanischen Restaurants allerorten, des zunehmenden Sortiments koreanischer Spezialitäten in Asialäden, sowie des bei Jugendlichen beliebten K-Pops.
Seit längerem stattet der Autor diesem Land mindestens einmal pro Jahr einen längeren Besuch ab. IM Fffaultier erstattet nunmehr Bericht über das Erlebte.
Die Anreise in das fernab gelegene Ziel erfolgt nicht mit dem Bananendampfer, sondern dem Flug in die Hauptstadt Seoul, die das unbestrittene Zentrum des Landes ist. Wer in Nähe eines größeren Flughafens lebt, kommt in den Genuss eines Direktflugs, alle anderen dürfen zwischendurch einmal umsteigen. Der Nonstopflug braucht von Frankfurt aus mittlerweile geschlagene 12 Stunden, da das russische Staatsgebiet derzeit umflogen wird. Wer es bequem mag und das nötige Kleingeld erübrigen kann, fliegt Businessclass. Die Holzklasse lässt sich mit Schlaftabletten erdulden. Als Hypochonder nehme ich aus Sicherheitsgründen auch stets eine Aspirin vor dem langen Flug. Essen für die Reise in der Holzklasse nehme ich grundsätzlich mit, z.B. Obst und Brot oder suche einen Fastfoodtempel beim Zwischenstopp auf, denn den stinkenden Dreck, der in Aluminiumschalen serviert wird, sollte meines Erachtens niemand zu sich nehmen.
Als Mitbringsel empfehlen sich Alkohol, Schokolade und Vitamine. Schokolade ist dort deutlich teurer und hochwertige Schokolade ist mitunter schwierig im Supermarkt zu finden. Die koreanischen Marken dort bewegen sich auf dem Niveau von Lindt oder Rittersport, die dort mitunter auch im Regal zu finden sind. Standardvitamine, die es bei uns Dank der BASF für läppische 0,59 € als Röhrchen mit Brausetabletten gibt, kosten dort mindestens 10 € bei gleichem Inhalt. Alkohol aus heimischer Produktion wie Bier und Soju sind in Südkorea nicht teuer, Importware wie europäische Weine und Whiskey kosten dort jedoch das drei- bis vierfache im Einzelhandel. Theoretisch ist die zollfreie Menge beschränkt, jedoch lässt sich dies einfach umgehen, wenn man die zusätzlichen Flaschen bei der Einreise mit Kassenzettel als Beleg für den Einkaufspreis angibt. Praktisch war es bisher immer so, dass ich niemals dafür bezahlen musste, nachdem ich dem Zöllner versichert hatte, der Alkohol wäre für meinen Schwiegervater.
Angekommen im gelobten Land stellt sich die Verkehrssituation wie folgt dar. Falls man nicht vom Flughafen abgeholt wird, kann man einen dort abfahrenden Bus mit Luxussitzen nehmen, die an die verschiedenen Verkehrsknotenpunkte in Seoul fahren. Für Busse gibt es auf den Schnellstraßen häufig separaten Spuren, die am Stau des Individualverkehrs vorbeiführen. Taxis sind problemlos verfügbar und kosten im Vergleich zu Deutschland die Hälfte. Autogas ist bei Taxis beliebt, den Tank sieht man, wenn das Gepäck im Kofferraum verschwindet. Das Straßennetz befindet sich in einem ausgezeichneten Zustand und Bauarbeiten werden zügig erledigt, wie es in Deutschland niemals vorstellbar wäre.
Von Ruhe und Gelassenheit ist im koreanischen Straßenverkehr nichts zu bemerken. Die Koreaner sind ähnlich temperamentvoll wie Italiener und verhalten sich im Straßenverkehr entsprechend. Der Individualverkehr unterscheidet sich vom besten Deutschland aller Zeiten dadurch, dass es praktisch kaum ältere Fahrzeuge gibt. Die Fahrzeuge der Unter- und Mittelklasse kommen bevorzugt von koreanischen Herstellern, während deutsche Autos in der Oberklasse stark vertreten sind. So sieht man BMWs normalerweise erst ab dem 5er und Mercedesfahrzeuge ab der E-Klasse auf der Straße. Der Schienenverkehr in Form von U-Bahn und Schnellzügen ist sauber, pünktlich, günstig und schnell. In Seoul selber ist die U-Bahn aufgrund des allgegenwärtigen Staus das Verkehrsmittel der Wahl. Zur Orientierung dient in Korea die App "Kakao Map" anstelle von Google Maps, da dieser hier hervorragend funktioniert und auf weit mehr Daten zurückgreifen kann als Google Maps, was den Nutzen der Google App stark limitiert. Der dazugehörige Messenger "Kakao Talk" ist in Korea mit großem Abstand die Nummer 1 wie bei uns Whattsapp.
Die Hotelpreise in Seoul sind mit denen beliebter – keine Ahnung, was ein Zimmer in Berlin kostet - deutscher Großstädte vergleichbar. Die privaten Wohnungen der Koreaner im Raum Seoul und anderer Städte sind gemeinhin klein, die Decken niedrig und man geht ohne Flur aus dem Treppenhaus des Plattenbaus mit über zwanzig Stockwerken direkt in das Wohnzimmer. Die Anzahl der Räume ist ähnlich, aber die Raumgrößen sind deutlich kleiner, sodass in ein Kinderzimmer gerade ein Bett ein Regal und ein Schreibtisch hineinpassen. Um etwas Fläche zu gewinnen, ist es üblich, den Balkon als zusätzliche Stellfläche, z.B. für Tiefkühler und Abstellraum zu nutzen. Die Badezimmer sind zwar mit einer Badewanne inklusive Dusche ausgestattet, Koreaner lieben es jedoch, das ganze Badezimmer grundlos zu fluten, sodass ein Abfluss im Kachelboden wie in einer deutschen Waschküche vonnöten ist. Im Sommer entspricht das Badezimmer daher einer Sauna mit Aufguss.
Wegen des weltzerstörenden Klimawandels ist es nötig, die Wohnungen im Winter zu heizen und im Sommer zu kühlen. Die Kühlung der Plattenbauwohnung erfolgt mittels Splitklimaanlagen.
Die Wohnungen sind mit Fußbodenheizung ausgestattet, die es in anderer Bauform bereits in mittelalterlichen koreanischen Häusern gab. Die Wohnungen werden so beheizt, dass selbst Frauen im Winter bequem barfuß und im T-Shirt keinen Kältetod erleiden. Wohnen ist teuer, daher die kleinen Wohnungen. Eine normale Plattenbauwohnung von 40 Quadratmeter im angesagten Stadtteil Gangnam kostet ca. 800.000 €. Die Preise sind in den letzten Jahren stark gestiegen. Viele nehmen an, dass die Blase bald platzt, weil diese Preise aktuell nur noch von wenigen Leuten bezahlt werden können.
Wer spontan keine Wohnung erwerben möchte, hat vielleicht schlechte Augen und mag das Brillenparadies im Viertel Namdaemun aufsuchen. Die Preise sind insbesondere für anspruchsvolle Gläser wie z.B. minus 8 Dioptrien zuzüglich Hornhautverkrümmung unschlagbar günstig. Pro Glas liegen die Kosten hier bei läppischen 50 €, wogegen in unserer Heimat ohne funktionierende Marktwirtschaft satte 400 € aufgerufen werden. Wer Wert auf westliche Marken bei den Gestellen legt, spart etwas, wenn er das Gestell in der Heimat kauft und mitbringt. Ich persönlich bin dazu übergegangen, mir die Brillen hierzulande maßanfertigen zu lassen, was von den Kosten her sogar günstiger ist als eine Brille angesagter Designer und zudem passt wie angegossen. Die Gläser werden beim koreanischen Optiker des Vertrauens sowie der günstigen Preise angepasst und in die ratttenscharfe Diktatorenbrille eingesetzt, die selbst die Moscotkassengestelle des Honeckeranbeters alt aussehen lässt, während der Hater von Welt einen Kaffee oder eine kalte Cola genießt.
Geschwindigkeit ist Trumpf in diesem Land.
Der Stadtteil Itaewon ist beschaulich und bei Ausländern beliebt für Shopping und Cafes. Die durch K-Pop weltweit verbreitete Mode mit weit geschnittener Kleidung haben die Koreaner selber nicht nötig, da es hier kaum Ricardos und Ricardas in freier Wildbahn anzutreffen sind. Wer nicht fett ist, hat es m.E. auch nicht nötig, sich Kartoffelsäcke um die Beine zu binden. Gerade im Sommer wird deutlich, dass sich die unsäglichen Crocs hier gehalten haben. Der Hater von Welt nimmt mit eleganten Slippern vorlieb. Schuhe nach Belieben und mit optimaler Passform lassen sich im Viertel Seongsu, das ein Mekka für preisgünstige Maßanfertigungen ist, erwerben. Das Wunschmodell kann vor Ort entsprechend den Vorlieben bezüglich Material, Sohle, Dämpfung und selbstverständlich der individuellen Passform spezifiziert werden. Die Fertigung dauert ca. eine Woche und kann innerhalb Koreas problemlos an die angegebene Adresse geliefert werden. Das Vergnügen ist schon für Preise unter umgerechnet 200 € je Schuhpaar zu haben. Maßgefertigte Lederschuhen fühlen hervorragend an und halten sich bei guter Pflege durch Männerhand lange, lediglich die Besohlung ist hin und wieder zu erneuern.
Bargeld ist weitgehend durch Kartenzahlung verdrängt worden und bei großen Summen gänzlich unüblich. Handeln ist beim Einkauf nicht üblich, auf die Frage, was es kostet, hat der freundliche Schuhmacher jedoch beiläufig erwähnt, dass man über 10 % Rabatt nachdenken könnte. Der Mehrwertsteuersatz in Südkorea beträgt zufällig ebenso 10 %. Bargeld schafft Freundschaften. Dienstleistungen wie da bereits genannte Taxifahren oder auch ein Friseurbesuch kosten 50% der deutschen Preise ohne Abschläge in der Qualität.
Fortsetzung folgt.
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