Gastautor: Fffaultier

Beim Flanieren wird man nicht blind oder muss die Brille absetzen wie in Deutschland, da Männlein und speziell Weiblein nicht annähernd so aufgequollen und fett sind wie die örtlichen Pommespanzer in eurer Nachbarschaft. Fette Frauen gelten in Korea als gescheiterte Existenzen und dies darf auch noch gesagt werden. Der soziale Druck nicht dick zu sein wirkt. Wer meint, zu fett zu sein oder ein anderes Anliegen bezüglich seiner äußeren Erscheinung hat, befindet sich hier im Mekka der Schönheitsoperationen, das Kunden aus aller Welt anzieht. Mangels selbst festgestellten Bedarfs für beispielsweise Faltenunterspritzen mit Eigenfett, Nasenkorrektur oder Fettabsaugung habe ich diesbezüglich keine Erfahrungen sammeln können. Vielleicht lasse ich mir eines Tages die unteren Rippen entfernen, um mir endlich selbst einen blasen zu können.

Meine Idee, Fettabsaugungen durch eine neue Therapie, die ohne Narkose auskommt, zu ersetzen ist noch nicht zur kommerziellen Umsetzung gelangt. Eine gezielte Infektion mit einem Magendarmerreger ließe das unerwünschte Körperfett gleichmäßig über den Körper ohne Narben wie von Wunderhand geleitet abschmelzen. Aufgrund der hygienischen Verhältnisse kommt Südkorea für diese Therapie nicht in Frage. Alternativ könnte man als nachhaltiges Abnehmen nach bewährter Methode Montezumas Rache in Mexiko anbieten.

Die koreanische Sprache ist für Europäer fremd und daher schwierig zu erlernen. Zum Glück handelt es sich wie beim Deutschen um eine Buchstabenschrift, die aus 40 Buchstaben besteht. Die einzelnen Buchstaben werden silbenweise zusammengefasst. Anders als in China und Japan gilt es daher nicht, hunderte bis tausende Schriftzeichen auswendig zu lernen. Englisch wird praktisch von allen Jüngeren und den studierten Älteren gut gesprochen.

Die Genüsse der koreanischen Küche lassen sich in zwei Kategorien einteilen. Erstere ist gar nicht mal so anders und lecker für Genießer, die sich die Essenswünsche der Kindheit bewahrt haben. Die zweite Kategorie ist exotisch und für den ungeübten Esser zumindest gewöhnungsbedürftig. Schnitzel und frittierte Hühnchenteile sind typische Vertreter der ersten Kategorie. Die Schnitzel heißen Donkas und werden traditionell mit Schweinefleisch zubereitet, da Rind früher ausgesprochen teuer und praktisch kaum verbreitet war.

Als Beilagen werden eingelegter Rettich sowie klebriger Reis aus dem Reiskocher serviert. Donkas werden mit einer speziellen Donkassauce veredelt, die braun und leicht süßlich ist. Die frittierten Hühnchenteile gibt es unmariniert sowie mit roter scharfer oder dunkler Sojamarinade. Hier reicht gewöhnlich eingelegter Rettich als Beilage. Von der höllisch scharfen Sauce ist Abstand zu nehmen. Hühnchenteile sind wie bei uns Pizza eine Speise, die gerne bei Lieferdiensten bestellt wird. Die Hühnchenteile von KFC kommen der unmarinierten Variante recht nah.

Eine Kombination von Hühnchen (Chicken) und Bier (Megchu) wird als Chimeg bezeichnet und harmoniert hervorragend. Eine Chimeg-Donkas Diät mag bei einem mehrwöchigen Aufenthalt ggf. Auswirkungen auf Körpergewicht haben. Pommes werden nicht zu frittiertem und paniertem Fleisch gereicht, da dies als zu viel des Guten angesehen würde. Gemüsebrühe in der dünne Rindfleischscheiben mit Stäbchen geschwenkt werden, heißt Shabu-Shabu. Dieses Gericht ist auch in China und Japan verbreitet. Zutaten, die Angst machen gibt es nicht in dieser Brühe.

Omoreis ist ein typisches Kindergericht, bei Gemüse wie Karotten, Zwiebel und Lauch zusammen mit Cornedbeef (sehr lecker) oder alternativ Spam (mag ich nicht) in der Pfanne angebraten werden. Danach werden diese Zutaten mit Reis vermischt und mindestens einem Spiegelei garniert. Kinder und Junggebliebene dürfen als Sauce Ketchup hinzufügen. Das Faultier nimmt hier gerne den Currygewürzketchup von Hela, dagegen ist das Rezept von Coca Cola ein Schmierzettel. Curryketchup gibt es auf dem koreanischen Markt nicht, obwohl Curry und scharfe Gewürze beliebt sind.

Ein einfacher Snack ist Reis mit etwas Sesamöl und zerkleinerten Algenblättern bestreut. Die Algenblätter riechen wie Futter für Wasserschildkröte, schmecken aber ganz ordentlich. Als gesunde Abkühlung an schwülheißen Sommertagen wird portionierte kalte Wassermelone (Suba) gereicht. Die wohl bekannteste Süßigkeit sind weiche Kekse namens „Orion Choco Pie“, die Marshmellow und weichen Kuchenteig enthalten, der mit Schokolade ummantelt ist.

Die exotische Essenskategorie umfasst u.a. das allgegenwärtige Kimchi. Hierbei handelt es sich um durch Milchsäuregärung haltbar gemachtes Gemüse, wobei der Gärprozess im Unterschied zum Sauerkraut nicht immer vollständig abgelaufen ist. Kimchi wird in vielen kleinen Schälchen als Beilage serviert und gibt eine schöne Dekoration ab, wenn gerade keine Mosaiktischdecke zur Hand ist. Die Farbe Rot ist aufgrund der damit einhergehenden Chilischärfe als Warnung zu betrachten. Koreaner lieben scharfes und schleimiges Essen. Da ich zwar pikante Speisen vertrage, bei signifikanter Schärfe jedoch Ausfallerscheinungen zeige, verzichte ich gerne.

Es begab sich, dass beim Dinieren mit Freunden frittierte Hühnchenteile mit verschiedenen Marinaden auf dem Tisch standen. In meiner Unbedarftheit habe ich die pikant-süße Marinade mit der höllisch scharfen Marinade verwechselt. Als Botschafter meiner Heimat fühle ich mich eines souveränen Auftritts im Gastland verpflichtet. Der Schlund brannte wie Hamburg nach Operation Gomorrha, Wasserfälle von Tränen bildeten einen Vorhang, durch den ich kaum noch sehen konnte, unter lautem und stöhnendem Geschrei stürmte ich aus dem Restaurant in den Supermarkt auf der anderen Straßenseite, halbblind tastend schaffte ich es, dass Kühlregal mit Kakao ausfindig zu machen.

Nachdem ich den ersten Tetrapak runtergestürzt hatte, trat sogleich eine leichte Besserung meines Empfindens ein. Den zweiten Tetrapak konnte ich bereits fast im Vollbesitz meiner Sinneskraft zu mir nehmen. Eine kleine Gruppe Eingeborener hatte mich umringt und die anfängliche Angst und Skepsis, was der Bekloppte Fremde im Supermarkt veranstaltet, wich schallendem Gelächter, nachdem ich die Worte „hot sauce“ von mir gegeben hatte. Erhabenen Schrittes ging es zurück ins Restaurant.

Erneut musste ich vollkommen unbegründetes schallendes Gelächter wahrnehmen. Es ist schön, den Menschen eine Freude zu bereiten. Fellatio kann sich aufgrund der Schärfe allenfalls bei Masochisten einer größeren Beliebtheit erfreuen. Besser erst einmal keinen Blasen lassen, nachdem es etwas wirklich Scharfes zu essen gab. Kimchi und Tofu in fischiger Suppe schmecken sicher dem ein oder anderem hervorragend, meinem Kindergeschmack trifft es nicht ganz.

Frische ist bei Meeresfrüchten das Nonplusultra, daher kommt es regelmäßig zu Todesfällen, weil sich die Saugnäpfe lebender Kraken im Hals des Gourmets festsaugen. Die Opferzahlen müssen die Fugofischtoten sowie die Coronatoten deutlich übersteigen. Die Leichen stapeln sich vor den Fischrestaurants ... Stäbchen sind das Besteck der Wahl und werden bevorzugt aus Stahl gefertigt, was dazu führt, dass diese glatt sind und es schwierig ist, die Speisen zu fixieren. Auch Schüsseln aus Stahl erfreuen sich großer Beliebtheit, wer einmal aus dem Blechnapf fraß. Ein spezielles Besteck am Tisch in Korea ist die Schere, welche genutzt wird, Fleisch portionsgerecht zuzuschneiden.

Bei den Getränken macht man mit dem koreanischen Bier keine Fehler, die großen Marken sind Cass, Kloud und Hite. Als kleinere Brauerei mit Spezialitäten im Angebot ist die Jeju Beer Company zu empfehlen. Das Bier schmeckt erfrischend und verursacht auch bei Konsum größerer Mengen keinen übermäßigen Kater. Soju ist verdünnter Reisschnaps, den es auch aromatisiert gibt. Ähnlichkeiten zum Eierlikör sind nicht gegeben, auch wenn es Soju im Tetrapak gibt. Alkoholkonsum bis zum Vollsuff ist verbreitet und dient im Geschäftsbereich dem Schaffen einer Vertrauensbasis.

Die Preisgestaltung einfacher Restaurants und Fastfoodläden ist vergleichbar mit Deutschland. Für ordentliche Steaks im Steakhaus oder ein angemessenes italienisches Restaurant werden im Vergleich zu Deutschland etwa die doppelten Preise aufgerufen. Schön ist es, dass die Essenspreise am Flughafen und in Freizeiteinrichtungen wie Zoo und Kino normal bleiben und nicht ins sittenwidrige abdriften. Aldi und schäbige Discounter gibt es nicht, d.h. die Supermärkte sind allesamt etwas teurer als in der Heimat.

(Fortsetzung in Teil 3)



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