• 15.03.2024

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Der Sprung über den Zaun

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» Artikel vom

Gastautor: Zaunhüpfer

Vermutlich kennt jeder das Lied von Udo Jürgens „Ich war noch niemals in New York“. Ich kenne dieses Lied zwar schon seit langem, hörte früher aber wohl nie so richtig auf den Text. Nur die ersten Zeilen des Refrains blieben mir im Gedächtnis. Vielleicht einfach auch nur deswegen, weil sie stimmten? Ewigkeiten später, als ich dieses Lied wiederentdeckte, ist mir bewusst geworden, dass dies die perfekte Beschreibung meines Ehelebens im späten Stadium war. Bis auf das Detail, dass ich als überzeugter Nichtraucher nicht die geringste Chance hatte, einfach mal kurz Zigaretten holen zu gehen und dabei zu überlegen: „Ich könnt‘ den FlixBus nehmen dort am Eck, oder Transporter und dann einfach weg.“ Jaaa! Raucher haben es viel einfacher, der Familie zwischendurch zu entkommen und den so berühmten spektakulär kurzen Abgang für immer zu überlegen oder sogar zu wagen. Vielleicht ist das auch einer der Gründe für deren Rauchen? Wer weiß?

Nun galt für mich damals aber auch, obwohl Nichtraucher: „Die Sehnsucht in mir öfters wach, dachte ich über meinen Aufbruch nach ...“. Wie gedacht, so irgendwann aber auch getan. Etliche Jahre später galt: „Ich war schon mehrmals in New York, auch wenn noch niemals auf Hawaii, gern mal in San Francisco in zerriss'nen Jeans. Ich war schon mehrmals in New York, ich war schon mehrmals richtig frei!“.

Wie bereits im modifizierten Liedtext erwähnt, hatte ich mehrere Anläufe gebraucht, um irgendwann später doch noch zu begreifen, was hier im Männermagazin schon mal so treffend erwähnt wurde: „Der liebe Schöpfer hat zwar die Sehnsucht des Mannes nach der wahren Liebe zu einer Frau erschaffen, aber die Möglichkeit, diese auch zufriedenstellen zu können, nicht vorgesehen“. Die witzige Version dieser Erkenntnis ist gut bekannt und geht so: „Gott versprach dem Mann, dass an jeder Ecke der Erde eine kluge, attraktive und treue Frau auf ihn warten wird. Und dann machte er die Erde rund ... und lachte, und lachte ...“.

Bis ich so weit war, die Illusion bei der Liebe zu einer Frau zu erkennen, erlebte ich eine Enttäuschung nach der anderen. Und mit jeder weiteren Trennung schmolzen meine üppigen finanziellen Rücklagen, die eigentlich dafür gedacht waren, problemlos die Zeit bis zu Rente zu überbrücken. Irgendwann war ich fast ohne Rücklagen, dafür aber in fester Beziehung mit der nächsten, eindeutig als Einhorn eingeschätzten Frau. Als Männermagazinleser wurde mir aber immer klarer, dass ein Mann ohne Geld für die Frau nutzlos ist und ich eines Tages überraschend und kaltblütig abgestoßen würde, sollte ich nicht bald dafür sorgen, dass meine Geldbörse vor lauter Scheinchen überquillt und Sparsamkeit der Großzügigkeit weicht. Da ich aber nicht vorhatte, mein Leben mit Arbeit zu vergeuden, nur um den Ansprüchen einer Frau gerecht zu werden, galt es Initiative zu ergreifen, statt später durch das Unvermeidliche überrascht zu werden. Der Glaube an das Einhorn klatschte durch viel zu viele Alarmzeichen an die Wand und auch das AMIGA-Syndrom wurde geheilt. Dass es mir dann ganz ohne Geldeinsatz gelingen würde, einen schnellen Abgang hinzulegen, war sogar für mich eine nette Überraschung. Möglich wurde dies, weil ich über das Internet einen sofort liebgewonnenen Kumpel kennengelernt habe, der einen Transporter und Erfahrung mit Umzügen hatte. Auch er hatte in seinem Leben nur schlechte Erfahrungen mit Frauen gemacht und war inzwischen geheilt von dem Wunsch, es nochmal mit einer Frau zu versuchen. Ich war damals zwar noch nicht so ganz geheilt, aber die völlig irre Vorfreude darauf, einen durchaus überraschenden plötzlichen Abgang hinzulegen, teilten wir beide. Wie angedacht, so auch umgesetzt. Eine längere Abwesenheit der Frau genutzt und einfach mit dem Transporter vor das gemeinsame Haus gefahren. Das erspart jegliche Abschiedsszenen, Erklärungen und vieles mehr. Es schafft Fakten, die für sich selbst sprechen. Kurz und schmerzlos nach dem Motto: lieber ein Ende mit Schrecken, als Schrecken ohne Ende. All das habe ich von den Frauen gelernt, mit denen meine Beziehungen bisher scheiterten. Mich zu verlieben und dann auch wieder zu entlieben. Ich hatte begriffen, wie die Frauen ticken und war damit endlich in der Lage, die Situation auch mal umzudrehen und die Gegenseite mit einer unerwarteten Aktion kaltblütig zu erwischen.

Das Einladen meines ganzen Krempels war in wenigen Stunden bewerkstelligt. Der Kumpel nahm mich samt meinen Sachen zu sich auf. Sein Haus war riesig und Platz war darin genug. Der Abgang war dem „kurz Zigaretten holen gehen und nie wieder zurückkommen“ verdammt ähnlich und die irre Freude, dass es so gut gelungen ist, entsprechend groß.

Dass ich mit dieser Aktion vom Regen unter die Traufe kam, dämmerte mir erst später. Die anfangs so tolle Männerfreundschaft scheiterte nach relativ kurzer Zeit. Sie scheiterte am Suchtverhalten, wohl dem gleichen Grund, aus welchem dem Kumpel die Ehefrau und auch weitere Frauen weggelaufen sind. So war ich nun diejenige Person, die der anfänglich so tollen Männerfreundschaft, die fast an Liebe grenzte, ein Ende setzen musste, um mich vor der Unberechenbarkeit des Suchtverhaltens zu retten. Ich bin mir noch nicht ganz sicher, aber meine gesamte Lebenserfahrung deutet darauf hin, dass Ehen, Partnerschaften und Freundschaften meist wegen Suchtverhalten scheitern. Ob es nun Drogensucht, Spielsucht, Sexsucht, Alkoholismus oder auch nur Kaffeesucht, Zuckersucht, Fettsucht bzw. die typisch weibliche Sucht nach mehr ist. All das ist zerstörerisches Suchtverhalten, das nicht nur den Betroffenen selbst, sondern auch seine Ehe, Partnerschaft und Freundschaft zerstört.

Wie dumm muss ein Mann sein, aus all dem immer noch nichts gelernt zu haben? Ich war doch bei meinem „kurz Zigaretten holen“ fast schon so weit zu erkennen, dass das mit intensiven Liebesgefühlen und Beziehungen zu Frauen wenig, oder besser gesagt gar keinen Sinn macht. Trotzdem klatschte der Glaube an das Einhorn von der Wand wieder zurück in meinen Kopf und das AMIGA-Syndrom schlug erneut zu.

Ein Jahr später verbrachte ich meine Zeit wieder zusammen mit einer Frau mitten im Kreis ihrer Familie, damit mich dort jeder als ihren zukünftigen Partner kennenlernt. Das war zwar schon die dritte Frau in dem einen Jahr, der ich nähergekommen bin, aber dieses Mal lief alles bestens. Bis wir dann eines Tages gemeinsam ins Kino gegangen sind. Keine Ahnung, ob ich den falschen Film wählte, oder ob ich nur im falschen Film war. Jedenfalls bekam ich nach dem Kinobesuch unter vielen Tränen mitgeteilt, dass ich die nächste Nacht wohl alleine schlafen sollte ... die Liebesgefühle zu mir hätten sich plötzlich und unerwartet in Luft aufgelöst ... aber ... wir könnten ja gute Freunde und ich noch ein wenig bei ihr bleiben.

Auf die Rolle eines Orbiters oder Bohrmaschinen-Bernds hatte ich keine Lust. Noch am selben Tag, mitten in der Nacht, verließ ich unbemerkt ihre Wohnung und das, obwohl ich keinen Schlüssel zur verschlossenen Ausgangstür des Hauses hatte. Ich hatte Glück, denn es gab noch einen Hintereingang, der nur mit einem Riegel von innen zugesperrt war. Ich musste zwar einen Zaun überwinden, um vom Hof auf die Straße zu gelangen, aber dank meiner sportlichen Fitness war das kein großes Problem. Der nächste plötzliche Abgang war vollzogen ... und ... es kam kein weiterer nach. Ich war endgültig geheilt. Der Glaube an das Einhorn klatschte unumkehrbar gegen die Wand und es gab keinen Rückfall mehr in das AMIGA-Syndrom. Die damals getroffene Entscheidung, mein Leben ganz umzukrempeln, war unumstößlich. Wäre ich Politiker, ich würde vermutlich „alternativlos“ sagen.

Das unbeweibte Leben macht mir seit meinem Sprung über den Zaun mehr Spaß als das damalige Leben, in dem ich nur zum Sprung über jedes durch die Frau an meiner Seite hingehaltene Stöckchen in der Lage war. Daher schätze ich die Gefahr eines Rückfalls in die alten Muster als nicht gegeben ein. Trotzdem schaue ich gern immer wieder im Männermagazin nach, um mir eine kleine Bestätigung und Ermunterung für meinen neuen Weg eines Freien Mannes im Mönchmodus zu holen. Das dazu gut passende Alter (Ü55) habe ich erreicht und meinen Beitrag zum Erhalt der Menschheit durch Nachkommen längst geleistet. Wer unter solchen Umständen noch unentschieden und unzufrieden in einer festen Beziehung mit einer Frau oder ein unglücklicher Ehemann ist, dem kann ich nur ans Herz legen, was mir bei meinen Abgangsaktionen im Kopf herumschwirrte: lauf Forrest, lauf!!! So schnell und so weit weg von Frauen wie nur möglich.

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