Gastautor: Pancho
Laufe hoch und sehe ein anderes Boot gegen unseres knallen. Es ist ein Einrumpfer, am Bug hängt sein Anker und das malträtiert unsere Steuerboardseite. Keine Zeit zum Überlegen, schnappe mir einen Fender und platziere ihn immer wieder, wo der Anker vom anderen Boot gegen uns knallt, um weiteren Schaden abzuwenden. Gleichzeitig schießen tausend Gedanken durch meinen Kopf. Was ist passiert? Wo kommt das Boot her? Haben wir uns bewegt oder er? Kämpfe weiter und halte immer wieder den Fender zwischen ihn und uns, was bei dem Wellengang echt anstrengend ist. Weitere Gedanken gehen mir durch den Kopf. Vorerst uninteressant, wie es dazu gekommen ist, in diesem Moment zählt nur eines: Wie kommen wir – besser gesagt ich, da der beste Kumpel und der Gast einkaufen sind – aus dieser Situation raus? Motor starten und Gas geben? Nein, ist verlockend, aber ich weiß nicht, was passiert ist und das könnte die Situation verschlimmern. Was tun?! Verdammt … Kann nicht sagen, ob es nur Minuten waren oder Stunden, ich gebe alles, um mit dem Fender weitere Schäden abzuwenden. Nächster Gedanke: „Der muss weg von uns!“, überlege, ob ich seine Leine zur Boje durchschneiden soll. Ist verlockend, aber nein, das kann ich nicht verantworten. Ich wäre ihn dann los, aber das Boot würde dann vermutlich in andere Boote, die in der Nähe sind, knallen. Mir kommt ein Bild aus dem Bowling in den Kopf, wie das von mir losgerissene Boot in andere kracht und einen Strike macht. Verwerfe den Gedanken … was tun? Weiß es nicht, also weiter nachdenken und weiter mit dem Fender die Schläge mildern.
Die Maus vom Kumpel kommt dazu und versucht mitzuhelfen. Sie kriegt den einfachen Knoten von dem Fender am Heck nicht auf, versucht aber dennoch zu helfen. Wow, sie hat eben 10 Punkte verdient. Sie ist vermutlich zum ersten Mal auf einem Boot, versucht zu helfen, was ich niemals von „Gästinnen“ erwartet würde, die i.d.R. nicht mal schwimmen können und sich aus allem, was das Boot betrifft, heraushalten, hübsche Videos von sich in der netten Umgebung drehen und ansonsten einfach nur schön sind, weswegen sie ja auch an Bord eingeladen wurden. Während ich mit meinem Fender weiter kämpfe, mache ich ihren los und bemerke das nächste Problem. Sie versucht tatsächlich mit der Hand das andere Boot auf Abstand zu halten. Verdammt, habe ein weiteres Problem. Die Maus hat keine Ahnung, was sie da probiert (woher auch?). Wir reden von stürmischem Wellengang und Boote, die mehrere Tonnen wiegen. Ihre Bemühung das Boot mit der Hand fernzuhalten, ist intuitiv, bringt sie aber in Gefahr, also muss ich jetzt auch noch auf sie achten und darauf, dass sie sich nicht verletzt. Ich bin zwar nicht der Skipper, aber da der nicht da ist, für das Boot und jeden darauf verantwortlich.
Als es einen kurzen Moment ruhiger wird, schicke ich sie los mein Smartphone zu holen. Rufe den besten Kumpel im Videomodus an und versuche mit einer Hand weiter mit dem Fender unser Boot zu schützen und mit der anderen das Smartphone zu halten und ihm das Geschehen zu zeigen. Erspare mir große Worte. Kumpel begreift sofort und macht sich auf den Weg. Das wird aber dauern. Der Maus inzwischen beigebracht, dass sie bitte die Hände bei sich behalten soll und nur ihren Fender hinhalten soll. Respekt, sie macht es gut.
Ein Dinghy kommt, darauf ein Russe mit seinem Sohn. Er hat das Drama gesehen und will helfen, fragt ein paar Sachen, ich antworte und es ist klar, die Situation ist unübersichtlich. Sein Sohn leiht sich von uns eine Tauchermaske aus, die die Maus netterweise holt und geht tauchen. Er kommt zurück und was er berichtet ist gar nicht gut. Die Leine vom anderen Boot ist um unsere Steuerbord-Schraube gewickelt und auch unser Anker ist mit irgendwas verheddert. Optionen im Kopf durchgegangen und weiter mit dem Fender das Boot schützend, Backbordmotor gestartet und etwas Gas gegeben. Es scheint zu helfen, wir kriegen etwas Abstand zum Boot. Motor auf Leerlauf, mehr kann ich nicht machen, solange ich nicht weiß, wie verheddert wir sind. Gleichzeitig gehen mir tausend Gedanken durch den Kopf. Wie konnte das passieren? Haben wir uns bewegt oder das andere Boot? Ist es unsere Schuld? Was haben wir falsch gemacht?
Da knallt das andere Boot wieder auf uns und verbiegt unsere Leiter. Die Maus war nicht schnell genug mit ihrem Fender, was ich ihr aber nicht anlaste. Sie hat sich echt bemüht und dafür gebührt ihr Dank. Ein Fender hätte die Leiter auch nicht gerettet und an der Stelle hätte keiner was machen können. Tonnen sind nunmal Tonnen und dagegen ist man mehr oder weniger machtlos.
Weiter also mit der Verteidigung unseres Bootes mit dem Fender. Russe und Sohn schauen weiter, haben aber auch keine Lösung. Wir sind verheddert und können erst weg, wenn das gelöst ist.
Kumpel und Gast treffen ein. Lassen alle Einkäufe im Dinghy liegen und eilen zur Hilfe. Konkret der beste Kumpel, denn der Gast weiß gar nicht, wie es um ihn geschieht und verkriecht sich. Kumpel geht schauen, während ich weiter mit dem Fender das Boot verteidige. Boje gerissen … Mist, wir haben uns wohl bewegt … Aber der Anker? Kumpel zieht ihn hoch … der Sohn vom Russen – Respekt und Danke dafür – taucht erneut und befreit uns von der Leine des anderen Bootes. Sein Vater macht uns derweil vorne los. Zweiter Motor an, Gas, bloß Abstand gewinnen, was uns auch gelingt.
Würden uns gerne bei dem Russen und seinem Sohn ausgiebig bedanken und erkenntlich zeigen, der hebt aber nur die Hand, sagt Tschüss, als wir Abstand zum anderen Boot gewonnen haben und verschwindet.
Erstmal irgendwo festmachen – es stürmt ja weiterhin – um zur Ruhe zu kommen, halten daher Ausschau nach einer Boje möglichst weit weg von anderen Booten und finden eine. Auf dem Weg dahin …
Die beiden haben das Dinghy nicht hochgezogen. Kein Vorwurf, sind ja zur Hilfe geeilt. Das Dinghy kippt, sein Benzintank geht ist Wasser und mit ihm alle Einkäufe und … die Tasche vom Gast mit Handy, Pass und Geld.
Der Gast schreit auf … ins Wasser springen und seine Sachen retten macht er aber nicht. Der autoritäre Ausbilder wimmert wie ein kleines Kind. Kumpel springt ins Wasser und rettet seine Tasche, alles andere inkl. die Schuhe vom Gast entfernen sich sekündlich von uns. Schaue kritisch den Gast an und frage nach, warum er nicht ins Wasser gesprungen ist. Er hat Angst in offenem Gewässer zu schwimmen, wenn er nicht sehen kann, was unter ihm ist. Danke, keine weiteren Fragen. Eigentlich hatten wir ihm eingebläut, dass Handy, Pass & Co immer und ausnahmslos am Mann bleiben. Nun gut, es war ein stressiger Moment und dann braucht es Erfahrung, um nicht in Panik zu geraten. Diese Erfahrung hat er nicht. Seine Sachen haben es überlebt, nachdem er sie stundenlang mit einem Föhn getrocknet hat.
Kumpel schaut nach den weiteren Sachen Ausschau und macht die Palette Bier aus, die kopfüber in ordentliche Entfernung schwimmt. Die holen wir, also Boot gewendet und sie gerettet. Die Schuhe des Gastes und die restlichen Einkäufe … finden wir nicht mehr, sind es auch nicht wert.
Finden ’ne Boje mit viel Abstand zu allen anderen, hole sie hoch um festzumachen, Gast will helfen, weiß aber nicht, wie er einen Knoten machen soll, also Rollentausch, er soll halten und ich knote. Wegen des Wellengangs bewegt sich das Boot weiter, er meint, er kann es halten – sagte ich schon, dass wir von Tonnen reden? –, ich schreie ihn an, er solle loslassen, tut er aber nicht. Ergebnis: Ordentliche Schnittwunden an der Hand von den Muscheln, die am Seil von der Boje kleben. Die Handschuhe, die man ihm angeboten hat, wollte er nicht, er meinte es geht auch so. Kommentiere das nicht weiter. Zweiter Anlauf, ich ziehe die Boje hoch, mache das Boot fest und brauche eine Pause. Erstmal ’ne Dose Bier aufmachen, die eben noch im Meer herumschwamm und die restlichen in die Kühlschränke packen. Ja, Luxus, das Boot verfügt über zwei Kühlschränke mit Eisfach. In Ruhe nachdenken und kapieren, was passiert ist und mit dem Kumpel die Sache analysieren. Ok, Boje gerissen, was war aber mit unserem Anker, denn wir sicherheitshalber zusätzlich geworfen hatten? Wieso hat der uns nicht gehalten?
Klären wir später. Wir haben die Nase voll und wollen dort weg. Checken Wetter und bei Ko Yao Yai sieht es besser aus, also dorthin. Auf dem Weg dahin im Regen kurz vor Ankunft extremer Regen, man sieht nichts mehr, also im Kreis fahren, bis es nachlässt. Wahnsinn, gerade mal der zweite Tag, ein paar Stunden auf dem Boot und schon mehr Stress gehabt, als in anderen Turns in zehn Tagen.
Der Maus vom Kumpel geht es aufgrund des starken Seegangs schlecht. Sie findet selbst einen Eimer und kübelt da rein. Noch mal 10 Punkte. Sie macht sich.
Der Sturm lässt nach, wir erreichen Ko Yao Yai, sehen Bojen, die aber wohl zum Hotel gehören, wollen also ankern. Es klappt nicht … bester Kumpel und ich sind uns einen Moment lang nicht einig. Er will weitere Ankerversuche, ich habe keinen Bock mehr auf Ankern, weil’s nicht klappt, bin durch und schlage vor, nein verlange, dass wir eine der Bojen nehmen, egal wem sie gehören. Wenn jemand ein Problem damit hat, dann wird er sich schon melden. Er stimmt zu und wir machen unser Boot an der Boje mit dem dicksten Seil fest.
Entspannen ist angesagt, die Ereignisse der letzten Stunden waren heftig, jetzt sind wir erstmal safe und was mit dem Anker ist, klären wir morgen. Jetzt erstmal essen gehen. Checken auf Google Maps ab, was es so gibt. Ist eine nicht ganz kleine Insel, so viel gibt es aber auf der Westseite und in der Höhe, in der wir uns befinden, nicht. Mama Seafood, direkt am Strand klingt gut, hat gute Bewertungen, also Dinghy runter …
Moment … da war was. Der Tank vom Dinghy war ja im Wasser … nicht gut … erstmal, auch wenn wir wirklich für den Tag bedient sind, Dinghy testen. Motor springt erst nach vielem guten Zureden an. Ist natürlich Blödsinn mit dem gut zureden. Über das Entlüftungsventil ist Meerwasser in den Tank eingedrungen. Benzin ist leichter als Wasser, also ist das eingedrungene Wasser unten im Tank. Wie viel Wasser eingedrungen ist, ist unklar, versuchen es also rauszupumpen und siehe da, der Motor springt wieder an. Sicher ist sicher, also beschließe ich eine Runde das Dinghy zu testen und fahre los. Motor stirbt nach kurzer Zeit, wieder Wasser rausgepumpt, Motor läuft wieder, also weiter mit dem Test. Läuft, macht Spaß, entferne mich mehr und mehr mit Vollgas vom Boot … Motor geht aus. Diesmal helfen alle Versuche nichts, bekomme den Motor nicht mehr an. Reicht für heute, ich rudere zurück, soll der Kumpel schauen oder wir lösen es anders, ich habe für heute echt genug.
Hatte ich was von sicherheitsrelevanten Sachen gesagt, die gefehlt haben oder nicht ok waren und wir bei der Übernahme übersehen haben?
Tja, die Ruder vom Dinghy gehörten dazu. Aus zwei Teilen bestehend, zusammensteckbar, nur fehlte die Kugel (oder wie man es auch nennen möchte), die die Teile zusammenhalten, was bedeutet, dass man damit nicht rudern kann, weil sie auseinander fallen. Es hilt nichts, nehme den unteren Teil eines der Ruder, lege mich bäuchlings über den Bug vom Dinghy und paddle zum Boot zurück, was das letzte war, was ich nach dem Tag gebraucht habe und eine ganze Weile dauert. Am Boot angekommen die Sache mit dem Kumpel besprochen: Es hilft nicht, der Tank muss geleert werden, um das Wasser herauszubekommen, der einzige Eimer an Bord ist zu klein, das Benzin an der Küste rauslassen mache ich nicht mit, also muss eine andere Lösung her. Da war doch der Generator für die Klimaanlage … ist Benzin, also nicht lange gefackelt, Tanks ausgetauscht, Dinghy läuft wieder wie eine eins, losgeht’s an den Strand und endlich was essen.
Am Strand angekommen, beschließen wir die Nacht dort zu bleiben. Wir sind beim Santhiya, einem 5-Sterne-Hotel in dem wir schon mal waren. Ist echt nett, hat nur den Nachteil, dass die Zimmer auf einem Hügel sind, man also auf das hoteleigene Taxi angewiesen ist, um in die Zimmer zu kommen und auch wieder von dort weg und die Strecke lang ist. Zu aufwändig, daneben sind zwei weitere Hotels. Wir entscheiden uns nach Recherche für das direkt danebenliegende Yao Yai Beach Resort. 70 Euro die Nacht für ein top Zimmer mit Pool inkl. Frühstück, also gebucht, kurz geschaut, Zimmer sind echt top, aber Ehebett. Kumpel hat mit seiner Maus ein Zimmer, Gast bucht ein weiteres. Schaue es mir an, gefällt mir, dusche dort, aber es steht fest: Werde nicht mit dem Gast ein Bett teilen, nehme auch kein weiteres Zimmer, sondern beschließe auf dem Boot zu schlafen und am nächsten Morgen zum Frühstück wieder dazuzustoßen.
Jetzt endlich essen gehen. Mama Seafood stand auf dem Plan. Aber ach, es gibt keinen Alkohol, also keine Cocktails und kein Bier zum Abendessen. Ko Yao Yai ist Bückbetereck, wenn auch – zum Glück – nicht nur. Mama Seafood ist gestrichen. Wir waren schon mal hier. Erinnern uns … laufen die Hauptstraße entlang – klingt nach viel mehr, als es ist – laufen an zwei, drei Restaurants vorbei und entscheiden, dass es das Together Restaurant wird. Karte klingt gut, Bier gibt es auch, das ist es.
Gute Wahl, das Essen ist wirklich gut, die Preise überschaubar und auch sonst passt alles. Wir bestellen mal wieder die Karte rauf und runter und genießen die Köstlichkeiten. Die Rechnung kommt, ich bezahle, bin entzückt von der Art, wie sie erstellt wurde, denke kurz darüber nach was ein dt. Finanzamt dazu sagen würde, lächle ich mich hinein und möchte sie als Erinnerung mitnehmen, sie wollen sie aber wiederhaben, ein üppiges Trinkgeld, was es eh gegeben hätte, klärt die Frage.
Nach dem hervorragenden Abendessen ging es noch ins Santhiya auf einen Absacker. Exzellente Cocktails, die Stimmung entspannt, Kumpel bekommt Lust auf Wein, also wird auch der bestellt. War nichts Besonderes, völlig überteuert, aber egal. Die Umgebung und der Moment machen es aus, wir hatten Bock darauf, haben es genossen und darum geht es ja.
Zu später Stunde ich mit dem Dinghy zum Boot zurück und die anderen in ihre Zimmer ins Hotel. Am Boot angekommen mache ich es mir gemütlich, schalte die Eismaschine an, damit wir Eiswürfel haben, mache mir ein Bier auf, lege mich auf das Trapez (Netz am Bug, das zwischen den beiden Rümpfen gespannt ist), schaue die Sterne an, genieße die Ruhe und höre dem Meer und den Wellen zu. Die Erlebnisse des Tages kommen in meinem Kopf, verstehe es immer noch nicht, aber gut, keinen Stress mehr damit. Wir leben alle noch, das Boot schwimmt auch noch und die paar Kratzer sind nicht schlimm. Natürlich wird es teuer werden, aber auch das gehört dazu. Gedanken beiseite geschoben und auf die Umgebung konzentriert. Das Boot schaukelt sanft hin und her. Der Strand ist nur noch durch die Abendlichter der Hotels und Restaurants beleuchtet. Wie schön es hier ist. Wie sehr hat mir das gefehlt. Bin halb am Einschlafen, das Liegen wird aber unbequem. Bin von oben bis unten voller blauer Flecken und jeder Muskel schmerzt. Morgen lasse ich mich ordentlich massieren, dann wird das wieder. Hole mir noch ein Bier auf dem Weg zu meiner Koje, mache es mir dort gemütlich, schreibe noch etwas mit COL Mäusen hin und her und lege mich schlafen. Die Augen sind fast zu, da reißt mich ein lautes Piep, Piep, Piep aus dem Halbschlaf heraus. Echt jetzt?!
Fortsetzung folgt …
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