• 16.11.2024

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Die Ehe ist ein Glücksspiel

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» Artikel vom

Gastautor: monk

Es ist schon lange her. Noch vor dem Euro. Ein bekanntes Spielcasino einer großen Stadt in Deutschland bot für das Eintrittsgeld gutes Essen im Casinorestaurant und Spieljetons in Höhe des Eintrittspreises. Ich bin keine Spielernatur, aber das war ein Angebot, dem ich nicht widerstehen konnte. Die Verlockung war groß, das gute Essen und die interessante Zeit beim Spiel mitzunehmen, ohne dafür bezahlen zu müssen. Das Einzige, was ich dafür tun musste, war es zu schaffen, die Begrüßungsjetons im Spiel einzusetzen und diese in echte Jetons umzuwandeln. Schließlich wollte ich mein Eintrittsgeld zurück und nur die echten Jetons konnte man gegen echtes Geld zurücktauschen.

Mathematisch begabt und die Grundlagen der Wahrscheinlichkeitsrechnung beherrschend hatte ich mir ein System zurechtgelegt, bei dem die Wahrscheinlichkeit, dass mein Plan gelingen würde, bei deutlich über 99% fast bei 100% lag. Das erforderte zwar auch den Einsatz von eigenem Kapital, und das in beachtlicher Größenordnung im Vergleich zum Eintrittspreis, aber bei so hohen Gewinnchancen war ich bereit, das Risiko einzugehen.

Das Essen war vorzüglich lecker und mein Spielsystem ging problemlos auf. Ich blieb aber konsequent. Ich wollte nur das Eintrittsgeld zurückgewinnen und dabei habe ich es auch belassen. Der Casinoabend war ein voller Erfolg. Begeistert von meinem Spielsystem hatte ich mir dann irgendwann überlegt, 100 DM aus dem Spielcasino statt aus dem Geldautomaten zu holen. Natürlich inklusive des Eintrittsgeldes. Auch das ist mir problemlos gelungen und auch hier verzichtete ich darauf, mehr als die 100 DM plus das Eintrittsgeld zu gewinnen.

Nun hatte ich Appetit auf mehr bekommen. Ich holte mir 200 DM aus dem Spielcasino und begeistert von meinem Spielsystem wuchs in mir die Bereitschaft, auch mal 1.000 DM mitzunehmen. Ich ging mit 10.000 DM rein ins Spiel. Aller Wahrscheinlichkeit nach müsste ich nach kurzem Spiel meine 1.000 DM gewonnen haben. Die Gewinnchancen lagen ja bei 90%. Nun, es passierte nach ganz kurzer Zeit das, was ich eigentlich für völlig unmöglich gehalten habe. Von den 10.000 DM sind mir nur noch 1.000 DM geblieben. Das Spiel war verloren. Diese Runde samt 9.000 DM ging wohl an das Casino. Ich blieb aber konsequent und spielte mein System weiter. Und es passierte erneut das schier Unmögliche. Ich hatte meine 10.000 DM wieder und hätte eigentlich mein System weiter spielen können um mit 1.000 DM Gewinn aus dem Casino zu gehen. Die Chancen dafür lagen ja bei 90%. Ich begnügte mich aber damit, mein Startkapital zurückzuhaben. Ich hatte am Roulette-Tisch zwei Runs erleben dürfen, die extrem unwahrscheinlich waren. Die Chancen, so etwas zu erleben, liegen im tausendstel des Promillebereiches. Das sollte mir eine Lehre sein. Ich hatte mich entschieden, das mit dem Spielcasino ganz sein zu lassen. War so oder so keine besonders gute Atmosphäre dort.

Ein paar Jahre später war ein schöner Sommer und ich im Urlaub. Neben dem großen Casino in der bekannten Urlaubsstadt auf Mallorca gab es auch ein Automaten-Casino. Dort konnte man in Strandkleidung rein und ich dachte mir, dass es toll wäre, mein System wieder mal zum Einsatz zu bringen und das Casino um ein paar Peseten zu erleichtern. Mein System funktionierte prima, auch wenn die Gewinnchancen am Roulette-Automaten geringer waren, als am echten Roulette-Tisch. Nun ging ich jeden Abend hin, mir das Trinkgeld für die Bedienung beim Abendessen im Hotel zu holen. An diesem einen Abend, wo sich für mich die Welt veränderte, passierte beim Spiel etwas völlig Unerwartetes. Der Automat, gefüllt mit meinem Spielguthaben, ging kaputt. Das Geld schien verloren zu sein. Das herbeigerufene Personal rief einen Techniker. Der Automat wurde geöffnet und ich sah all die Drähte, Lämpchen und anderen Elemente darin und es kam aus dem Nichts die Erleuchtung: Galten all meine Aufregung, meine Emotionen und Gefühle diesem Haufen Elektroschrott???

Das war die endgültige Wende in meinem Leben. Ich habe mir geschworen, nie wieder Glücksspiele zu spielen, auch wenn meine Bilanz bis dahin durchaus positiv ausgefallen war. Das Guthaben aus dem kaputten Automaten habe ich zurückbekommen.

Viele Jahre später in Las Vegas konnte ich es dann doch wieder nicht sein lassen, die Casinos um ein paar Dollar zu erleichtern. Das geht auch, ohne dass man selber spielt. Wenn man freundlich zu Spielern ist, die anonym bleiben wollen, geht das. Der Gesamteindruck von Las Vegas war aber ähnlich wie sonst in Spielcasinos: Das ist kein Ort, wo man gute Lebensenergie tanken kann, sondern das Gegenteil davon.

In meiner Ehe entwickelte sich das Geschehen ähnlich wie beim Glücksspiel. Ich erlebte Dinge, die ich in meinem Fall früher für völlig unmöglich gehalten hatte. Und auch wenn die Bilanz meiner Ehe durchaus als positiv zu betrachten ist, will ich mich auf eine neue Runde dieses Glücksspiels nicht mehr einlassen. Denn auf die lange Sicht gewinnt doch immer die Bank.

OK, ich bin kein Fanatiker und obwohl ich, wie die Mormonen, Glücksspiele für Teufelszeug halte, spiele ich im Schnitt einmal im Jahr Lotto. Aber das mit dem „ohne Frau an meiner Seite“, da soll es keine Ausnahmen geben. So zumindest der Plan.

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