• 15.03.2024

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Die heilige Pflicht eines jeden Vaters verletzen

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Die Unterhaltsprellerei ist eine hohe Kunst und im Verlauf einer konsequenten Unterhaltsprellerkarriere gehört es zum guten Ton, dass es irgendwann auch zu einer oder mehreren Anzeigen nach § 170 StGB kommt. Das ist der Strafrechtsparagraf für das Delikt „Unterhaltspflichtverletzung“. Darin heißt es: „Wer sich einer gesetzlichen Unterhaltspflicht entzieht, so dass der Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten gefährdet ist oder ohne die Hilfe anderer gefährdet wäre, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“

Es lohnt sich kaum, über Sinn und Unsinn so einer Regelung zu diskutieren, wir wissen ohnehin, dass sie überlagerter Magerquark ist. Sie ist aber nun einmal da. Männer sind immer die Schuldigen, aber auch die Problemlöser, also lernen wir Männer, wie damit umzugehen ist.

Rachsüchtige Mütter setzen große Hoffnungen in den Paragrafen. Auch die Kinderbußgeldstelle vulgo Jugendamt zeigt gerne an. Für faule Jugendamtspersonen ist das schon deshalb attraktiv, weil doch nach der Anzeige der Staatsanwalt arbeiten und Einkommen nachweisen muss, was eigentlich der Job des Jugendamtsweibchens gewesen wäre. Hier liegt schon die erste große Hürde: Im Strafrecht muss die Schuld durch den Staat dem unterhaltspflichtigen Angeklagten bewiesen werden, im Unterhaltsrecht ist es genau andersrum. Nicht der Unterhaltsberechtigte muss etwas nachweisen. Er kann dem Pflichtigen einfach Einkommen oder fiktives Einkommen unterstellen und der Pflichtige muss seinerseits nachweisen, dass er das nicht hat und nicht leisten kann. Der Staat scheitert im Strafverfahren oft an etwas, das er im Unterhaltsrecht ohne Zögern dem Vater als Pflicht im Zivilverfahren auferlegt hat. Damit beginnt die Lawine der enttäuschten Hoffnungen für den Berechtigten, denn unter diesen surrealen Voraussetzungen verspricht ihm der Staat mit seinem Unterhaltsrecht praktisch immer fette zivilrechtliche Ansprüche und reichlich rollende Taler, die in der alltäglichen und banalen Realität aber einfach nicht vorhanden sind und auch nicht vom Pflichtigen erwirtschaftet werden können.

Es kommt also zur Anzeige gegen den Pflichtigen. Der bekommt irgendwann einen Brief von der Polizei, in dem ihm eröffnet wird, dass eine Anzeige gegen ihn vorliegt. Er wird aufgefordert, sich zu einem bestimmten Termin einzufinden und sich zur Sache zu äußern. Es kam auch schon gar nicht so selten vor, dass der Beginn kein Brief, sondern ein unerwarteter Paukenschlag ist, nämlich schwere Schläge gegen die Wohnungstür zwischen 4:00 und 6:00 Uhr morgens. „Aufmachen, Polizei!“ dröhnt es dann vor der Tür, dass man glaubt, jetzt würden einen stahlgrau gewandete Schergen gleich in einen Viehwaggon Richtung Auschwitz werfen. Dann wurde eine Hausdurchsuchung angeordnet von einer durchgeknallten Ermittlungsrichterin mittels eines richterlichen Durchsuchungsbeschlusses. Gesucht wird bei diesem Delikt weniger nach den berühmten Diamanten im Knie des Toilettensiphons, sondern nach Unterlagen. Mitgenommen werden Papiere, Ordner, Rechner. Einerseits ist das ein probates Terrorinstrument gegen missliebige Personen, andererseits erhofft sich die Staatsanwaltschaft damit Hinweise auf nicht gemeldete Einkünfte und Geschäfte, auf Tarn- und Scheinfirmen. Die wissen eben auch, dass eine beliebte Methode unpfändbar zu werden eine Strohmannfirma ist, bei der unser pflichtiger Preller gegen geringes Einkommen sozusagen bei sich selber angestellt ist.

Sich darauf vorzubereiten ist einfach. Datenhaltung macht man heute auf Servern irgendwo in der Welt, den Schlüssel dafür im Kopf. Die eigene Hardware lässt sich ebenfalls gut absichern. Der Profipreller weiß das. Man macht sich also einen Morgenkaffee, würzt ihn mit Blattgold (Geschenk einer Liebhaberin), beobachtet das bunte Treiben der Trachtengruppe in dunklem Zwirn amüsiert, schreibt den Durchsuchungsbefehl ab, protokolliert währenddessen selbst schriftlich mit was passiert, unterschreibt nichts, macht keinerlei Bemerkungen. Nichts heißt gar nichts, auch nichts übers Wetter und nichts über die Teppichfarbe und keine Geräusche. Da ist jeder Ton zu viel und bildet ein Risiko, wenn es einem anschließend im Mund herumgedreht wird. Wenn möglich einen unabhängigen Zeugen hinzuziehen.

War der erste Schritt ins Strafvergnügen eine Vernehmung, geht man zum gesetzten Termin zur Polizei, sagt seinen Namen, schreibt sich das Aktenzeichen auf, sofern noch nicht bekannt und sagt, dass man vom Aussageverweigerungsrecht Gebrauch macht. Mit dem Aktenzeichen kann Akteneinsicht genommen werden, das ist gemäß § 147 StPO, Abs. 7 auch ohne Anwalt möglich. Man kann auch einen Anwalt nur für eine Akteneinsicht beauftragen, dafür gibt’s Dienste im Internet. Erst mal nachsehen, was die Staatsanwaltschaft in den Karten hat.

Vielleicht wird das Verfahren irgendwann eingestellt, vielleicht erfolgt ein Strafbefehl, vielleicht eine Anklage mit Verhandlung. Strafbefehle zeigen, dass der Staatsanwalt nichts in der Hand hat, andernfalls würde sofort ein normales Verfahren mit Verhandlung angesetzt werden. Er spekuliert darauf, dass der Unterhaltspflichtige in Angst versetzt wird und darauf hereinfällt, lieber den Strafbefehl hinnimmt, statt sich dem Risiko einer Verhandlung auszusetzen. Auf keinen Fall sollte man einen Strafbefehl akzeptieren und rechtsgültig werden lassen! Vielmehr sollte man fristgerecht widersprechen, sodass verhandelt wird. Dafür kann man einen Pflichtverteidiger beantragen (Urteil LG Bielefeld vom 10.11.2011 - 8 Qs 563/11, FamRZ 2012, 1175), weil auch im Unterhaltsrecht aufgrund schwieriger Sachlagen Anwaltszwang nach §§ 114 I, 111 Nr. 8 FamFG besteht. Diesem Anwalt muss man aber genau auf die Finger sehen. Für die Verhandlung sind folgende Punkte zu beachten bzw. vorzubringen:

(1) Die Unterhaltsberechnung gehört nicht nur in das Urteil, sondern schon in die Anklageschrift, damit diese den Anforderungen des § 200 Abs. 1 StPO genügt. War das der Fall?

(2) Wurde die Bedürftigkeit der Kinder überhaupt festgestellt? Wenn die Mutter genug Geld verdient, sind die Kinder schon mal nicht bedürftig.

(3) Stimmen die Berechnungszeiträume oder wurden sie zurechtgebogen? Relevant ist zum Beispiel nur das Jahreseinkommen des Pflichtigen, nicht die Situation von Monat zu Monat. Anzugeben ist vom Richter, in welchen Zeiträumen sich der Angeklagte der Verletzung der Unterhaltspflicht schuldig gemacht haben soll.

(4) Wurden Unterhaltspflichten nur aus zivilrechtlichen Erkenntnissen abgeleitet, anstatt durch den Strafrichter eigenverantwortlich festgestellt? Ob ein Titel oder Schulden aufgrund von früheren Unterhaltsverfahren existieren, ist für ein Strafverfahren irrelevant! Auch die Urteilsgründe haben die durch den Strafrichter ermittelten Tatsachen zu enthalten, aufgrund derer der tatsächliche Umfang der Unterhaltspflicht festgestellt werden kann (u. a. OLG Saarbrücken Beschluss vom 3.12.2009, Ss 104/2009 (113/09); Ss 104/09 (113/09)).

(5) Wurde die Höhe des Betrages durch den Tatrichter exakt beziffert, den der Pflichtige bezahlen hätte sollen und nicht bezahlt hat? Auch der Eigenbedarf des Unterhaltspflichtigen hat exakt beziffert zu werden unter Beachtung von z. B. krankheitsbedingten Mehrkosten, berufsbedingten Aufwendungen, sonstigen Verpflichtungen. Siehe u. a. OLG München Az. 5St RR (II) 60/10, OLG Koblenz Az.: 2 Ss 184/10.

(6) Hat das Gericht den kausalen Zusammenhang zwischen einer Verletzung der Erwerbsbemühungen des Angeklagten und der daraus resultierenden Leistungsunfähigkeit bewiesen? Das nachzuweisen geht nur, wenn ihm eine Stelle angeboten wurde, auf die er sich bewerben müsste und sich im Nachhinein herausstellt, dass er eingestellt worden wäre, wenn er sich beworben hätte.

(7) Ist der Taterfolg überhaupt eingetreten, also die Gefährdung des Lebensbedarfs des Kindes, weil sich der Unterhaltsverpflichtete seiner Pflicht entzogen hat?

(8) Auch wem Aussagen so hingedreht werden, er hätte die Unterhaltspflichtverletzung eingestanden, darf deshalb nicht verurteilt werden, wie das OLG Hamm festgestellt hat (Beschluss vom 17.4.2012, Az III-3 RVs 24/12) – „Ein pauschales Geständnis allein ist hingegen nicht geeignet, die notwendigen objektiven und subjektiven Feststellungen zu ersetzen“. Das kann Angeklagten passieren, deren unbedachtes „ja, ich hab nix bezahlt“ man absichtlich in den falschen Kontext stellt.

(9) Ganz wichtig: In der Verhandlung ausdrücklich einem Rechtsmittelverzicht widersprechen und dies auch protokollieren lassen. Sich in diesem Punkt nicht auf einen eigenen Anwalt verlassen. Andernfalls ist eine Berufung nicht mehr möglich.

(10) Keine Einstellung des Verfahrens (§ 153a StPO), egal ob mit oder ohne Auflagen akzeptieren. Eine Einstellung nach § 153 StPO ist weniger gefährlich, wenn im Protokoll vermerkt ist, dass für den Angeklagten keine Kosten entstehen. Ansonsten Urteil oder Freispruch verlangen. Eine Einstellung wird große Schwierigkeiten bei einer späteren Insolvenz mit sich bringen, weil Unterhaltsschulden damit aus der Insolvenzmasse herausgenommen werden, da sie ohne Freispruch aus einer unerlaubten Handlung stammen. Allerdings hat sich nach der Reform des Insolvenzrechts auch mit Freispruch die Chance verschlechtert, Unterhaltsschulden in die Insolvenz zu nehmen. Die Richter sollen freisprechen oder gezwungen sein, Urteile und Begründungen zu schreiben. Damit machen sie sich gleichzeitig von der nächsten Instanz angreifbar.

Zum Schluss noch ein paar Zahlen: Die Anzeigen erbrachten in der Vergangenheit viele Einstellungen und Ermahnungen, aber kaum Verurteilungen. Kein Wunder bei diesem schwachsinnigen Straftatbestand. Ein Grund ist auch der längst gläsern gemachte Unterhaltspflichtige. Schon seit Jahren werden Pflichtige generell intensiver und gründlicher durchleuchtet, wie langjährig kriminelle Clanmitglieder. Die Auskunft über alle Datenbestände liefern unter anderem das Bundesamt für Finanzen (Bankdaten), die Kfz-Zulassungsstelle (fährt der Lump Ferrari?), die Rentenversicherung (Beschäftigungszeiten und Einkommen), die Meldeämter. Da sich schon im Vorfeld herausstellt, dass nichts zu holen ist, verlieren die absehbar unergiebigen Verfahren an Schwung und sind bei Juristen unbeliebt. Das dämpfte die Anzeigelust. Der denkende Pflichtige weiß ohnehin, dass er genau durchleuchtet wird und gibt sich da keine Blößen. Er sorgt dafür, dass sein digitales Abbild bei den Behörden frustrierend aussieht. In der Folge sind die Fallzahlen abgesunken. Die letzte Statistik stammt von 2017 und weist nur 5.820 Fälle aus. Das sind gerade mal acht Fälle pro 100.000 Einwohner. Mord und Totschlag gibt es drei Fälle, zahlenmäßig also nicht so weit entfernt. Der Höchststand lag vor 20 Jahren bei fast 20.000 Fällen. Da waren die Hoffnungen auf Geldverstecke noch größer. Der Statistik nach gab es 2017 auch einen minderjährigen Tatverdächtigen und einen, der älter als 80 Jahre war. Fünf Prozent sind Frauen. Wie sich die Zahlungsmoral und der weitere Verlauf nach den Anzeigen entwickelt, darüber schweigen sich die Statistiken aus. Die Folgen des Familien- und Unterhaltsrechts sind tabu, können und sollen nicht ans Licht. Fall vom Schreibtisch = alle Probleme für den Staat gelöst.

P.

Weiterführender Link: TrennungsFAQ

Ratsuchende Väter finden im TrennungsFAQ-Forum konkrete Hilfe

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