• 09.05.2025

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Die Kunst des Ausmistens

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» Artikel vom

Gastautor: Max

Der Drang einen längeren Urlaub zu machen, wird immer größer. Ich meine damit ein Jahr Auszeit oder länger. Da ich schon ewig in einer Mietwohnung lebe, liegt es nahe, auch diese zu kündigen und mich von allem unnötigen Plunder zu trennen. "Los geht's! Das ist ja die leichteste Übung an der ganzen Sache", dachte ich. Tatsächlich empfinde ich es als große emotionale Aufgabe sich von Zeug trennen zu müssen. Es geht nicht nur mir so, zu dem Thema gibt es hunderte Bücher. Falls das jemand interessiert, lest euch selbst ein. Ich schreibe hier ein paar Gedanken und für mich nützliche Tipps zum Thema Entrümpeln und zum einfacherem Leben.

Wert deines Plunders

"Das kannst du doch nicht wegwerfen, was habe ich für einen Haufen Geld für den Mist bezahlt." Das sage ich zu jedem zweiten Gegenstand in meiner Bude. Dabei ist er in Wahrheit nichts wert. Es ist die emotionale Bindung an das viele Geld was ich bezahlt habe. Sunk Cost Fallacy (sogenannte Fehlinvestitions-Falle. "Jetzt habe ich schon sooo viel Kohle in das Projekt reingesteckt, jetzt kann ich doch nicht damit aufhören oder es wegwerfen."), so ist der Begriff. Onlineportale strotzen nur so von diesem Syndrom. Da will jeder noch fast den Neupreis für seinen Krempel. Prozentual gesehen habe ich sogar am wenigsten für meinen Besitz bezahlt. Monatlich verschwinden Steuern, Versicherungen und Miete von meinem Konto. Weit abgeschlagen habe ich mir ein Budget von 200 € für Spaßausgaben gesetzt. Während erstgenanntes schon am Zahltag unwiederbringlich weg ist, sammelt sich der Tand über die Jahrzehnte stetig an. Leider macht es das nicht wertvoller.

Ein Backup haben ist nicht verkehrt

Von den meisten Gegenständen habe ich gleich mehrere herumliegen. Ich muss durchprobieren was mir am besten gefällt, dann liegen die schlechteren eben anderweitig herum. Das finde ich nicht schlimm. Kleine und große Katastrophen passieren und dann habe ich immer noch ein Backup. Zumal es eh vorhanden ist. Ein effektives System, wie ich gleich das Beste finde, habe ich nicht. Melde dich doch, falls du mir dahingehend helfen willst. Ein Zweitgerät zusätzlich anschaffen vermeide ich mittlerweile. Bei Defekten kaufe ich eben zügig neu, das brauche ich nicht selber auf Lager legen.

Platz ist skalierbar

Aufgewachsen bin ich in einem großen Haus. Platz gab es genug, war jedoch restlos vollgestellt. Seit zehn Jahren ziehe ich durch verschiedene WGs und kleine Wohnungen. Da muss ich mich einschränken, geht aber auch. In letzter Zeit lese ich Berichte von digitalen Nomaden. Eine Spezies, die mit ein paar Koffern in der Weltgeschichte herumreisen. Zumindest künden die Berichte vom Glücklichsein. Ich folgere daraus, dass Glück nicht unbedingt mit dem vorhandenen Platz zusammenhängt.

Positive Seiten am Nippes

Ja, zu viel Plunder hat auch positive Seiten. Ein überfülltes Zimmer hallt nicht so arg. Diebinnen [Wenn schon gendern, dann "Stehlende". Anmerkung vom Lektor ;-)] und Diebe haben Mühe, Wertvolles herauszufiltern. Wer freie Flächen hat, der bekommt das mitunter von anderen Leuten vollgestellt. Bekannt unter dem Begriff OPC - other peoples clutter. Normalerweise multiplizieren sich dabei die Probleme. Also besser Freiflächen verkaufen oder seinen eigenen Schrott liegen lassen.

Wirtschaftssystem: Mist verkaufen

Unsere ganze Wirtschaft ist darauf ausgelegt, anderen etwas zu verkaufen. Wirklich benötigte Güter und Dienstleistungen sind weitestgehend rationalisiert worden. Übrig bleiben unterbezahlte Knochenjobs. Ich kann es niemandem verübeln, stattdessen völlig Unnötiges anzubieten. Leider nimmt das alles überhand. Aggressive Werbung rund um die Uhr, nur damit die Leute Geld für ihr Leben zusammenkratzen können. Würde jeder minimalistisch leben, würde das System so nicht mehr funktionieren. Jetzt ist es eben so. Ab und an nutzlosen Tinnef zu kaufen halte ich daher für aktive Lebenshilfe.

Shared Economy hat Vor und Nachteile

Das beste Beispiel ist der teure Rembrandt an der Wand. Bilder brauchen gleichbleibende Temperaturen, kosten massiv Versicherung und die Angst vor Einbrecherinnen und Einbrechern hängt ebenfalls mit an der Wand. Das kann alles an ein Museum ausgelagert werden. Dann zahle ich eben ab und an Eintritt und habe ansonsten meine Ruhe. Dass es noch andere mit ansehen dürfen, damit muss ich leben. Bedauerlicherweise hat auch das seine Nachteile. Zu Zeiten der Covid-Maßnahmen schaute man mit dieser Strategie doof aus der Wäsche. Dann habe ich meine liebsten Hobbygegenstände doch lieber selber bei mir zu Hause.

Literaturhinweise:
Die Kunst des stilvollen Verarmens - Alexander von Schönburg
Wie man, gezwungenermaßen, mit wenig glücklich wird.

The Joy of Less - Francine Jay
Es geht hauptsächlich ums Ausmisten und die Bude von neuem Mist frei halten.

Wie sieht es bei dir zu Hause aus? Lieber gut gefüllt oder reicht dir eine Zahnbürste und ein Kochlöffel als alleinige Gegenstände aus? Bist du vielleicht auch vom Sunk Cost Fallacy Syndrom befallen? Schreibe es gerne in die Kommentare.

(Noch eine Ergänzung vom Lektor)

Erben und vererben: Mist sammeln

Fang erst gar nicht an, eine Sammelleidenschaft zu entwickeln. Elektrische Eisenbahnen, Ü-Eier, Fußballsammelbildchen, Kronenkorken, historische Puppen, Porzellan ... Den Rotz will später keiner mehr haben. Keiner. Mein Vater schwärmte mit glänzenden Augen immer von gewissen alten Antiquitäten, die er für erhebliches Geld gekauft hatte: "Was das später einmal wert ist!!!" Und so lagerten seine "Antiquitäten" in diversen Schubladen und setzten Staub und Rost an. Und als er schließlich verstorben war, kam ein professioneller Antiquitätenhändler und warf einen einzigen Blick auf die "Schätze". Der "alte holländische Meister" war zwar alt, aber von geringer künstlerischer Tiefe. Die uralten historischen Münzen hatte irgendein Idiot poliert und von der historischen Patina befreit. Das wertvolle Porzellan war nur "zweite Wahl", und der geliebte Orientteppich fing bereits an auszubleichen. Alles nur Gerümpel, das weg konnte ...

Amüsant zu lesen:

Heinicke, Hans-Jürgen:
Was vom Leben übrig ist, kann alles weg: Fundstücke eines Wohnungsauflösers.



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