Auswandern nach Thailand (2)

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Gastautor: Andyka
Samstagmorgen 07.05.22 Ortszeit 9 Uhr. Nach einem erholsamen Schlaf wage ich einen Blick auf den Monitor. Noch knapp zwei Stunden bis Phuket. Unter mir der strahlend blaue Indische Ozean in gleißendem Sonnenlicht. Dann ging es schnell, kurzes Frühstück, 2-, 3-mal räkeln, schon setzte der Flieger auf und zehn Minuten später stand ich an der Immi.
Mein erster Eindruck von Thailand: Die Leute sind wirklich sehr nett. Ich hatte nämlich neben dem Thai Pass doch ein Dokument vergessen, alles kein Problem, eine junge Dame füllte mir das Teil aus, musste nur noch unterschreiben. Beim Zoll einmal Patschepfötchen und einmal cheeeeaaase, schon stand ich am Gepäckband.
Die spinnen die Thais: die Ankunftshalle menschenleer, alle Geschäfte zu, Corinna lässt grüßen, dafür aber im Foyer ein Gewühl an Menschen. Oje wie soll man sich da finden … plötzlich tippt mir jemand auf die Schulter, vor mir steht P strahlt mich an, herzliche Begrüßung und nach etwas Smalltalk gings los.
Aus dem Flughafen raus, es ist, als wenn ich in eine Wand aus glühender Luft laufe, meiner Güte ist das heiß. Also schnell ins Parkhaus, P hatte zum Glück vorgesorgt und kühle Getränke an Board.
Die Fahrt ging los und mein zweiter Eindruck: Mann, sieht das scheiße aus hier. Die Häuser in einem lieblosen Zustand, links und rechts der Straße Dutzende, wenn nicht Hunderte an Stromleitungen, überall stand Gerümpel herum. Das kann ja lustig werden.
„You are hungry?“ Ja gute Idee, es war schon gegen zwei. Beste Gelegenheit die berühmte Thai Küche zu verkosten. Sie parkte vor einem kleinen Lokal, sehr einfach eingerichtet und auf gefühlte 0 Grad temperiert. Die sehr nette Kellnerin brachte die Karte, ich überließ aber P die Bestellung. Für mich etwas strange: Thais bestellen gerne alle Gerichte auf einen Schlag, ok, muss man wohl akzeptieren. Ich hatte ihr ein kleines Geschenk mitgebracht, was ich ihr überreichte und zum ersten Mal sollte ich erfahren, was wirklich ehrliche Freude ist.
Das Essen kam, natürlich viel zu viel, schmackhaft und mein 3. Eindruck: abartig scharf. Einen Tipp kann ich allen Thaineulingen schon geben: Es gibt dort Chillies, etwa so groß wie ein Daumennagel und deshalb leicht zu übersehen. Beißt man auf die, hat man verloren. Es folgte der erste Hustenkrampf, der auch mit viel Wasser kaum zu bändigen war.
Nach dem Essen erstmal Geld tauschen, das geht dort wirklich alle 100 m, jetzt war mir doch wohler. Danach wieder ins Auto und los ging die Fahrt in Phukets Süden.
Der nächste Eindruck war weitaus besser, ich war in charmanter Begleitung und die Landschaft wurde immer schöner, besonders als wir an der Küste entlangfuhren. So langsam stellte sich Urlaubsfeeling ein.
Nach gut einer Stunde Fahrt erreichten wir die Küste von Kata, das ist im Südwesten von Phuket. Das Hotel, welches P ausgesucht hatte, war von außen Pfui und von innen Hui. Der Hotelboy packte unser Gepäck aus und P erledigte den Check-in. Zehn Minuten später waren wir auf unserem Zimmer. Es stellte sich als sehr gute Wahl heraus das Zimmer war schön geschnitten, geräumig, gemütlich und mit einem schönen Blick auf den Strand. Wir packten unsere Sachen aus, machten uns etwas frisch und beschlossen den Nachmittag mit einem Strandspaziergang zu verbringen. Dort angekommen lief mir sofort der Schweiß von der Stirn, was P nicht entging. Mich störte es nicht aber sie bestand darauf, dass sie zurück ins Zimmer geht und frische Tücher holt. Fünf Minuten später kam sie zurück und tupfte mir mit kalten Tüchern die Stirn ab – ach so, da war ja was: Take Care. Der Strand von Kata ist wirklich einmalig schön, es waren nur ganz wenig Menschen da und so liefen wir barfuß stundenlang im Wasser herum. Die Dämmerung setzte ein, was in Thailand ja relativ früh passiert und angesichts der langen Reise setzte doch etwas Müdigkeit ein. So beschlossen wir nicht groß nach einem Restaurant zu suchen, sondern in der Strandbar zu speisen. Dies stellte sich als sehr gute Wahl heraus. Es war kaum etwas los und die Kellnerin war ebenso freundlich, wie neugierig. Die beiden Mädels unterhielten sich auf Thailändisch, war klar worüber. Ich bekam mein erstes Pad Thai [ein pikant gewürztes Nudelgericht mit Ei und Shrimps] mit einem Mango-Shake und ich kann nur sagen, dass das Essen einfach traumhaft war. Inzwischen war es stockdunkel, wir gingen noch ein bisschen am Strand spazieren und dann zurück aufs Zimmer.
Das erste Ritual, welches sich einstellte: Abends wird mindestens eine viertel Stunde mit der Familie geklönt. Das geht mit LINE, ein Pendant zu unserem WhatsApp. Eigentlich eine schöne Sache, der Zusammenhalt in der Familie ist mit das Wichtigste im Leben der Thais.
Nach dem Videocall folgten einige Stunden mit schlimmsten Schweinereien, die hier nicht weiter ausgeführt werden, da das MM kein Pornokanal ist. Nachts lag ich noch eine Weile wach, schaute in den klaren Himmel und dachte an meinen verstorbenen Freund. Besser spät, als nie, jetzt hab ich es endlich geschafft …
Am nächsten Morgen kam das zweite Ritual: Die Hotels bieten internationales Frühstück an, aber ganz ehrlich, fahre ich nach Frankreich um ’ne Pizza zu essen? P schnackte mit dem Koch und der bereitete für uns einen großen Pott Hühnersuppe mit Nudeln und Gemüse zu. Das ganze natürlich wider ordentlich gewürzt. Zum Nachtisch gab es einen großen Teller frisches Obst. So machen wir es bis heute, natürlich immer mit anderen Zutaten. Für mich sehr bekömmlich und ein guter Start in den Tag.
Den ersten Tag verbrachten wir mit Schwimmen, am Strand spazieren gehen und einer Thaimassage. Hatte ich in Dumpfland auch ab und an, aber kein Vergleich zum Original. Der geneigte Leser darf sich das als durchaus schmerzhaft vorstellen, es wird an den Gliedmassen heftig gebogen und gezogen, aber das Ergebnis ist wirklich beeindruckend. Hinterher fühlte ich mich wie neu geboren.
Abends gab es dann eine weitere interessante Einsicht: P schwärmte mir von dem leckeren Fisch vor, den es dort zu essen gibt. Gut, da brauchte Sie mich nicht groß überzeugen. Abends zogen wir los und inspizierten etwa zehn Restaurants, die Ihren Fisch auf Eis gekühlt in der Auslage präsentierten. Jedes Mal gab es eine intensive Diskussion auf Thai mit dem Koch, welcher Meerbewohner jetzt am besten schmecke. Dabei wurde der Fisch am Schwanz hochgehoben und dessen Vorzüge ausgiebig erörtert. Nach einer Stunde stand die Entscheidung: Restaurant 7, Fisch 4, oder war es umgekehrt?
Wir also rein in den Saloon. Kellner kam und brachte Wasser, der Fisch sei gleich fertig. 15 Min. später, kein Fisch, aber schon mal Gemüse und Reis. Wir hatten Hunger, also rein damit. Nochmal 15 Minuten später, freundliche Erinnerung an den Kellner, ja, kommt sofort … weitere viertel Stunde noch mal erinnert. Kellner kam mit gesenktem Haupt aus der Küche, jaaaaa, alsoooo … den Fisch hat wohl jemand Anderes verputzt. Für mich ’ne Bagatelle, ordern wir halt ’nen neuen. P fiel die Kinnlade runter, sie zahlte wortlos und draußen liefen ihr die Tränen runter. Fuck, jetzt nichts Falsches sagen. „You did your Best“ Das war genau das Richtige. Sie schämte sich nämlich richtig dafür, sie wollte mir eine Freude mit dem leckeren Essen bereiten und dann sowas. Da ticken Asiaten einfach anders. Trost à la ist ja nicht so schlimm, hatte da eher das Gegenteil bewirkt.
Der Trost kam dann in der Form, dass wir frisches Obst und ’nen Haufen Eis kauften und das am Strand verputzten. Da war die Stimmung gleich wieder besser.
Am nächsten Tag war ein Ausflug angesagt. Wir fuhren ganz in den Süden in die Pampa, solange, bis es mit ihrem Auto nicht weiter ging. Wir hielten an einem kleinen Laden, wo Mamasan sogleich ihre Hilfe mittels eines Jeeps anbot. 500 Baht (13 Euro) wechselten den Besitzer und los gings in einem irren Tempo ohne Rücksicht auf Verluste über Stock und Stein. Eines wurde mir klar: In Thailand kommt man am besten NICHT als Stoßdämpfer auf die Welt....
Danach ging es nur noch zu Fuß weiter auf einem kleinen Trampelpfad durch den Dschungel. Abenteuer pur, bestimmt werde ich gleich vom Tiger gefressen. Nach 30 Minuten erreichten wir den Aussichtspunkt von Black Rock. Einmalig Schön. Da oben machten wir Picknick und relaxten. Auf dem gleichen Weg ging es zurück, wo Mamasan auf uns wartete. Weiter gings zur menschenleeren Nui Han Beach zum Planschen und Relaxen. Nach 4 Stunden kamen wir ziemlich geschafft wieder am Kiosk an.
Der nächste Tag war dann sportlich: Ein Marsch zum Big Buddah stand an. Das ist eine riesige Statue auf einem knapp 400 m hohen Berg. Also ein normaler Fußmarsch. P erklärte, dass wir da ganz früh hingehen, zum einen wegen der Touris und zum anderen wegen der Hitze. Morgens um vier klingelt der Drecksack von Wecker. Los Aufstehen, Anziehen, Sex gibts später … wir also im Dunkeln los, typisch Frau erstmal ’nen Scheiß zusammengefahren, aber letztendlich doch angekommen. Unten in der Stadt die Karre beim 7-Eleven (Thai Supermarkt, gefühlt alle 200 m) abgestellt und losgelaufen. Nun ist das sicherlich keine hochalpine Tour, aber bei 28 Grad und 100 % Luftfeuchtigkeit kommt man schnell ins Schwitzen. Also mal langsam voran … P hüpfte die ganze Zeit herum, als hatte sie Hummeln im Hintern, „What’s up, too much?“ Wie sagt man alter Man und D-Zug auf Englisch? Sie erklärte mir, dass sie da am Wochenende immer mit ihrem Sportverein rauf rennt. Du machst bitte WAS?
Nahm die Beine untern Arm und weg war se … Ich schaute auf Google Maps, ok, noch zwei km, sollte ich in einer halben Stunde schaffen. 20 Minuten später kam sie zurück, wo ich denn bleibe, da oben sei eine tolle Aussicht.
Oben angekommen bestätigte sich das. Die Sonne ging auf und es war ein gigantischer Ausblick auf das Meer hinaus. Der Big Buddah gehört für mich zu den "Muss man wirklich mal gesehen haben" Zielen, einfach nur noch beeindruckend. Leider zogen ziemlich fix Wolken auf und wir schafften es so gerade neben unter ein Dach, bevor die Welt unterging.
Total verdreckt und nass geschwitzt ging es zurück zum Hotel, erstmal lecker Frühstücken.
Den Rest der Woche musste sie arbeiten und ich war alleine, was mir nichts ausmachte. Ich verbrachte den Tag am Strand oder mit kleinen Touren. Das erste Mal seit vielen, vielen Jahren verspürte ich innere Ruhe und Gelassenheit. Ab hier ging die Geschichte mit dem Thema Auswandern erst los.
Fortsetzung folgt …
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