Gastautor: Jane Doe

Ich bin Marie, 29 Jahre alt, in 2 Wochen werde ich 30. Ich bin wohl das, was man ein Mauerblümchen nennt. Freundlich & gut erzogen, schlank, eigentlich eine ganz Normale, äußerlich wie innerlich. Keine Sexbombe, keine Psychopathin. Ich kann mich halt nicht besonders sexy anziehen (da fühle ich mich unwohl) oder gut schminken oder sonst wie in Szene setzen, das liegt mir nicht. Normale Jeans ist mein Standard, sieht ja auch gut aus! Obwohl meine Eltern nicht geschieden sind, bin ich quasi mit abwesender Mutter aufgewachsen. Bei mir sind daher die weiblichen Verhaltensweisen, wie ihr Kerle das von den Diskoschlampen kennt, weniger ausgeprägt.
Ich informiere mich natürlich auch längst im Internet über die Kerle. Und ich kann euch sagen, irgendwann mit Ende 20 kennt jede Frau diese beiden bekannten Prinzipien: Alpha fucks, Beta bucks (zu Deutsch: wir Frauen zahlen unser Taxi selbst, um zum Alpha ins Bett zu hüpfen, hingegen Beta-Männer uns einladen müssen, damit wir eventuell später zurückrufen), und das 80-20-Prinzip (dass Frauen 80 % der Männer gar nicht wahrnehmen, ob sie überhaupt existieren) ist mir auch bekannt.

Ich selbst hatte nie Probleme mit Männern, Männer scharten sich um mich und boten sich von sich aus als Hilfe oder Begleitung an, selbst wenn ich irgendwo neu in die Stadt gezogen war. Keine besonderen Männer, eher so der ganz normale Mitschülertyp. Von den coolen Männern mit den geilen Karren konnte ich früher auch bereits ein paar näher kennenlernen, aber mit meiner Weltsicht und meinen Zielen werden die mehr und mehr uninteressant. Wie ich nun die Alpha fucks beta bucks und die 80-20-Regel kennenlernte, während ich nach einer seriöseren Beziehung suchte, fiel mir daher auch sofort auf, dass das schon stimmt. Tatsächlich hatte ich mich in der Vergangenheit bei einigen Männern (irgendwie ziehe ich Radfahrer an) nie gemeldet und war bei diesen eher genervt, wenn wegen so einem das Handy schon wieder klingelte. Das Internet versprach mir indessen, dass diese sonst übersehenen Männer eigentlich die bessere Wahl sind, wenn es um langfristige Beziehung oder gute Väter geht. Und ich versuchte nun, vermehrt nach solchen Männern Ausschau zu halten. Das brauchte ich nicht, denn sie waren schon da, ein bisschen Zeit wollte ich mir aber für die richtige Wahl lassen.

So kam ich zu meinem neuen Freund: studierter Eisenbahner (ja, das kann man studieren, irgendwas mit viel Elektronik), natürlich wieder ein Radfahrer, also sportlich fit und gesund, volles Haar. Allerdings zu dünn, obwohl er eigentlich eine normale Figur hat, aber ich finde, Männer müssen etwas Masse haben. Nett, wirklich immer nett, das irritierte mich anfangs sehr, dass er nett zu anderen völlig Wildfremden war, nicht nur zu mir.

Aber wie sollte es mir mit so einem ergehen!

Erste Überraschung: Er hat kein Auto! Also nicht nur ein Kleinwagen, sondern wirklich überhaupt kein Auto! Wieso hat ein normaler Mann kein Auto? Da war dann schon das erste Problem. Jedes Treffen, vom ersten kennenlernen an, war schwierig. Er konnte mich nicht abholen, wir konnten nirgendwo hin. Abends, wenn ich plötzlich Heißhunger auf Pommes bekam, konnte er mich nicht mal schnell zu McDoof fahren. An Regentagen konnte man überhaupt nichts machen. Jaja, er hat natürlich seine Argumente, dass man in der Stadt mit dem Rad schneller ist, dass der ÖPNV hier sehr gut ist, und dass er sich lieber 6 Stunden in den Zug setzt, um in den Urlaub zu fahren, als alleine hinterm Steuer zu kleben und auf die immergleiche Autobahn zu starren.
Aber denkt mal an die Praxis, der sagte mir echt so Sachen wie: „treffen wir uns am Bismarckdenkmal, ich schicke dir deine Busverbindung und die Umsteigehaltestellen in WhatsApp“, ja wirklich! Wieso sollte ich für ihn zum Bus rennen? So toll ist er auch wieder nicht.
Bisher musste ich mit meinen Ausgehkleidchen nur das Treppenhaus runtergehen, unten stand mein Date mit seinem Wagen, jetzt soll ich damit durch die Stadt und in der schmutzigen Straßenbahn sitzen? Mir war klar, dass ich hier eine andere Art Mann kennenlerne, aber keine Frau will sich doch verschlechtern, mit dem nächsten Freund! Auch war damit nicht möglich, ihn zu einem Treffen mit meinen Freundinnen mitzunehmen, denn wie sollte er meine Freundinnen im Auto mitnehmen, wenn er gar keins hat?

Dann also der gemeinsame Urlaub. Mit dem Zug. Aber erstmal muss alles gebucht werden, selbstverständlich bot er mir an, mich einzuladen und wir trafen uns bei ihm zur gemeinsamen Planung. Er hatte schon Angebote vorbereitet, alles Schnäppchen, alles sollte so billig wie möglich sein. „Warum soll ich zum Schlafen in Pisa mehr ausgeben, wenn es auch für weniger geht, das ergibt ja keinen Sinn“, so seine Worte. Dass die teureren Hotels auch besser waren, die Zimmer und auch das Frühstücksbuffets entsprechend, war ihm egal. Und mir hatte es egal zu sein. Hierbei wurde er sogar kurzzeitig zum Alpha und verwies mich auf meine Rolle, dass ich mir zwar die Orte aussuchen dürfe, aber nicht die Übernachtungen, das mache er selber!
Dann kam noch hinzu, dass er wirklich viele Leute kennt, die er alle abtelefonierte, und schon waren die übrigen Nächte bei Freunden (ehemalige Mitstudenten, Freunde von Kollegen oder Verwandten, ja sogar Freunde von seiner Mutter!) organisiert. Was soll das? Ich will einen Urlaub in schönen Hotelzimmern mit 4 Handtüchern pro Tag, weil meine eigene Wohnung und Alltag nun mal nicht so toll ist! Und der organisiert mir ’ne Luftmatratze auf Dachboden oder im Keller ohne Aussicht und ohne Strandnähe bei irgendwelchen alten Tanten und „frühstücken können wir dann beim Bäcker“!! Geht’s noch?
Der Unterschied zwischen Urlaub (all-inclusive, gute Location, Leben wie ein Gott in Frankreich, Latte macchiato) und Besuch (ein Stück Kuchen mit einer Tasse schwarzen Filterkaffee, vollständig ohne Serviceleute und ohne Pool) scheint ihm gar nicht klar zu sein!

Ihr denkt jetzt vielleicht, er hat kein Geld. Nein, das ist überhaupt nicht so, das weiß ich auch 100%ig! Er hat riesige Ersparnisse, er hat einen gut bezahlten Job als Elektrotechniker, er hat ein großes Finanzportfolio, redet mit seinen Freunden über ETFs, Bitcoin und den ganzen Renditemöglichkeiten.
Aber in seiner Wohnung darf ich nicht über 20 °C heizen! Die Küchenzeile hat er gebraucht erworben, das einzige elektrische Gerät, dass er in der Küche nicht gebraucht gekauft hat, ist die Mikrowelle. Und das erzählte er mir auch noch mit Stolz! Der merkt dabei gar nicht, wie ich darüber innerlich entsetzt bin, dass der Handmixer, den ich gerade in den Händen halte, vorher schon andere benutzt haben!
Oh Mann, ihr gut situierten Beta-Männer! Ihr seid nicht arm, aber ihr lebt wie arme Leute und gebt uns Frauen nur ein Leben in Armut! Ohne, dass das nötig ist. Jeder einfache rumänische Handwerker versucht seiner Frau nur das Beste zu geben, aber ihr denkt gar nicht daran, was WIR wollen. Dass es uns, wenn wir uns ein neues Fahrrad von euch wünschen, nicht darum geht, bloß ein Fahrrad zu haben, sondern darum, genau dieses eine Fahrrad zu bekommen, das wir wollen!

Er hat mich übrigens nie zum Essen in ein Restaurant von sich aus eingeladen. Ich musste ihn jedes Mal erst dazu drängen. Zu meinem Geburtstag hat er mir vorgeschlagen, dass ich nach der Arbeit zu ihm kommen solle, er kocht mir mein Leibgericht und abends gucken wir einen neuen Film aus meinem Lieblingsgenre, den er extra ganz neu heruntergeladen habe. Hallo! Schon mal was von Kino gehört!? Ich musste ihm am Ende ewig im Ohr liegen, mit kleinen wohldosierten Grausamkeiten, damit er mich zu meinem GEBURTSTAG in ein Restaurant einlädt, das mal ein paar Klassen über einem Dönerladen liegt!
Er sagte dann immer sowas wie „das ist ja nicht für die Ewigkeit“, oder „Essen ist vergänglich, in 20 Minuten ist es vorbei und dann ist es egal, ob es 10 oder 20 Euro gekostet hatte“, daher lieber weniger ausgeben und das Geld sparen.

Mein Versuch mit einem stabilen Beta-Mann wurde mir immer mehr zum Graus. Ich musste ja auch an die Zukunft denken, an unsere geplante Familie! Wie würde er ggf. später gemeinsame Kinder erziehen? Würde er den Fahrdienst bezahlen oder müssen die dann auch ÖPNV fahren? Und wie sollte ich später zu den Kindergeburtstagen unserer geplanten Kinder meine Freundinnen in das Indoor Karibik-Wildwasserbadeland einladen, wenn er für so ein Kindergeburtstag nur 50 € ausgeben will?

Natürlich fragte ich ihn: warum lebst du nicht so, dass es Spaß macht? Wofür sparst du eigentlich? Für ein Eigenheim irgendwann, sagt er, das will er fast ohne Schulden kaufen. Und im Garten könne ich dann Gemüse und Kräuter anbauen, dann muss man die nicht mehr kaufen! So denkt der echt. Er könne sich sogar ein Grundstück groß genug leisten, dass auch noch Hühnerhaltung möglich wäre! Und die Kinder könnten so schön im Garten spielen, „sodass sie dich bei den Hausarbeiten nicht stören“! Hat der wirklich in seinen Gedanken, dass ich später durch den Garten krieche, ihm den Hühnerstall ausmiste und Unkraut zupfe für ein paar Kartoffeln oder Tomaten? Warum denkt er nicht an mich, was ich will? Ich habe mich für ihn schon genug umstellen müssen!
Logisch, dass so einer, der selbst den Bremsscheibenwechsel selber macht, niemals einen Gärtner anstellen wird. Und spielende Kinder im Garten gut und schön, das kann er dann aber selber machen. Meine Freundinnen gehen mit ihren Kindern in den Serengeti-Park und sitzen nicht langweilig im Garten herum, das werde ich natürlich auch!

Nun bin ich aber nicht wie die anderen, die nur meckern. Ich sage euch auch, was ihr besser machen könnt! Ihr Betas wisst ja selber, dass ihr euch vom Alpha unterscheidet. Der Alpha ist ein selbstbewusster Draufgänger, ihr seid verlässlich. Und darin sogar selbstbewusst, klar, ihr habt ja einen Plan für die Gestaltung eures Lebens. Aber was euch vom Alpha unterscheidet ist eben nicht nur das Verhalten oder die coolen Sprüche, bei dem ihr wisst, dass ihr das eh nicht ändern könnt. Denn sein Verhalten kann man kaum ändern, höchstens anders Schauspielern.
Was euch aber vom Alpha noch unterscheidet, ist, dass der Alpha sein Leben in vollen Zügen genießt! Klar hat der Alpha ein Auto, warum sollte er laufen? Klar hat er ein richtig tollen angenehmen Urlaub, warum sollte er einen weniger tollen Urlaub machen? Klar geht’s ins Restaurant, nicht zum Stehimbiss, er will ja nicht beim Essen in der Kälte stehen!
Die gute Nachricht ist: sein Leben zu genießen, sich was zu gönnen, es sich bequem machen, statt so effizient wie möglich die Tage bis zum Tod herumzubringen, das kann man einfach ändern. Ihr könnt Beta bleiben, nur steigt ihr jetzt aus einem besseren Auto aus und geht öfters auswärts essen. Dazu muss der Beta nicht zum Alpha werden, sondern nur all sein Einkommen bis Monatsende wieder ausgegeben haben. Für schnöden Luxus, den ihr euch bisher nicht gegönnt habt. Das schafft ihr!
Eure Frauen sind glücklich, wenn sie den Urlaub im schönsten Hotel des Strandes verbringen! Wenn sie stattdessen in der Jugendherberge aufwachen, muntert es sie nicht auf, wenn ihr ihnen sagt, dass dafür eure Ersparnisse wieder um 1 % gestiegen sind.

Noch ein Geheimtipp an euch Betas, denn eure Freundinnen sind nicht wegen eurer Männlichkeit mit euch zusammen. Ich weiß, dass ihr Betas alle immense Ersparnisse angehäuft habt, wenn ihr eure Ehe startet. Wahrscheinlich für irgendein vages Zukunftsprojekt oder einfach ein Eigenheim. Haltet die Ersparnisse ein paar Jahre und kümmert euch erstmal ums Kinderkriegen. Aber dann: die Scheidungen meiner Freundinnen waren so in dem Zeitraum, wenn das jüngste Kind 4–8 Jahre alt war. Also, wenn die Kinder in den Kindergarten oder Schule gehen und die Mami zu viel Zeit kriegt. Denn es ist doch so: am Anfang ist alles schön, da sind die Kinder klein, es gibt Geburten und neue Kinderzimmer, viele neue Dinge. Dann, mit 3 oder 4 sind die Kinder selbstständig, alles wird langsam zur Routine, sodass die Frauen mehr und mehr zugucken und sich fragen, ob das schon alles war? Und dann kann sich über die nächsten Jahre eine Unzufriedenheit aufbauen, die in wenigen Jahren zur Scheidung führt. Logisch, dass jeder Richter die Kinder aufgrund ihres jungen Alters im Falle der Scheidung zur Mutter gibt, und ihr verliert eure eigenen Kinder!
Alles ist dann unwichtig, wenn man die eigenen Kinder verliert! ETFs, Eigenheim, Ersparnisse müsst ihr bei einer Scheidung eh abgeben, aber sie sind auch unwichtig geworden, wenn die eigenen Kinder nur noch zu Besuchern werden und zu einem fremden Tätowierten jetzt Papa sagen. Nichts, was ihr angehäuft oder aufgebaut habt, ist dann noch wichtig! Deswegen gebt eure Ersparnisse vorher aus, um Glück für die Ehefrau zu kaufen. Beobachtet eure Frauen, ob sie diese Unzufriedenheit kriegen. Wenn dem so ist, nehmt eure 5-stelligen Ersparnisse, macht vermehrt Urlaub, geht ins Restaurant oder kauft ihr Yogakurse. Also die Dinge, die eueren Ehefrauen gefallen und die ihr sonst immer sein lasst, weil sie teuer und „sinnlos“ sind. Es geht darum, die 4–6 Jahre zu überbrücken, bis eure Kinder alt genug sind, dass sie selbst zum Papa gehen können, ohne auf Muttis Erlaubnis angewiesen zu sein. Gebt in diesen Jahren ruhig Zehn- oder Zwanzigtausend mehr aus als sonst, finanziert aus euren Ersparnissen, um die Ehefrau bei der Stange zu halten. Ja, die Rücklagen sind dann weg und damit auch der Traum vom Eigenheim oder anderen Dingen. Aber besser leere Taschen als die eigenen Kinder nicht mehr sehen zu dürfen! Wenn die Kinder alt genug sind, könnt ihr immer noch wieder sparsam leben und Ersparnisse erneut aufbauen. Ob sich die Ehefrau dann noch scheiden lässt oder nicht, ist dann egal. Vielleicht ja, weil ihr Beta seid, vielleicht nein, weil sie selber inzwischen zu alt ist. Aber jedenfalls sind die Kinder dann schon alt und selbstständig genug. Und lieber Träume und Aktien verlieren, als täglich mit Suizidgedanken – für eine fremde Familie, die deine Kinder gefangen hält – arbeiten gehen zu müssen.



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