Die Færørene - ein Reisebericht (Teil 3)
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Gastautor: Master Chief
Pro-Tipp: Bier und Anderes
Die Flasche (0,33l) kostet zwischen EUR 9–10 in Restaurants & Co., beim Dealer (Achtung: Öffnungszeiten beachten!) EUR 5,–. Der Supermarkt hat: nichts.
Wer es ein klein wenig günstiger mag, dem sei der Arrival-Shop wärmstens ans Herz gelegt. Hier gleich bei Ankunft die maximale Höchstmenge bunkern (2l/Person), weil EUR 1,–/Fl.
Zusammen mit 1l lokalem Wodka (EUR 13,–) reicht das wenigstens für einen netten Abend. Für EUR 13,– bekommst Du nämlich vom selben Stoff nicht mal ein Schnapsglas voll offeriert.
Dafür werden ortsübliche EUR 20,– aufgerufen.
Da die Fähre ausgefallen war (wir erinnern uns), ging der Ersatzplan online. Wieder die Wanderschuhe geschürt und ab in die Natur. Der Wind hatte zwar wieder Orkanstärke im Visier, aber es regnete wenigstens nicht. Scenic point Modus angeworfen und als Erstes den Rinkusteinar angepeilt, ein tonnenschwerer Basaltklotz der sich im Woge der Strömung des Fjords hin- und herbewegt.
Die beste Frau der Welt hat versucht ihn aus dem Wasser zu ziehen, aber es war vergebliche Liebesmüh.
Vorher hatte Sie noch einer PET-Flasche nachgestellt, die der Wind nach dem Öffnen der Autotür ins übernächste Nachbardorf katapultierte.
Nach diesem Frühsport der anderen Art (wir erinnern uns) gab es den Hike des Grauens hinüber zur Grotte von Elduvik. Am höchsten Berg (880 m) vorbei auf knapp 200 Höhenmeter. Alltrails gibt einen moderaten Schwierigkeitsgrad an und mit etwa 90 Minuten one-way quasi ein Spaziergängchen.
Die Sonne meinte es gut mit uns am heutigen Tag, aber Regen ist nie weit weg, wenn der Wind bläst und der blies. Am Aufstieg war noch alles eitel Sonnenschein und im Tal waren wir einigermaßen geschützt, aber mit der Ankunft auf der Hochebene fegte es uns fast von der Selbigen. Die Böen waren enorm stark, aber manchmal war es nahezu windstill. Das hielt aber nur ca. 2–3 Sekunden und dann hieß es wieder: Es bläst! Vielleicht gibt es hinter der Kurve im Bergschatten weniger Wind. Das Problem: der Pfad führt am Hang entlang, ist einen Fuß breit und nach diesem einen Fuß geht es 200 m runter ins Meer. Die Lösung: Ich schicke die beste Frau der Welt vor, derweil ich auf flacherem Terrain eine Pause hinter einem Stein einlege, um dem blanken Hans zu entgehen.
Nach einem kurzen Schauer sah ich Sie wieder. „Das ist nichts für Dich. Ich gehe da auch nicht weiter. Das wird nur noch steiler und noch enger. Der Wind wird auch nicht weniger.“
Puh, dann bin ich nicht Schuld am Abbruch. Scheiß Höhenangst. Wäre außerdem blöd wegen sowas draufzugehen, also wieder zurück ins Auto. Scheiß auf die Grotte. Hatten ja schon eine.
Am Abend die Freundin für Ihre heroische Tat belohnt und fein im Dorf ausgeführt. Gab lecker Fisch, aber immer noch kein Lachs, obwohl jeder Fjord voll mit Farmen ist. Aber der Færørene macht wohl lieber Devisen mit dem guten Zeugs.
Am nächsten Morgen fiel die Fähre aus.
Letzte Chance auf Mykines perdu, daher Ersatzplan #68 gezückt.
Totaler Nebel, Nieselregen, aber: wenig Wind! Also alles an regenfesten Klamotten angezogen, denn um die Ecke gab es noch ein Fleckchen, was vielversprechend daher kam: der witches finger trail.
Ich mach’ es kurz: Am Ende des Weges wie im Hobbit-Land, danach hohe Klippen, keine Aussicht wegen Nebel, aber man konnte teilweise bis nach unten senkrecht gucken: tosende Wellen.
Das war ja fast schlimmer als klare Sicht zu haben! Den Zaun haben sie bis ganz an die Kante gesetzt, die Schweinepriester. Ich, Häuptling weiche Knie, musste den Rückzug antreten.
Der Niesel-Nebel verzog sich am Mittag, also sind wir rüber nach Vestmanna gezockelt. Da gibt es im Tourist Center angeblich die zweitbeste Fischsuppe der Inseln und zu sowas kann ich nicht nein sagen. Alternativ noch erwogen einen 4h-hike nach Slættanes, einer der vielen Geisterstädte, zu unternehmen. Aber nach dem Debakel gestern und dem unbeständigen Wetter (und auffrischendem Wind) heute, sicherlich die bessere Alternative. Die Fischsuppe war SEHR GUT und All-you-can-eat. Neben uns am Tisch ein Pärchen aus der Ukraine. Er Typ Business-man und Sie seine Schlampe. Zwei Tische weiter ein (wahrscheinlich) koreanisches Pärchen. Der Herr schlank, schlaksig, etwas über dem Durchschnitt groß, die Dame, nun ja, wie soll ich Sie beschreiben? Ich nenne Sie einfach mal "Der Bauch" und lasse das Bild im Rezipienten sich entwickeln.
Der Rest vom Phänotyp her war halt so typisch asiatisch, mittelalt, aber das bauchfreie Top hat selbige Region des Körpers schmerzfrei zur Ansicht freigestellt. Die war mit Sicherheit nicht schwanger, sah aber aus wie eine Riesen-Pølser kurz vorm Platzen.
Der in Teil 2 gesichtete Pursche stand draußen auf dem Parkplatz. Die Koreaner steigen ein. Ich: ungläubig staunend.
Macht Euch selber einen Reim draus, ich war und bin da raus.
Frisch gestärkt also die Gegend erkunden.
Die Sicht war mittlerweile klar und kaum Regen in der Luft. Es gab also Aussicht auf Aussicht und der nächste Punkt von Aussicht war gleich oberhalb von Vestmanna.
Unten hat es ein Wasserkraftwerk, wir fuhren hinauf und den Stausee entlang (Achtung: Schafe!), der allerdings nur ein kleines Rinnsal war.
Das war mal nicht der Klimawandel, sondern das Wasser wurde abgelassen, um die Staumauer am Pumpeneingang zu renovieren.
Aus Asphalt wurde Schotter und aus der einspurigen Straße ein H0-Witz von einem Weg. Alle Kurven waren blind. Schon in der ersten Haarnadel-Kurve streikte die designierte Co-Pilotin und ich wechselte an das Volant. Beim Umsteigen aber aufpassen, denn der Platz um das Auto herum war, vornehm gesagt, begrenzt.
Du peilst also auf diesen Schotter-Serpentinen die Wolken im Himmel an, während es rechts steil nach unten in den sicheren Tod geht und die Straße selber optisch 10 m voraus endet.
Und Leitplanken sind eh' nur was für Weicheier. Auf etwa 600 m ist ein zweiter Stausee, Asphaltwege und eine Ebene.
Durchatmen, denn der asphaltierte Weg ist an Stellen nur 2,50 m breit, an den Kanten brüchig und danach geht es 2 m steil runter. Jeder Fehltritt würde uns hier teuer zu stehen bekommen, in vielerlei Hinsicht.
Am Ende des Weges sind wir vor Frodos Haustür angekommen (allerdings wurde durch diese ein 1 m im Durchmesser mächtiges Wasserrohr durchgebohrt) und seine Hausschafe begrüßten uns. Der Wind in dieser Höhe war natürlich wieder amtlich, aber die Aussicht auf das Tal phänomenal. Mangels ausreichendem Platz und trotz der einzigen Leitplanke wieder ein Ort, von dem es sich baldigst fortzuschreiten empfiehlt, sofern es mich betrifft.
Also wieder nach Vestmanna auf Schotter runter (Achtung: Schafe!) und dann gleich wieder rauf auf einer gut ausgebauten (special feature: Leitplanken!) Straße, jedes Mal 600 Höhenmeter auf kurzer
Distanz. War echt ein wenig wie Achterbahn. Die Straße raus aus Vestmanna ist auf die Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h ausgelegt, bietet aber trotzdem Fahrspaß wegen der relativ engen Kurven. Weniger Spaß hatten wohl die Passagiere der beiden Autowracks, die wir am Straßenrand ausmachten. Wenigstens sind die dem Tod im kalten Atlantik entgangen. Dank der Leitplanken, die dem Absturz aus 600 m Höhe, als einzige im Wege standen.
Wir hielten noch einmal an, um die Aussicht zu genießen, unter uns ein Dorf mit wieder vielleicht 50 Einwohnern.
Fußballplatz: check, nein, warte: Handballplatz: check
Kirche: check
Friedhof: check
Fazit: Die spinnen, die Færøerne.
Unter der Rubrik 'Wissen, das keiner braucht' noch zwei kleine Fun-Facts:
1) Der erste Ort, den wir nach unserer Ankunft besuchten, hat 18 Einwohner. Bis zur Tunnelfertigstellung im Jahr 2003 führte dort keine einzige Straße hin.
Bevor im Jahr 1873 der Friedhof im Ort angelegt wurde, mussten die Toten über einen Pass ins nächste Dorf getragen werden. Obwohl der Begriff „Pass“ auf einen irgendwie gearteten Weg hindeutet: nur, das ist hier nicht der Fall. Zwischen Grasnarbe und Felsen musst Du Dir Deinen eigenen Weg suchen.
2,5h Dauer (ohne Leiche), 400 Höhenmeter, 100 % Steigung, Regen, Orkanböen, arschkalt.
Meinen Respekt an die Herren, die das geschafft haben.
2) Der Flieger am nächsten Tag startete planmäßig.
Für Vágar braucht man als Airline spezielles Navi-Equipment und eine speziell ausgebildete Crew.
Aber um dort zu Leben muss man aus einem sehr spezielleren Holz geschnitzt sein.
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