Gastautor: Andyka

Wir verbrachten noch eine knappe Woche im Norden Thailands. Für mich mit der entspannendste und erholsamste Urlaub überhaupt. Danach ging es zurück nach Phuket, weil P. wieder arbeiten musste. Auf dem Weg zum Flughafen gab es noch einen Abstecher zum Wat Rong Khun, dem weißen Tempel von Chang Rai. Für Menschen, die sich an schöner Architektur erfreuen können, eine absolute Empfehlung.

Wieder im Süden angekommen, war ich tagsüber alleine. Beste Zeit mal einen lang gehegten Wunsch zu erfüllen: Klamotten für mich auf Maß geschneidert. Da ich Modelmaße besitze (2 m groß und dürr) ist das Klamottenkaufen in D eine Herausforderung. Sachen, die lang genug sind, haben den Charme eines Kartoffelsackes und gut anliegende Kleidung gibt oftmals einen unerwünschten Blick auf die 4 Buchstaben frei.

Also kurz bei Tante Gockel geschaut und einen Schneider paar Kilometer entfernt gefunden. Kleiner Laden, etwa 15qm, bis an die Decke gefüllt mit Stoffen aller Art. Der Betreiber ein Nepalese, 1,50 m groß, 30 kg, schrill gekleidet, völlig chaotisch und sympathisch. Er fragte, was ich mir vorstelle. Ich erklärte meine Wünsche: lange und kurze Hemden, desgleichen bei Hosen und einen Anzug. "No Ploblem, Sil!" Er begann mich zu vermessen, nicht ohne den Hinweis, dass er hochprofessionell arbeitet und alle Kundenmaße genau speichert, für eventuelle Nachbestellungen. Danach wurden Stoffe ausgesucht und er beriet wirklich gut, was für mich an Schnitt und Farbe passen würde. Gut, Order aufgegeben und 20 % Anzahlung da gelassen und mich verabschiedet, nicht ohne den Hinweis, dass die Hemden gerne etwas länger sein dürfen. In 2 Tagen solle ich wieder kommen, dann sei eine Art Muster fertig und es könnte dann noch mal angepasst werden.

Zwei Tage später stand ich auf der Matte um noch mal Model zu stehen. Ich weiß ja nicht, was Nepalesen unter "langen" Hemden verstehen, aber bauchfrei hatte ich nicht bestellt.
Dass das Hemd nicht 3 Ärmel und die Hose den Arsch vorne hatte, war auch alles. "Oh, solly Sil, a little mistake." Ich solle in zwei Tagen nochmal kommen, dann würde es bestimmt passen. Nee, Freundchen, nicht mit mir. Ich gab ihm die Adresse von unserer Wohnung, da solle er anrücken, wenn alles fertig ist und dann gibt's auch Geld. Etwas grummelig willigte er ein. Zwei Tage später stand er auf der Matte und hatte wirkliche alles fertig. Tip Top. Es passte, wie angegossen und sah perfekt aus. Das machte mich glücklich, er bekam sein Geld und natürlich auch einen ordentlichen Tipp. Das war ein ganz neues Lebensgefühl. Zu Hause wanderten alle Klamotten in die Kleidersammlung und C & A, Prolet & Popperburg haben mich zum letzten Mal gesehen. Beim nächsten Besuch orderte ich nochmal. Insgesamt habe ich fünf lange, zehn kurze Hosen, jeweils zehn lange und kurze Hemden, einen Anzug und ein Paar handgefertigte Schuhe für etwa 2000 Euro gekauft. Ich trage die Sachen noch heute und bin absolut zufrieden.

Aber wie geht`s jetzt weiter? Abends mit P. beim Essen gesessen und gemeinsam überlegt. Wir mussten beide noch etwa 10 Jahre bis zur Rente arbeiten. P. erklärte, dass sie wenig bis gar keine Lust verspüre Thailand auf Dauer zu verlassen, ein paar Jahre im Ausland, aber nicht länger. Mir ging es genau andersherum: Länger als ein paar Jahre in D, mehr halte ich nicht aus. Deshalb schmiedeten wir den törichsten und aussichtslosesten Plan, den man nur machen kann: Warum nicht ein paar Jahre in Deutschland gemeinsam arbeiten und dann die Segel streichen? Immerhin hatte P. einen Uniabschluss in BWL, damit müsse sich doch etwas machen lassen? Wir überlegten, dass wir zunächst ein Schengen Visum für drei Wochen beantragen. Dann kann sie sich das Elend hier mal mit eigenen Augen anschauen und anschließend sehen wir weiter.

Gesagt, getan. Ein Schengen Visum kann man mit einigem Aufwand und präziser Planung erhalten. Deutschkurs macht eh Sinn und wurde mit viel Fleiß mit Bravour bestanden. So kam es dann auch: Wenige Monate später saß sie im Flieger nach Frankfurt/M.
Am Tag der deutsch Zwietracht saß ich ganz früh im ersten Zug nach Frankfurt/M. Oh je, wenn die hier ankommt, nimmt sie den ersten Flieger zurück. Absolutes Dreckswetter und der Flughafen nach wie vor eine Katastrophe. Todmüde, aber überglücklich kam sie kurz nach 7 Uhr aus dem Zoll und es hatte alles geklappt. Also nix, wie ab nach Hause. Dort angekommen erst mal eine kleine Stärkung und dann das nachgeholt, was lange gefehlt hat.

Die drei Wochen in Deutschland waren wirklich schön, wir besuchten Freunde, luden selbige ein zum Verzehr thailändischer Köstlichkeiten und machten Ausflüge in die Umgebung. Besonders alte Burgen taten es ihr an, die gibt's in Südostasien in der Form nun mal nicht. Auch arbeitstechnisch ging es voran, sie arbeitete sich in meine Buchhaltung ein, offenbar ist das überall, abgesehen von den Steuersätzen recht ähnlich. Mein Steuerberater war begeistert und würde sie gerne mit Handkuss nehmen. Er meinte, dass seine Weiber stinkend faul, dauernd krank seien und jede Menge Mist bauen. Aber das ist ein anderes Thema.

Die drei Wochen vergingen wie im Flug. Wir überlegten den nächsten Schritt, nämlich ein Arbeitsvisum zu beantragen. Wieder zurück in Thailand alle nötigen Unterlagen zusammen gekramt, Übersetzungen anfertigen lassen und Antrag bei der deutschen Botschaft in Bangkok eingereicht. Nach sechs Wochen kam die Antwort, die wohl 95 % aller Antragsteller bekommen: Abgelehnt.

Eine unbeschreibliche Wut stieg auf. In D werden Fachkräfte aus allen Herren Ländern angekarrt, um dann Bürgergeld zu kassieren. Wenn also jemand nach ehrlicher Arbeit sucht, in einer Branche wo wirklich Mangel an Bewerbern ist, dann macht einem die Stäätin einen Strich durch die Rechnung.

Aber was soll's, aufgeben ist keine Option, man kann ja Widerspruch einlegen. Also bei der Botschaft in Bangkok einen Termin vor Ort ausgemacht. Das geht online und hatte in unserem Fall nur läppische drei Monate Vorlauf. Also wieder einen Urlaub in Thailand geplant, diesmal mit einer Woche Bangkok. Wiedersehensfreude war natürlich wieder riesig und ein paar schöne Tage in der Metropole verbracht. Bangkok ist m.E. eine Stadt, die man sich einmal anschauen kann, aber nicht muss. Ein zweites Mal würde ich da nicht hin wollen.

Dann kam der Termin bei der Botschaft, die der reinste Hochsicherheitstrakt war, wo man so ziemlich alles an der Pforte abgeben darf. Ich sag’ mal so: Ich dachte immer deutsche Finanzämter, Gerichte und Amtsstuben bilden den Bodensatz menschlicher Erbärmlichkeit. Wir wurden eines Besseren belehrt. Letztendlich wurden dort nur die Dokumente in Empfang genommen. Dafür hätten wir sie auch mit der Post schicken können ...

Nach erneuten sechs Wochen kam die erwartete Ablehnung. Ja leckt mich doch! Ihr könnt mich mal. Allerdings sieht der kluge Mann eine Niederlage nicht als solche, sondern als Chance. Also einmal kurz die Fakten überflogen:

- Erneute Einreise nach Deutschland quasi ausgeschlossen
- Leben in Thailand angenehm und bei sorgfältiger Planung machbar
- Chance, dass Deutschland aus dem Schlamassel heil herauskommt: 0 %
- Das deutsche Gesundheitssystem grenzt an Schwachsinn und wird früher oder später mangels Finanzierbarkeit kollabieren
- Jenseits des eisernen Vorhangs dreht ein irrer Ivan hohl und das Kettenrasseln und Ruf nach Krieg deutscher Politiker wird spürbar lauter
- Auf der anderen Seite des großen Teichs will ein zugekiffter Cowboy die Weltmacht an sich reißen
- Eine grenzdebile Außenministerin poltert durch die Weltgeschichte, um auch noch das letzte Ansehen Deutschlands zu verspielen.
- Es gibt keine ernst zunehmende Informationspolitik. Was deutsche Medien berichten, wird ausnahmslos von der Regierung vorgeschrieben und der doofe Michel glaubt das auch noch.
- Braucht man in Deutschland wirklich mal eine Fachkraft, z.B. Handwerker, ist das Erscheinen Glückssache, aber der Erhalt einer gepfefferten Rechnung so sicher wie das Amen in der Kirche.

Die Liste kann man beliebig fortsetzen.

Also dreht der kluge Mann den Spieß um und verduftet. Dass das nicht ganz einfach wird, erfahrt im nächsten Teil.

Fortsetzung folgt



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