Freie Männer und Väterrechtler
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Gastautor: Friendzoneverweigerer
Wenn man den etablierten Medien Glauben schenken mag, so haben sich alle Männer der Welt zu einem patriarchalen Bund zusammengeschlossen, um systematisch alle Frauen zu unterdrücken und sie daran zu hindern, Leistung zu bringen. Dem zum Trotz leisten Frauen jedoch genauso viel oder gar noch mehr, bekommen aber viel weniger Geld und Wertschätzung dafür. Und alte weiße Männer sind sowieso die schlimmsten Unterdrücker, zudem sind sie unverschämt privilegiert. Manch ein Mann macht im Alltag oder vor Gericht ganz andere Erfahrungen, aber das liegt dann nur an seiner verschobenen Wahrnehmung in Folge mangelnder Selbstreflexion. Diese hindert ihn schließlich daran zu erkennen, wie schlecht er die Frauen behandelt. Schlussendlich soll der Mann nur die Klappe halten und seine Schuld nicht länger leugnen.
Männer, die dieses Spiel nicht länger mitspielen wollen, sind im Wesentlichen die Freien Männer und die Väterrechtler. Sie agieren jedoch grundverschieden, was sich an einem Beispiel verdeutlichen lässt: Während Freie Männer nur noch müde abwinken, wenn in den Medien mal wieder das oben genannte Mantra stereotyp wiederholt und der zunehmende Frauenhass beklagt wird, der sich viral überall ausbreitet und dem dringend Einhalt geboten werden muss, argumentieren und diskutieren Väterrechtler (oder Männerrechtler im allgemeinen) unermüdlich, dass der vermeintlich weit verbreitete Frauenhass gegenüber dem Männerhass bestenfalls eine untergeordnete Rolle spielt, zeigen belegbar Hashtags oder Buchtitel wie „Kill all men“, „Men are trash“, „Männer sind Abschaum“, „Männer sind Arschlöcher“, „Ich hasse Männer“, die durch das Internet und die Buchläden geistern und deren Verfasserinnen keineswegs anonym, sondern offensiv agieren und dafür von den Medien hofiert und gehätschelt werden. Gewinnen kann Mann so eine Diskussion natürlich nicht, denn das finale und übliche Totschlagargument der Gegenseite lautet dann: „Männer, hört auf zu heulen oder heult leise!“.
Freie Männer hingegen haben solche Diskussionen längst eingestellt und schweigen lieber. Väterrechtler reiben sich ohnehin oft hart in einem Kampf auf, in dem der Aufwand meist in keinem Verhältnis zum Nutzen steht. Dennoch wird dies kein Spott-Artikel über sie, das wäre in meiner Situation nicht angemessen und zudem ungerecht. Ich selbst habe ihnen nämlich einiges zu verdanken. Aber dazu gleich mehr.
Eines trüben Abends komme ich mit meinem Sohn heim, wundere mich noch, dass die Tür nicht abgeschlossen, sondern nur eingeklinkt ist, und finde dann auf dem Esstisch den Schlüssel meiner Ex, zusammen mit einer Drei-Worte-Botschaft (nein, keine Liebeserklärung...) auf einem Notizzettel. Einen Moment lang lasse ich die Situation sacken, dann begreife ich es: Ich habe endlich mein Leben wieder! Das hatte ich kaum noch zu hoffen gewagt. Und es war auch ein langer und zäher Weg, auf dem ich mental einige Federn gelassen habe. Aber der Reihe nach.
Vor vielen Jahren hatte ich eine ähnliche Situation, und doch ganz anders: Ich kam ebenfalls von der Arbeit heim, fand den Schlüssel im Briefkasten und ahnte schon Schlimmes. Und tatsächlich: Meine einst große Liebe hatte sich kurzerhand verabschiedet und tagsüber die Wohnung ausgeräumt. Alles, was irgendwie noch brauchbar war, war weg, die Wertsachen sowieso. Ein paar Tage später kam noch eine Postkarte, unterschrieben von ihr und - extra leserlich – ihrem neuen Lover, den ich kannte und der zu dem Zeitpunkt offenbar gar nicht mehr so neu war. Meine Vermutung hatte sich also bestätigt. Danach habe ich nie mehr was gehört von ihr. Das hatte mich ganz schön fertig gemacht, daher folgte auch eine ganze Zeit lang gar nichts, dann ein paar lose Kontakte mit Frauen, wo ich mitunter auch auf das Spiel „Mann mit der Bohrmaschine“ reinfiel, aber auch daraus gelernt habe. Es folgten nacheinander zwei Möchtegern-Prinzessinnen mit Ansprüchen, die nicht nur meine finanziellen Möglichkeiten, sondern auch meine Motivation überstrapaziert hätten – also schnell weg damit! Frauen, die zu schnell zu viel wollen, sind eigentlich nicht gefährlich, weil ein Mann rechtzeitig die Reißleine ziehen kann, bevor er in der Falle sitzt. Vorausgesetzt natürlich, er ist nicht komplett bescheuert.
Nun muss ich wohl nicht näher erklären, dass ich fortan erstmal die Schnauze voll hatte. Und dann passierte es: Die Traumfrau trat in mein Leben! Ehrlich und bescheiden, ein echtes Einhorn, nur für mich! Das Warten hatte sich gelohnt! Da will noch einer sagen, Einhörner gibt es nicht? Ich hatte den Beweis, hier, schaut her!
Den weiteren Werdegang kann ich deutlich abkürzen, hier ahnt wohl jeder Leser, was kommen musste: Zusammenzug, Kind - kurz und bündig: Ich saß in der Falle! Anfangs merkte ich davon noch nichts. Es gab halt ein paar Streitereien und so, aber das renkte sich meistens wieder ein. Dann wurde es zunehmend schwieriger, ihre launischen Eskapaden wurden länger und intensiver. Die Bescheidenheit verschwand, es folgten Erpressungen und heftige Wutausbrüche. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich jedoch zum Glück schon um die Gefahr, in der ich mich befand, sonst hätte ich wahrscheinlich falsch reagiert und womöglich da bereits alles verloren. In dieser Zeit suchte und fand ich einiges im Netz, unter anderem landete ich im TrennungsFAQ, im Männermagazin und in Gruppen sowie in sozialen Netzwerken. Hier kamen auch die Väterrechtler für mich ins Spiel. Natürlich ist es immer Glückssache, an wen man gerät. Es gibt da auch eine ganze Menge Trolle, Spinner und Dampfplauderer. Klugscheißer, die raten: „Mach einfach mal das, einfach mal jenes...“. Wenn man als Mann, speziell als Vater, darum kämpft, sich etwas Würde zurückzuholen, kann das ein langer und steiniger Weg werden. Da geht nichts mit „einfach mal“, sondern bestenfalls mit „gewusst wie“. Mit etwas Glück (hatte ich!) gerät man an jemanden mit Ahnung und Erfahrung, und der schenkt Dir erst einmal reinen Wein ein, und Du kannst Dir sicher sein, der schmeckt nicht! Dann gibt er Dir klare Regeln und Hinweise, die Du strikt zu beachten hast. Alle nicht angenehm, aber wer nicht bereit ist, die zu beachten, kann es auch gleich ganz bleiben lassen. Einen Königsweg gibt es natürlich trotzdem nicht, und eine Erfolgsgarantie erst recht nicht. Die Erfolgsaussichten für kämpfende Väter sind immer noch sehr bescheiden. Der wichtigste Punkt ist, seine Situation realistisch einzuschätzen und nicht zu schnell zu viel zu wollen.
Für mich gehörte dazu, mir Kenntnisse in Sachen Gewaltschutz (bzw. was der Gesetzgeber darunter versteht) anzueignen. Die Drohungen meiner damaligen Partnerin waren anfangs die, dass sie gehen und unser Kind mitnehmen würde, und ich sehe dieses nie wieder. Das wandelte sich später so, dass ich gehen solle und das Kind auch nicht wieder sehe. Hier wurde mir in der Väterberatung klargemacht, dass ich, wenn ich in meiner Wohnung bleiben wolle, erstmal die Füße schön stillhalten muss. Ich bekam die klare Ansage, wenn ich zu viel aufmucke, bin ich schnell mindestens unser Kind, eher jedoch Kind und Wohnung los. Denn so abstrus es auch klingt - eine Frau, die ihren Partner aus seiner (!) Wohnung werfen will, hat alle Möglichkeiten dazu, und es ist für sie etwa so einfach wie Pizza bestellen. Allen Besserwissern sei versichert: Mit TAFRTZ (Tür auf, Frau raus, Tür zu) geht da gar nichts. Man hat dann zwar seine Ruhe, aber nur für etwa eine halbe Stunde, dann ist die Frau wieder da mit der Polizei im Schlepptau, und die macht dann TAMRTZ.
Der erste ernste Gewaltausbruch ließ damals auch nicht lange auf sich warten, und auch hier musste ich schnell und richtig reagieren. Die Hauptsache ist bei sowas, möglichst zu verhindern, dass jemand (Nachbar oder so) die Polizei ruft, und selbst sollte man das nur bei absoluter Unvermeidbarkeit tun. Das ist ein unkalkulierbares Risiko, die entfernen nämlich gewöhnlich den Mann aus der Wohnung, und dem ist dann für sehr lange Zeit ein Schlafplatz außerhalb sicher, auch wenn die Bude eigentlich ihm alleine gehört. Auch einen Gang zur Polizei zwecks Strafanzeige gegen eine gewalttätige Frau kann Mann sich getrost sparen, Mann wird dort meist nicht ernst genommen und ohne Aufnahme der Anzeige zur Tür hinausgewiesen.
Die nächste wichtige Regel ist, mit niemandem außerhalb der Väterrechtler über seine Situation zu reden – was zunächst so aussieht, als wolle eine Sekte oder was auch immer seine Jünger nur von der Außenwelt abschirmen. Das hat aber einen ganz praktischen Grund: Im Kreis der Kollegen und Bekannten bekommt man bestenfalls Häme, meistens jedoch neunmalkluge Ratschläge, die einen bei Befolgung geradewegs ins offene Messer schicken würden. Das ist übrigens die einzige Regel, die ich nicht so ganz beachtet habe, was zum Glück ohne weitere Konsequenzen blieb. Ferner gilt es im Umgang mit Institutionen und Professionen einige Redewendungen anzupassen und bestimmte Formulierungen zu vermeiden, außerdem seine Emotionen zu kontrollieren und die Machtverhältnisse zu beachten. Wer meint, er müsse „denen mal richtig Eier zeigen“, hat schon verloren. Auf eines kann man sich rechtzeitig gefasst machen: Wenn es brenzlig wird, kommen die Falschbezichtigungen durch die Ex sicher – früher oder später. Und man hat mit seinem Verhalten mit etwas Glück schon Einfluss drauf, ob sie auf fruchtbaren Boden fallen oder ins Leere laufen. Auf dem heißen Tanz durch das Minenfeld gibt es kein allgemein gültiges Schema, und neben dem richtigen Riecher für die passende Reaktion zur richtigen Zeit braucht man auch eine gehörige Portion Glück – und die hatte ich!
Das Auftreten der Väterrechtler in der Öffentlichkeit wirkt nicht immer sehr geschickt und glücklich. Die permanent gleichen Geschichten von den Unglücken und Abstürzen der geprellten Väter nach der Sonderbehandlung durch den Fleischwolf des Familienrechts wirken mitunter ermüdend und selbstmitleidig und sie eignen sich auch geradezu als Vorlage für feministischen Spott. Aber es geht halt auch nicht darum, die Freien Männer, die das längst durch und hinter sich haben, abzuholen, sondern die, die gerade unsanft aus allen familiären und rechtsstaatlichen Träumen geholt wurden. Hingegen das gebetsmühlenartig wiederholte „Never, never, never give up“ (was eigentlich allgemein die richtige Lebenseinstellung sein sollte) ist nicht immer wegweisend. Manchmal wäre es eher sinnvoll, dem unterlegenen Kämpfer sanft auf die Schulter zu tippen und ihm klarzumachen, dass es an der Zeit ist, die Arena zu verlassen, da die Kontrahentin längst johlend mit der Trophäe daheim oder auf der Siegesfeier hockt. Auch eine Beschwerde über die merkwürdigen Kampfrichter wird wohl kaum zum Erfolg führen, da diese auch nur ein funktionierendes Rädchen im System sind. Vielmehr sollte man ab einem gewissen Zeitpunkt den Betroffenen darauf einstimmen, dass jetzt ein neuer Kampf beginnen sollte, nämlich der um eine halbwegs annehmbare Menschenwürde.
Darüber hinaus scheint manchen die erhaltene Dosis Familienrecht noch nicht genügt zu haben, nach dem Motto „Neues Spiel, neues Glück“ betteln sie um eine Zugabe. Okay, deren Sache, meine Option ist das ganz sicher nicht. Aber das muss letztlich jeder für sich entscheiden. Als Fazit bleiben mir von dem langen Weg von der Einnahme der Roten Pille bis zum Dasein als Freier Mann – besiegelt mit einem Schlüssel und einem Notizzettel auf dem Esstisch - viele Erinnerungen an Erniedrigungen, Demütigungen und Rückschläge, aber auch an Rückhalt, Zuspruch und Beistand. Ein Männermagazin, das mir oft den nötigen emotionalen Ausgleich gab, dem ich aber lange Zeit nur als stiller Mitleser beiwohnte. Eine gute Väterberatung, die mir das nötige Rüstzeug gab, um heil durch das Minenfeld zu kommen. Und das nötige Glück zur richtigen Zeit, das viele leider nicht haben, das weiß ich.
Als Ergebnis des ganzen habe ich Kind und Immobilie retten können. Der Sohn wohnt heute mit mir im abbezahlten Wohneigentum, das er sicher irgendwann mal erben wird.
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