Geld oder Leben!

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Gastautor: Pissköter
Ein Sprichwort sagt, dass die ersten und die letzten zwei Jahre im Leben eines Menschen am teuersten sind. Und auch dazwischen dreht sich alles ums liebe Geld. Nicht immer, aber fast immer. Und wenn nicht direkt, dann zumindest indirekt. Selbst die schönsten Erlebnisse des Lebens, die einem das Leben angeblich umsonst beschert, sind immer mit Geld und Kosten verbunden.
Denken wir dabei nur an den Rausch der Geschwindigkeit, die schnelle Nummer mit der blonden Sekretärin oder an den wunderschönen Sonnenuntergang. Alles umsonst, aber nicht kostenlos. Hinterher halten Autohaus, Jugendamt oder Reiseunternehmen die Hand auf. Und das nicht zu knapp.
Man kann es drehen und wenden wie man will. Es dreht sich im Leben alles ums Geld! Immer.
Und wenn man noch sehr, sehr jung ist, erreicht einen in diesem Zusammenhang irgendwann die eine Frage, mit der das ganze Unheil in Gang gesetzt wird:
"Was willst Du denn später einmal werden?"
Stinkfaule Migrationsbeauftragte, versoffener Dixi-Klo-Aufsteller, dauergeile Dreilochstute ... (Entschuldigung!) ... ausgebeutete Sexarbeiterin oder schmieriger Politiker sind eher nicht die Antworten, die wir erwarten.
Sind die lieben Kleinen noch unter 15 Jahre, so sind die Traumberufe von Mädchen entweder Prinzessin, Schauspielerin, Sängerin oder Ärztin, während es bei den Jungs bei den handfesten Jobs wie Astronaut, Fußballspieler, Rennfahrer, Lokführer oder Feuerwehrmann hinausläuft. Einschulung und Schulnoten zeigen dann später ganz schnell, ob es für den Traumberuf reicht oder nicht. Nach der Pubertät und dem Abitur wird es dann ernst. Mit einem Abitur in der Tasche muss natürlich studiert werden. Und so wiederholt sich Generation um Generation der entscheidende Fehler bei der Berufswahl: Das Hobby wird zum Beruf gemacht. Und die Eltern unterstützen das unhinterfragt.
Weil die Tochter im Kunstunterricht das ein oder andere nette Bild gemalt hat, darf sie jetzt Kunstwissenschaft studieren. Und weil "Sohnemann" auf der Abifeier so toll Saxophon gespielt hat, studiert er jetzt Musikwissenschaft. Hat das Kind im Laufe der Schuljahre so gar keine besondere Neigung entwickelt, studiert es schließlich Rechtswissenschaften. Denn die Eltern wissen es ganz genau: "Mit Jura kann man alles machen!". Was die Kinder mit dem Bachelor oder dem Master später tatsächlich im Berufsleben anfangen können, bleibt diffus im Hintergrund. Hauptsache, man kann den Kollegen oder den Freundinnen stolz mitteilen "Mein Jüngster studiert jetzt!". Und wieder hat man eine Stufe auf der Karriereleiter der sozialen Anerkennung gemeistert ...
Szenenwechsel.
Nackenheim am Rhein.
Seit mehr als 800 Jahren prägt der Weinbau den Ort. Auf den restaurierten Fachwerkhäusern geben Plaketten stolz Auskunft über uralte Traditionen: "1338 an Edelknecht Berthold von Nackheim verpachtet", "von Ritter Huno von Nierstein 1297 erworben", "größter Grundbesitzer im Dorf (1285 - 1781)". Die Weinbergstraße führt einen direkt in die Weinberge. Wer bequem ist, kann sich mit mehreren Leuten einer Weinbergtour auf einem Traktor anschließen. Der tuckert einen dann eine Stunde durch die Weinberge und erzählt einem von früher. Dazu gibt es eine Weinprobe und fröhliches Zusammensein. Das ist sehr unterhaltsam, aber SO begreift man es nicht wirklich.
Man muss die Tour zu Fuß machen. Über die Weinbergstraße hinaus führt die "Alte Steinstraße" im Eichelsbachtal direkt in die Weinberge. Uralte Flurnamen wie "Rheinhahl" oder "Rothenberg" verweisen direkt auf Lage oder Terroir. Rot und schwer ist der Boden. Ohne die Flugzeuge oder dem Verkehrslärm, der vom Rhein herauf brandet, wäre es völlig still. Hie und da findet sich ein altes Wegkreuz oder eine kleine Kapelle, die St. Urban, dem Schutzheiligen des Weinbaus geweiht ist. Reihe um Reihe ziehen sich endlos die Rebstöcke und man begreift, welche Arbeit und Plackerei es seit alter Zeit war, bis sich die Weintrauben nach Lese und Kelter endlich in Wein verwandelt haben. Wobei die Arbeit allein noch keinen guten Wein macht. Gibt es Sonne oder Regen? Hagel? Frost? Fäulnis? Vogelfraß? Bis aus Trauben Wein wird, vergehen viele Monate und auch Jahre. Und bis aus dem Wein endlich klingende Münze, ein finanzieller Gewinn wird, vergeht wieder eine Menge Zeit. Der Arbeitsaufwand zwischen Anbau und Verkauf ist unbeschreiblich. Bis sich ein Weinberg endlich rentiert, vergehen viele, viele Jahre, manchmal Generationen.
Dabei könnte es doch so einfach sein, um an Geld zu kommen. Wer vom roten "Rheinhahl" nach Nordosten schaut, sieht am entfernten Horizont die Frankfurter Skyline. Die glänzenden Hochhäuser der Banken zeigen einem den Weg, wie man mit möglichst wenig Reibungsverlust zu Geld kommt: Geld macht mehr Geld. Das ist seit Jahrtausenden so: Zins und Zinseszins, Kredite und Anleihen vermehren geräusch- und reibungslos jedes Vermögen. Man muss nur geduldig sein. Heute ergänzt sich dieses Portfolio noch um Aktien, Derivate und Kryptowährungen, sodass der geschickte und wagemutige Anleger selbst in jungem Alter dank modernster Technik Möglichkeiten der Geldanlage und der Geldvermehrung hat, die noch vor wenigen Jahren völlig unmöglich schienen. Was vor der Jahrtausendwende noch viele Jahre benötigte, um sich durch Zinseszins und Kursgewinne mühsam gewinnbringend zu vermehren, braucht heute durch moderne Hebel-Derivate nur noch Minuten, Stunden oder Tage. Und Zeit ist Geld. Das galt schon damals, aber heute noch viel mehr. Mit Risikobereitschaft und Wagemut können auch junge Leute Geldmengen bewegen und gewinnen, die sonst nur gestandene Banker in den Händen hielten. Zumindest theoretisch.
In Wirklichkeit gilt jedoch immer noch die alte Bibelweisheit: "Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen.", denn: Geld verdirbt ja den Charakter. Reichtum erwirbt man nicht durch ehrliche Arbeit. Kapitalisten sind Schweine. Wegen dieser Prägung ist Geld in den "normalen" Familien auch kein Thema. Geld verdient man eben nur durch mühsame Arbeit, durch den Verkauf von Lebenszeit. Mehr als acht Stunden Haareschneiden kann die Friseuse halt nicht. Mehr als Unterricht geben kann der Lehrer nicht. Mehr als einen Fall nach dem anderen bearbeiten kann der Rechtsanwalt nicht. Mehr als Operieren kann der Chirurg auch nicht. Und so verkaufen sie alle ihre Lebenszeit gegen Geld.
Die kunstwissenschaftlich studierte Tochter fristet jetzt als Grafikdesignerin mühsam ihre Existenz in irgendeiner Agentur. Und der junge Musikwissenschaftler spielt in irgendeinem städtischen Orchester im wahrsten Sinne des Wortes um sein Leben. Dabei hatten sie ihr Studium doch sooo hoffnungsvoll begonnen ... Hochzeit, Hausbau und Kinder kommen dann auch noch dazwischen. Und so kommt der "kleine Mann auf der Straße" sein Leben lang zu nichts. Von der Hand in den Mund. Das Geld verschwindet, wie es hereinkommt. Finanzielle Bildung ist und bleibt in fast allen Klassen und Schichten ein Fremdwort. Selbst die einfache Weisheit, dass Arbeit skalierbar sein muss, wenn man mehr als nur ein Tagelöhnergehalt haben will, selbst das wird in den Schulen nicht gelehrt. Warum auch. Welcher Staat kann es sich erlauben, seine emsigen Arbeitsbienen zu verlieren?
Schon Friedrich der Große wusste: "Es ist nicht gut, wenn die Leute zuviel wissen. Am Ende rennen die Kerls alle in die Stadt und wollen Sekretärs werden!".
Das gilt bis heute.
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