• 15.03.2024

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Der Hauptgewinn

countryroad

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Herr H (nennen wir ihn heute so) fuhr in gemächlichem Tempo über eine dieser blumengesäumten schlaglochfreien, kaum befahrenen und schnurgeraden Straßen im hohen Norden. Stur die Straße entlang, nichts denken außer: „wie schön hier“ [1]. Rietgedeckte schnuckelige Häuser in kleinen Siedlungen reihen sich vor ihm auf. Über ihm Lerchen, Bussarde und einmal sogar ein Fischadler. Ab und an lacht die Sonne durch mächtige Wolken. Gute Sicht. Aus den Lautsprechern kommen die besten Lieder aus fünf Jahrzehnten, und keiner plärrt „Laß die Hände am Steuer“, „Hör auf zu Rauchen“ oder „Paß doch auf“. Es war wirklich ein schöner Tag. Überhaupt, war das Leben nicht fast immer wunderschön? So entspannt, so glücklich und - vor allem - so frei.

Dabei wäre Herr H eigentlich ein Hauptgewinn gewesen. Ziemlich gut aussehend (und dabei so bescheiden), intelligent und gut ausgebildet, einträglicher Beruf, Ingenieur mit gelungener Karriere. Wohlerzogen, dazu schüchtern und unglaublich naiv, was Frauen anging. Hätte es das Schicksal anders gewollt, so würde er heute entweder eine schimpfende Alte auf dem Beifahrersitz ertragen müssen, oder mehr als die Hälfte seines durchaus vorhandenen Vermögens abdrücken. Er war diesem elenden Schicksal entkommen. Keine Frau wollte ihn haben.

Als junger Mann hatte Herr H. tatsächlich an die eine große Liebe geglaubt, und natürlich wollte er immer heiraten und Kinder haben. Seiner Angetrauten hätte er ganz freiwillig ein sorgenfreies Leben ermöglicht, im eigenen Haus mit Garten, und sie hätte sogar mit den Kindern zuhause bleiben können. Herr H war ein geborenes Opfer, erzogen um ausgenutzt oder ausgeraubt zu werden.

Manche Frau hatte es versucht, aber halt nur halbherzig. Da war die junge Schwabin, in die er sehr verliebt war, die aber später Feministin wurde und deswegen gar nicht heiraten wollte. Oder die durchaus geldgierige Studentin der Betriebwissenschaften, von der andere sagten sie sei das schönste Mädel von ganz Tirschenreuth (gewesen) [2]. Aber die wollte immer Karriere machen, und kaum war sie fertig mit dem Studium, da zog sie weit weg in die Hauptstadt, und dort arbeitet sie noch heute, sehr hart und sehr verbissen, um allen zu beweisen, daß Frauen „es“ besser können. Es gab auch das blonde Gift, das ihn umgarnte, aber sie war listig und fuhr mehrgleisig und heiratete schließlich einen aussichtsreichen Chemiker. Also, keine von denen wollte und bekam Herrn H. Dann versuchte es doch eine Frau mit der klassischen Methode, und so wurde er Vater besonders lieber Kinder. Aber eines Tages ging die Frau weg und nahm die Kinder mit.

Das war schlimm. Frau weg, Kinder weg, und ein Brief vom Rechtsanwalt der Frau mit Forderungen. Sein eigener Rechtsanwalt riet Herrn H. „Machen Sie gar nichts. Solange gerichtlich nichts entschieden ist, haben Sie die gleichen Rechte auf die Kinder wie die Mutter“. Der Unterhalt für die Kinder war schon bei der Geburt beurkundet worden, und nichts geschah.

Wollten deutsche Frauen seines Alters, also in den 60ern geboren, denn einen Hauptgewinn, einen gutaussehenden, vermögenden, freundlichen, vertrauenswürdigen und verlässlichen Mann für Familiengründung mit Haus und Garten? Nein, offenbar nicht.

Zur Statistik: Es gab im Leben des Herr H. sechs Frauen, mit denen er längere Zeit fest liiert gewesen war. Diese Frauen gebaren zusammen genau drei Kinder (davon 2/3 mutmaßlich seine Kinder). Das ergibt eine Geburtenrate von 2 Kinder pro Herr H und 0,5 Kindern je Frau, oder 0,2 je Frau ohne seine Kinder. Verheiratet sind zwei der sechs Frauen, eine davon noch mit ihrem ersten Mann, das sind also 16% die in guten wie in schlechten Zeiten zusammenblieben.

Herr H hat nie herausgefunden, was für Männer die Frauengeneration denn nun suchte, die mit ihm ab den späten Sechzigern heranwuchs. Vielleicht willenlose „Pudel“, wie sie in der einschlägigen deutschen Fachliteratur [3] so treffend bezeichnet werden? Dafür war er ungeeignet, nicht doof genug, zu viel eigener Wille, Entscheidungskraft. Auf keinen Fall suchten die Frauen seiner Zeit das, was er zu bieten hatte – einen Mann für die ewige große Liebe und alles, was dazugehört, als da sind: gemeinsames Leben und Altern, Ehe, Familie, Kinder, Tiere, Haus und Garten, Treue, Verläßlichkeit, Wohlstand. So hatte er es bei seinen Eltern vorgefunden, die noch im großdeutschen Reich erzogen worden waren. Damals. Aber dann kam die Pille (1965), das große Gequake (1968) und der Feminismus (1970 bis heute).

In der Folge wollten viele Frauen kein „Patriarchat“ mehr, und auch keine Familie. Und schon gar nicht ein ganzes Leben lang mit nur einem Mann zusammen bleiben. Böse Unterdrückung! Aber natürlich hätten sie trotzdem gerne die Vollversorgung einer verheirateten Frau in Westdeutschland um 1970 herum bekommen – „Patriarchat“ bedeutete ja auch, daß Männer ihre Frauen mit durchfüttern. Aus und vorbei und kommt nicht wieder! Ein Gutteil des Elends, das heute in Deutschland zu bewundern ist, kommt aus dieser gespaltenen Haltung der Frauen, die so um die oder über 50 Jahre alt sind, die keinen Mann und keine Familie wollten, aber doch gerne die Vollversorgung, und die jetzt weder das eine noch das andere haben. Ein bekanntes und berühmtes Beispiel twittert gerne.

Herr H begriff eines Tages, daß sein Familienbild nicht mehr so richtig paßt und daß seine Fürsorge und seine Kraft nicht gewünscht werden. Er hat sich den neuen Zeiten angepaßt und lebt jetzt ein erstklassiges Leben voller Freuden und in Freiheit, mit Haus und Garten, Tieren, Wohlstand – ohne Frau. Und es gefällt ihm sehr gut. Liebliche Musik klingt durch die Zimmer – seine Lieblingsmusik, und nur die, statt dem vorherigen Keifen. Ansonsten himmlische Ruhe, nach jahrelangem Streit. Die Kinder sind erwachsen, sie kommen ab und an und gerne zum Familienstammsitz. Von seinem schwer erschufteten Einkommen bleibt genug übrig, auch für einen üppig ausgestatteten Neuwagen, mit dem Herr H nun gerne durch seine Lieblingslandschaften fährt, am liebsten auf den schnurgeraden, blumengesäumten, kaum befahrenen und schlaglochfreien Straßen im Norden, immer die Straße entlang, nichts denken außer: „wie schön hier“.

Und was ist die Moral von der Geschicht? Es wird nie wieder so werden wie „damals“. Liebe gibt es natürlich, aber die ewige große Liebe in guten wie in schlechten Zeiten ist doch eher ein schöner Traum, oder genauer, Propaganda, erfunden und erzählt um Männer auszunehmen und gefügig zu machen. Es gibt ihn nicht, den Hauptgewinn. Tolkien hat den Ehering treffend beschrieben: „Ein Ring, sie zu knechten, ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden im Lande Mordor, wo die Schatten drohn“[4].

[1] modifiziert, nach K. Wecker, 1977. Grüße an Annalena an dieser Stelle.

[2] Ortsnamen geändert

[3] Das Männermagazin, Ausgabe 1 – 112, zuletzt aufgerufen am 8. Juli 2021

[4] J.R.R. Tolkien, Der Herr der Ringe

Gastautor: H

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