Der lange Weg zurück ins Leben
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Gastautor: A. M.
Aufbauend zu den Artikeln Gaslighting und Emotionale Erpressung.
„Was Besseres als den Tod findest du überall!“. Ich stand noch immer an der Ampel, ich weiß nicht mehr wie lange. Dann ging ich bei Grün über die Straße und lief in Richtung meines neuen Lebens. Am Gründonnerstag stand ich früh auf, packte meine Tasche und sagte zu der frech grinsenden Täterin: „Mach deinen Scheiß alleine!“. Ich bin zur Tür raus und habe kurz darauf die Scheidung eingereicht. Doch damit war der Terror noch nicht zu Ende, er sollte erst richtig anfangen.
Untergekommen bin ich bei einem damaligen guten Bekannten. Ich konnte im Vorfeld nichts organisieren, nur mit einer Reisetasche bin ich bei ihm in die Dachgeschosswohnung in sein Wäschezimmer „eingezogen“. Das gab mir erstmal etwas Luft, scheinbar. Es gab viel zu organisieren, Wohnung, Finanzen, Anwalt, Versicherungen, Zeitplanung, Therapeuten, Erziehungsberatung, Jugendamt, usw.
Eine Wohnung war innerhalb von sechs Wochen gefunden. Als arbeitender weißer Mann um die 40 war zu der Zeit noch alles relativ einfach zu bekommen. Jetzt gings ans Renovieren, Kinderzimmer einrichten, restliche Sachen aus der alten Wohnung holen. Die Täterin war und ist wahrscheinlich immer noch der Meinung, dass ich nur etwas rumspinne, mich bald wieder einfange und dann wieder angekrochen komme. Schließlich sind hier das Zuhause und die Kinder.
So genoss ich erstmal meine gewonnene Freiheit, um Druck abzulassen. Ich ging feiern und schleppte Weiber ab. Seltsamerweise lief alles relativ harmonisch und es sah so aus, als ob mein Plan, alles sauber über die Bühne bekommen zu wollen und hauptsächlich auf die Interessen der Kinder zu schauen, funktionieren könnte. Die Kinder kamen alle 14 Tage, wir hatten eine chaotische Zeit, das Trennungsjahr lief. Es war im Juni, ich hatte Urlaub geplant, Fliegerurlaub. Ich war damals begeisterter Gleitschirmflieger und nach sechs Jahren Fliegerpraxis wollte ich meine Außenlandeberechtigung machen. Es war scheinbar perfekt. Ich plante, auf ein kleines Wohnmobil zu sparen, um meiner Leidenschaft nachkommen zu können. Das war damals für mich Freiheit. Geplant war, später die Kinder mitzunehmen, ganz klar. Doch wie so oft im Leben kommt es erstens anders und zweitens als man denkt.
Also, Fliegerkollegen eingepackt, von Freunden den Bus geliehen und los gings in Richtung Alpen. Rauf auf den Berg, die Dummies beobachtet, Wetterbedingungen gecheckt. War nicht perfekt, aber es waren auch andere in der Luft und es sah gut aus. Fluggeil, wie ich war, Schirm gepackt und etwas rauf auf den Berg gelaufen, Schirm ausgepackt, flugfertig gemacht, Umgebung einige Minuten beobachtet, Wind, andere Flieger, alles ok. Also, gib ihm, Start. Ich laufe los, zieh den Schirm auf, Kappe steht über mir, letzter Check, abheben. Drei Sekunden später fühlte ich mich wie im Aufzug, ich war in eine Thermikblase reingestartet und die zog mich vertikal in die Höhe. Am Ende einer Thermikblase geht die Luft jedoch in derselben Geschwindigkeit nach unten, mit der sie vorher in die Höhe stieg. Als mein Schirm zur Hälfte durch den Blasenrand war, ist er zusammengeklappt. Mich hat‘s gedreht und es ging unweigerlich in Richtung Berg zurück.
Dieser Augenblick, wenn dir voll bewusst ist, dass jetzt alles auf einer Karte liegt, jede noch so kleine Entscheidung über Leben und Tod entscheidet. Dieser Moment ist unbeschreiblich. Plötzlich fallen alle Blockaden, ungeschriebenen Gesetze, Regeln, Vorgaben, kurz ALLES fällt weg, als ob es das nie gegeben hätte. Nichts beeinflusst mehr deinen Verstand und auch das Zeitgefühl ist verschwunden. Ich hatte das Gefühl, ewig Zeit zu haben und mir in Ruhe überlegen zu können, was nun zu tun ist. Ich habe bemerkt, dass mein Rettungsschirm mir hier in nur 30 Metern Höhe nix hilft. Rücken und die Körperseiten kamen nicht infrage, zu zerbrechlich. Front sowieso nicht, so blieben mir nur die Beine. Die Entscheidung stand fest, Beine voraus. „Jetzt lernst du zu sterben oder dich ziemlich lädiert wieder aufzupäppeln.“, das waren meine Gedanken kurz vor dem Aufprall.
Klatsch, auf den Berg aufgeschlagen. Ziemlich unspektakulär. Offensichtlich war ich noch am Leben. Jetzt galt es zu gucken, ob das auch so bleibt. Ich war im Überlebensmodus, den kannte ich bereits sehr gut aus meinem Leben. Das gab mir Ruhe, Kraft und Sicherheit. Sofort kamen mir Kollegen zur Hilfe und riefen den Rettungshubschrauber. Der Notarzt musste mich erstmal vor meinem kippenden Kreislauf retten, zusätzlich meinte er: „Jetzt spürst du ein leichtes Kribbeln im Nacken und dann gehts dir gleich besser“. Ich wusste nicht, was er meinte, spürte aber ein leichtes Kribbeln im Nacken. In mir stieg kurz Panik hoch. Was passiert nun? Dann kam die Klatsche, das Morphium schlug zu. Ich bekam aber noch alles mit. Der Hubschrauber musste mich erstmal umsetzen, weil sie mich an der Einschlagstelle nicht einladen konnten.
Flug ins nahegelegene Krankenhaus, Tests, CT, Röntgen, bis ein Doc feststellte, den könnmer hier nicht zusammenflicken, der muss nach Murnau. Fünfzehn Tage Intensivstation. Und genau das war mein größtes Glück, denn die Unfallchirurgie in Murnau war damals gerade drei Monate alt und ein Vorzeigeprojekt der BG-Kliniken in Deutschland. Die haben mich wieder sehr gut zusammengespaxt. Dafür bin ich sehr dankbar. Es hat zwar über 25 OPs und mehr als zwölf Jahre gekostet, da zu sein, wo ich jetzt bin, aber jede Sekunde davon war es wert.
Nach einigen Monaten Krankenhausaufenthalt kam ich, per Rollstuhl, zurück in mein altes Leben. Es sollte noch ein Jahr vergehen, bis ich wieder kurze Strecken laufen konnte, zwar mit Schmerzen, aber immerhin. Wieder daheim fielen gleich die Ex, ihre Anwältin und das Jugendamt über mich her. Anwältin und Ex brüllten nach MÄÄÄHR und das Jugendamt drückte mir eine Liste mit meiner angeblichen Bringschuld in die Hand. Es war denen scheißegal, was ich hinter mir hatte, ich hatte zu liefern. Empörter O-Ton der Richterin: „Geld hat Mann zu haben!“. Jeder Mann, der mit dem Jugendamt zu tun hatte, weiß, was die für Briefe schreiben. Wenn sie sich im Recht fühlen, holen die sämtliche Paragrafen auf das Papier, wenn sie dagegen nichts in der Hand haben, sind sie scheiß freundlich und es kommt sogar das Wort „bitte“ in den Briefen vor.
Ich fing mit einer Wiedereingliederung bei meinem alten Arbeitgeber an. Sofort kamen Briefe der Gegenanwältin, mein Chef müsse belegen, dass er mir während der Wiedereingliederung kein Geld bezahlt bzw. er müsse genau darlegen, was er mir bezahlt. So ging der Terror weiter. Die Ex fing an die Papa-Wochenenden zu verplanen. „Die Kinder sind bei einem Geburtstag eingeladen, bei ihren Freunden. Das gönnst du ihnen doch bestimmt, wenn du deine Kinder liebst.“, siehe Artikel Emotionale Erpressung. Nach diesem Prinzip lief die folgende Zeit und keiner half mir, im Gegenteil. Das war die Zeit, in der ich auf die TFAQ stieß. Ich konnte das alles überhaupt nicht glauben, es ist schwer zu beschreiben. Das hörte sich alles so abgedreht und falsch an und ich war der Meinung, dass alle sicher nur das Beste und Vernünftigste im Sinn hätten. Das war und ist zu 100% falsch!
Alle Beteiligten wollen nur Zeit schinden und Geld verdienen. Es wird so getan, als ob alles richtig läuft und laufen wird, aber genau das Gegenteil ist die Realität. Die Ex versuchte offensichtlich, einen Keil zwischen die Kinder und mich zu treiben und es so aussehen zu lassen, als ob ich daran schuld wäre. Deswegen veranstaltete sie jedes Mal beim Zurückbringen der Kinder ein riesiges Drama, wegen nix und wieder nix, einfach so aus dem Ärmel gezogen, um des Ärgers willen. Mittlerweile weiß ich auch warum. Klassische Konditionierung. Verknüpfe ein Ereignis mit negativen Gefühlen und ein Mensch wird automatisch selbst davon ablassen.
Der Höhepunkt war das letzte Papa-Wochenende. Samstag früh um acht holte ich meine Kleine mit dem neuen Wagen ab. Die Autotür ging auf und die ersten Worte meiner Maus waren: „Wo sind deine Kontoauszüge, wie viel Geld verdienst du?“. Das Kind war damals sechs Jahre alt. Ich ignorierte ihre Fragen und versuchte das Thema zu wechseln. Aber ich merkte, irgendwas stimmt mit dem Kind nicht. Sie ist so verschlossen, verkrampft und irgendwas scheint massivst in ihr zu arbeiten. An diesem Wochenende kam ich nicht an mein Kind ran. Da half nichts mehr, auch kein Trampolin im Garten. Die wäre da sonst nicht vor drei Stunden runter. Ich fühlte mich so elendig hilflos und sah langsam, wie „kaputt gemacht“ die Kleine mittlerweile ist. Mir hat es das Herz zerrissen, als ich das erkannte, dass das arme Kind beschützt werden musste, aber alles, was ich sagte und tat, wurde von der Gegenseiten-Industrie immer absolut negativ geredet.
Abends wollte die Kleine ihre Mutter anrufen, was ich natürlich nicht verweigerte. Ihr ging es offensichtlich gar nicht gut. Sie erzählte ihrer Mutter, dass sie in ihrem Zimmer wäre zum Telefonieren. Ich entschied das Kind wieder zurück zur Mutter zu bringen, da es ja offensichtlich leidet. Also fuhr ich das Kind nach Hause. Kaum waren wir aus dem Auto ausgestiegen, brüllte die Kindsmutter wie von Sinnen vom Balkon: „Bist du noch ganz sauber das Kind ins Zimmer zu sperren, nur damit ihr in Ruhe fernsehen könnt!?“. Zu diesem Zeitpunkt war ein paar Straßen weiter Kirmes, deshalb waren sehr viele Menschen unterwegs, die das alles mitbekommen hatten. Am liebsten wäre ich hoch und hätte die Alte und die Bude zerlegt. Mit Blick auf meine Kinder hab ich es bleiben lassen, hab die Kleine daheim abgeliefert und bin wortlos gegangen. Sie wurde nun darauf konditioniert, dass ich schlecht bin. Drei Straßen weiter brach ich in Tränen aus und psychisch zusammen. Ich weiß bis heute nicht, wie viele Stunden ich im Auto Rotz und Wasser geheult habe. Ich fuhr heim und die Flasche Ouzo gehörte mir, auch in den nächsten Jahren sollte mir der Alkohol ein treuer Begleiter sein.
Mir war vollkommen bewusst, dass ich dagegen nicht ankommen würde, ich aber trotzdem einen Weg finden muss, die Kinder zu schützen. Und die Klatsche musste ich mir selbst geben. Ich beschloss sehr schweren Herzens, den Kontakt zu den Kindern abzubrechen. Es war die einzige Möglichkeit, sie vor mir zu schützen, damit ihre Mutter sie nicht mehr als Rache, Faustpfand und zur Erpressung gegen mich benutzen und damit die Kinder und mich psychisch zerstören kann.
Während ich diesen Bericht hier zusammentrage, habe ich oft minutenlange Heulkrämpfe. Mir zerreißt es noch immer das Herz, es ist die Hölle. Ich versuchte die folgenden Jahre alles Mögliche, um doch irgendwie Kontakt zu meinen Kindern zu bekommen, aber es war alles so hoffnungslos. Ich ertrug das nicht mehr und soff nur noch, nebenbei versuchte ich meinen kaputten Körper und die Psyche irgendwie am Laufen zu halten. Ich ging arbeiten, hatte mit meinen Unfallfolgen zu tun und bohrte mich durch die TFAQ.
Nebenbei versuchte ich aus diesem Gehirnnebel irgendwie rauszukommen. Ich klapperte einige Therapeuten ab, immer in der Hoffnung, irgendwer muss doch mal erkennen, was mit mir los ist und einen Hilfsansatz starten. Leider wurde ich von Anfang an in die Depressionsschublade gesteckt. Ich wunderte mich, warum nix anschlägt, das einzig Hilfreiche war die progressive Muskelentspannung nach Jacobson, doch selbst da brauchte ich zwei Jahre bis ich begriff, wofür das gut sein soll.
Einmal kam ich an eine Psychotherapeutin, eine Feministin. Die hörte mir drei Sitzungen zu und warf mir dann an den Kopf, dass ich nur einen Therapieplatz suche, um mich vor den Unterhaltszahlungen zu drücken. Immer schön mit dem Stiefel gegen den Kopf, danke für nix. Ich stand auf und ging, wortlos, ohne irgendeine Tür hinter mir zu schließen. Mein letzter Versuch war nochmal bei einem Psychiater, der war gleichzeitig Chef aller angesiedelten Therapeuten. Dem erzählte ich die Geschichte und bat um Hilfe. Same old Story, Wartelisten von drei Jahren und mehr. Ich versuchte es in den Nachbarlandkreisen und wurde auch da zurückgewiesen, weil die ebenfalls ewig lange Wartelisten haben und zudem niemanden aus einem anderen Kreis aufnehmen (wollen). Nun stand ich da, Körper kaputt, Psyche kaputt, komplettes (Sozial-) Leben kaputt.
Erst Jahre später schaffte ich es zum persönlichen „Great Reset“.
Zuerst machte ich eine Schmerztherapie. Die war gut und ich lernte einiges über die Schmerzproblematik. Ich hatte nämlich Dauerschmerzen seit dem Unfall. Für die Erfahrenen unter euch, ich stand früh mit einem Schmerzzähler von 1-3 schon auf und mit jedem Schritt erhöhte sich dieser Zähler. Abends war ich meist bei 6-7, oft bis ich kotzte vor Schmerzen. Dementsprechend warf ich alles Mögliche ein.
Nachdem niemand Brauchbares zur Unterstützung zu finden war, nahm ich die Sache mal wieder selbst in die Hand. Zuerst knöpfte ich mir die Schmerzmittel vor. Der Morphium-Entzug war noch relativ einfach, es folgte ein Entzug von Opiaten, dann Tilidin, dann Alkohol. Ich hab mir in Holland etwas Cannabis besorgt, um die Entzugsproblematik zu dämpfen und den Rückfall zu sichern, da es von allem das kleinste Übel war. Das dauerte einige Jahre.
Dann verlor ich meinen Job, das war ein kurzer Rückfall. Ich soff wieder einige Zeit und packte dann erneut an, um da raus zu kommen. Ich suchte mir Rat bei Marc Aurel, Seneca, Epiktet, Epikur, usw., „Der tägliche Stoiker“ ist immer noch mein täglicher Begleiter. Ich fand viele Informationen über Seelenheilung und nebenbei versuchte ich wieder „in die Gesellschaft“ zurückzukommen.
Ich ging zu einer Organisation von Freiwilligen. Hier hatte ich eine Schulung bezüglich „Einsatznachsorge“. In dem einstündigen Unterricht hatte ich das Gefühl, der da vorne spricht die ganze Zeit von mir. Es ging um Traumatisierung, das war ich, exakt jeder vorgetragene Punkt war ich. Zuerst war ich geschockt und überlegte, ob ich mir da was zusammenspinne, aber nein, bei mehrmaliger Betrachtung des Themas sah ich immer mehr nur mich darin. Das war der Wendepunkt, auf den ich gewartet und unbewusst hingearbeitet habe. In mir wütete ein Trauma und niemand hat es erkannt. Für mich selbst war dieser Themenbereich nagelneu, mit sowas hatte ich sonst nie zu tun. Jetzt hatte ich meinen festen Punkt im Weltall, um den Hebel anzusetzen. Ich las alles, was es im Internet dazu zu finden gab, kaufte mir einige Bücher.
Ab diesem Punkt fing das ganze Konstrukt an zu bröseln. Ich erkannte immer mehr Blockaden, Programmierungen, Fehleinstellungen, Denkfehler, eingeredetes Denken, Manipulationen, Lügenkonstrukte, usw., usw. Ab jetzt konnte ich loslaufen und mich selbst reparieren. Ich bin ein sehr gutes Stück vorangekommen und ich werde noch weiter vorankommen. Ich werde es schaffen, wie ich bis jetzt alles geschafft habe.
Nun bin ich an einem Punkt, an dem ich mir jedes Mal sage: „Was soll jetzt noch kommen? Ich habe schon schlimmeres durchgemacht.“
Unterm Strich hat mir der Unfall mehr gegeben als genommen, aber die Scheidungsfolgen haben viel mehr kaputt gemacht, als es irgendwas anderes auf dieser Welt könnte.
Sapere aude!
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