• 17.11.2024

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Goldschniedel 4

klappe

» Artikel vom

Gastautor: Megatherium

Die Geschäfte sind bald erledigt, und Bödi schlendert durch die Stadt und hängt alten Erinnerungen nach. Im Hafen glaubt er seinen Augen nicht trauen zu können: Das ist doch sein alter Bananendampfer, mit dem er damals als Steward die Überfahrt gemacht hat! Gerade werden mit Hilfe eines Krans wasserfest verpackte Zementsäcke auf Deck gestapelt, alles deutet auf eine baldige Abfahrt hin. Während Bödi noch verwundert staunt, ruft nahebei ein alter Seebär:

"Ich glaub, mich spritzt der Klabauterbach! Das ist doch der Bödi, der alte Ficker!"

Bödi fährt herum und sieht sich seinem damaligen Kapitän gegenüber, um einiges gealtert, aber er ist es tatsächlich.

"Na, mein Jung," begrüßt er den gewesenen Steward, "willst du wieder anheuern? Morgen laufen wir aus!"

"Aber, Kapitän, Sie wollen doch nicht sagen, dass Sie immer noch zur See fahren?"

"Freilich mach ich das! Da habe ich wenigstens Ruhe vor meiner Alten. Und die Mädels drüben sind auch heute nicht zu verachten. Denkst du noch manchmal an die Rosa, he?" Er stößt Bödi leicht den Ellenbogen in die Seite. "Was die von dir geschwärmt hat!"

Bödi wimmelt ab. "Das ist doch schon 50 Jahre her." Um abzulenken, fragt er mit Hinweis auf die Arbeiten an Deck: "Sind Sie nicht mehr im Bananengeschäft?"

"Aber ja doch. Anders als die Rosa, die hat sich vom Bananengeschäft längst zur Ruhe gesetzt. Wir nehmen alles mit, was drüben gebraucht wird: Werkzeug, Maschinen, Ersatzteile. Sonst würde sich die Fahrt gar nicht mehr rechnen, allein schon wegen der hohen Treibstoffpreise."

Bödi denkt an seine Yacht und kann nur zustimmen. "Wird der Zement nicht verdorben, bis er drüben ist? Das Seewasser wird ihm doch zusetzen, wenn er auf Deck gelagert ist."

"Verdorben wie die Rosa, meinst du? Nein, da kommt noch eine Plane drüber, wir lassen das vom Fachmann machen. Ist ein Sonderauftrag, das Zeug soll unbedingt auf Deck gelagert werden. Die Passagiere wird es nicht stören."

Bödi ist erstaunt. "Passagiere auf dem alten Kahn?"

"Ja, warum denn nicht? Wir haben dafür ein wenig umgebaut, damit die Damen sich wohlfühlen." Der Kapitän flüstert vertraulich: "Unter uns, die vier Verflossenen von Goldsniedel sind auch darunter. Wir haben es im Fernsehen gesehen, als die sich in die Wolle gerieten. Wat hebbt wi gelacht!"

"Was wollen die denn drüben?" rätselt Bödi, "woher haben sie das Geld für die Überfahrt? Von Goldschniedel kann es ja bekanntlich nichts geben."

"Das weiß ich auch nicht, aber bezahlt haben sie alle vier. Sie haben gesagt, dass sie den Verdacht hegen, der Goldsniedel hätte sich nach drüben abgesetzt. Wie sie darauf gekommen sind, weiß ich auch nicht. – Na, wie sieht es aus, min Jung, willst du mitkommen?"

Bödi ist unentschlossen. "Also, ich weiß nicht -"

"Keine Bange, als Steward brauchst du nicht wieder anheuern, da hab ich jetzt gleich vier für die Arbeit. Seltsame Kerle sind sie ja schon, aber unter Seemännern kommt das häufig vor."

Bödi lässt sich überreden, und am nächsten Tag sticht der Bananendampfer in See – Bödi ist nicht mal mehr erstaunt, als er in der Besatzung die alten Kameraden von damals erkennt.

Die vier Stewards sind wirklich seltsame Gestalten. Jeder führt ein Handwerkszeug mit sich, nach dem er auch benannt wird: Klappstuhl-Abdul, Hantel-Hakan, Rummel-Rudi (dieser den Bremsklotz einer Schiffsschaukel) und Machete-Mbele. Eines Nachts lustwandelt Bödi auf Deck, um frische Luft zu schöpfen. Jedes Mal, wenn er an einer der Kabinen von Goldschniedels Echsen vorübergeht, hört er merkwürdige Dinge.

"Nimm den Klappstuhl, Abdul!" Prügelgeräusche folgen, und gleich darauf ein selig säuselndes: "O, Abdul!"

„Na, wenn es ihr gefällt“, winkt Bödi ab, „da habe ich schon ganz andere erlebt.“

Gleich daneben: "Bitte nicht mit der Hantel, Hakan – aus, aua, aua!" Bödi geht kopfschüttelnd weiter.

Dann: "Lansam, Rudi, lansam!" „Bei der hat Goldschniedel zu viel Rücksicht genommen“, urteilt Bödi.

Und zuletzt: "Spieß mich auf deine Machete, Mbele!" Das folgende lustvolle Stöhnen verrät Bödi, auf welche seiner beiden Macheten er die Schöne gespießt hat. „Ich glaube, es ist besser, wenn ich mich wieder in die Koje haue!“

Jede Nacht das gleiche Spiel, nur die Verteilung der vier Stewards in den Kabinen wechselt. Als Bödi gesprächsweise dem Kapitän gegenüber die Situation erwähnt, meint dieser: "Also, ich glaube, die haben nicht richtig zugehört, als ich ihnen die Aufgaben eines Deckstewards erklärte."

Später erfährt Bödi, was die vier eigentlich aufs Meer getrieben hat. „Der verfluchte Goldschniedel hat unseren Weibern den Kopf verdreht“, erzählt Klappstuhl-Abdul, „eines Tages sind sie auf und davon!“

„Seid doch froh, dass ihr sie los seid“, tröstet Bödi, „Frauen, die weglaufen, taugen ohnehin nichts.“

Hantel-Hakan hat plötzlich ein Messer in der Hand, fuchtelt damit vor Bödis Gesicht herum und brüllt: „Isch disch Messer, Kartoffel!“

Bödi als ausgewiesener Gentleman bewahrt die Contenance und bemerkt ruhig: „Ich bin keine Kartoffel, sondern Schweizer.“

Hantel-Hakan guckt blöde, denkt nach und brüllt alsdann: „Na gut, dann isch disch Messer, Käsefondue!“

„Was habe ich denn Falsches gesagt?“ fragt Bödi. Rummel-Rudi erklärt: „Frauen haben nicht einfach so wegzulaufen, sondern zu warten, bis sie davongejagt werden. Das haben unsere nicht gemacht, deshalb suchen wir sie und werden sie derb züchtigen, sobald wir sie gefunden haben.“

„Wie kommt ihr denn darauf, dass sie in Mittelamerika sein könnten?“

„Gerüchte“, sagt Rummel-Rudi, „es heißt, Goldschniedel sei dorthin unterwegs oder sogar schon drüben. Und da sie ihn suchen, werden wir sie dort am ehesten finden.“

Weit draußen auf See sichtet der Ausguck eines Tages ein seltsames Gefährt. Es ist ein Floß, das vollständig aus teils vollen, teils leeren Weinflaschen gebaut ist. Als einziger Passagier befindet sich ein Chefarzt darauf, der voll seines Reiseproviants ist und nur noch lallen kann. „Leider keine Prise“, sagt der Kapitän, lässt das Floß ins Schlepp nehmen und den Chefarzt ausnüchtern. Schließlich kann dieser seine Geschichte erzählen. Der emeritierte Chefarzt hatte in seiner Villa unvorsichtigerweise eine ukrainische Krankenschwester einquartiert, die nach einiger Zeit von Goldschniedels Millionen zu schwärmen anfing. Auf seine Ermahnungen hin, das zu unterlassen und sich gefälligst ihm zu widmen, wie es vereinbart sei, erhob sie Falschbeschuldigungen gegen ihn. Da der Chefarzt die Verhältnisse des Landes kennt, beschließt er zu verschwinden. Es gelingt ihm vor Eintreffen der Polizei gerade noch, den Weinkeller auszuräumen. Am Strand bastelt er aus den vielen Flaschen ein Floß und schifft sich nach Mittelamerika ein.

Das Ziel der Reise ist nicht mehr weit, als Bödi nahe der Küste ein auf dem Wasser treibendes Rumfass entdeckt, auf dem bewegungslos ein Mann liegt. Er macht den Kapitän darauf aufmerksam. „Dem sollten wir helfen, ehe er noch Haifutter wird!“

Der Kapitän schaut sich um und erwidert: „Nee, min Jung, dat wird nichts. Da können wir nichts tun.“

„Wieso nicht?“

„Das Fass schwimmt hinter dem Riff, das sich hier die Küste entlangzieht. Bei dem jetzigen Wasserstand ist es für uns unmöglich, ein Boot rüberzubringen – und auch wieder zurück, dann noch mit dem Fass. Selbst bei Flut wäre das nur schwer zu machen.“

Bödis traurige Miene falsch deutend fügt er hinzu: „Mach dir nichts draus, dem wird nichts passieren. Wir sind nicht mehr weit vom Zielhafen, und an der Küste gibt es Fischerdörfer, da wird man sich schon um den Schiffbrüchigen kümmern.“

"Trotzdem schade um das volle Fass", meint Bödi.

"Ja", stimmt der Kapitän zu, "wäre eine schöne Prise gewesen. Der gute Rum!"

Szenenwechsel in die Villa Pornoma! Die Putzkolonne hat ihre morgendliche Arbeit beendet und verlässt das Anwesen. Die ersten Freien Männer kommen an, gehen aber nicht durch die Eingangstür, wo Lorenzo der Portier wacht, sondern nehmen einen unauffälligen Seiteneingang, auf dessen Glastür „Buen Retiro“ zu lesen ist. Darunter steht: „Kein Zutritt für Frauen!“ Von der Terrasse aus führt ein Weg direkt hinunter zum Strand. In diesem Rückzugsraum ruhen die Kämpen vom Gefecht auf blumigen Gefilden aus, bereiten sich auf ein solches vor oder sind einfach zum Glotzen und Quatschen da. Die besondere Attraktion ist ein riesiger Bildschirm, auf welchem das Foyer der Villa gezeigt wird, sobald ein Besucher dort eintritt. So können die freien Männer beobachten und auch zuhören (natürlich fehlt ein Mikrofon am Empfangstresen nicht) und sich amüsieren, wenn Jane Leatherskin mal wieder einen Bock (oder gar einen Baerbock!) schießt. Pöbel-Lerby tut so, als bemerke er diese eigenmächtige Installation nicht. Die ersten Besucher sind also da, lassen sich von Kellnern den morgendlichen Cognac, Whisky usw. kredenzen und zünden ihre erste Zigarre an.

"Wo ist denn der Chef?" fragt einer.

"Der lässt sich heute später sehen. Gestern Abend erwähnte er, dass er den Vormittag zum Hupentest muss. Ist wohl was mit dem Auto nicht in Ordnung."

"Ja, bei dem Verkehr hier in der Stadt brauchst du das, sonst bist du aufgeschmissen. Die fahren alle wie die Henker!"

"Und die rücksichtslosen Radfahrer erst!"

"Was willst du denn vom Chef?"

"Ich wollte wissen, wann die Saftschubse in ihrer adretten Flugbegleiteruniform wieder hier landet."

"Willst du dich in die Warteliste eintragen?"

"Nein, dazu ist sie mir viel zu betagt! Neulich hat die siamesische Saftpresse mir erzählt, dass bei solchen Gelegenheiten das Röhren des Chefs auf dem ganzen Anwesen zu hören ist, sogar im Weinkeller und im Bootshaus unten am Strand! Die Akustik muss unbeschreiblich sein! Das wollte ich mir mal anhören."

Ein neuer Gast tritt ein. "Moin, Männers! Gestern Abend war hier vielleicht was los!"

"Dann erzähl mal, wir waren gestern den ganzen Tag über nicht hier."

"Einige Zeit nach Mittag kommt Megatherium, das alte Riesenfaultier, an und bucht bei der alten Lederhaut draußen die flotte Lotte, weil es diesmal pressiert, wie er sagte."

"Ach, die flotte Lotte, die Quickiequeen. Inhabergetestet und mit einem Eintrag im Guinness-Buch der Rekorde. Ja, bei der bist du in einer Minute durch."

"Von wegen! Megatherium war den ganzen Nachmittag und Abend bei ihr, ein Dutzend andere Kunden mussten abgewiesen werden."

"Megatherium ist eben ein großer Ficker", urteilt einer.

"Also, so gegen neun Uhr wurde es dem Chef zu bunt. Er geht der Sache auf den Grund und muss feststellen – er hat die Zeit persönlich gestoppt! –, dass er für einen Stoß eine volle Minute brauchte!"

"Ja, das ist schon heftig, Rein und Raus in einer Minute!"

"Nein, eine Minute für Rein und dann die gleiche Zeit für Raus! Romeo und Julio haben ihn zum Tor geschleppt und rausgeworfen. Lorenzo der Portier hat Anweisung, ihn künftig schon an der Tür abzuweisen."

In das allgemeine Gelächter fragt einer: "Und was hat das Riesenfaultier dazu gesagt?"

"Für euch heiße ich ab jetzt MESAtherium!"

"He, Leute, es geht los!"

Tatsächlich: Der Bildschirm schaltet sich ein und zeigt den Empfangstresen mit der Schwabenmeersirene dahinter, wie sie gerade eifrig einen Text auf ihrem Schlaufon tippt. Der Besucher ist noch nicht zu sehen. Wer ist dieser Besucher, was ist sein Begehr? Und was geschieht an diesem Tage noch in der Villa Pornoma? All das erfährt der geschätzte Leser in der nächsten Folge!



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