• 15.03.2024

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Sternstunden

sternlein

» Artikel vom

Gastautor: Max

Es wird jeden Tag dunkler. Das war bisher immer etwas Negatives, doch mit dem richtigen Hobby muss das nicht mehr schlimm sein. Es geht um die Astronomie. Ein etwas ungewöhnliches Hobby. Eines, welches man am besten in der Dunkelheit und fern ab jeglicher Zivilisation ausführt. In diesem Artikel beschreibe ich meinen Weg zu den Sternen. OK, etwas hoch gegriffen, genauer gesagt erzähle ich euch, wie ich zu diesem Hobby gekommen bin und warum ich dabei geblieben bin.

Astronomie wollte ich schon länger betreiben. Ein netter Kollege hat mich auf dieses Hobby aufmerksam gemacht. Ich habe es jedoch jahrelang auf die lange Bank geschoben, es gab eben immer etwas Spannenderes. Aber dann kam der Lockdown 2020. Nichts konnte ich mehr machen. Da dachte ich, Astronomie wäre genau das richtige Lockdown-Hobby.

Angefangen habe ich mit einem Teleskop, was ich von einem bei Ebay Kleinanzeigen gekauft habe. Es war ein Newton-Teleskop auf einer wackeligen Äquitorialmontierung. Ein was, auf was? Egal, am Anfang ist das auch egal, ich wollte sehen, ob das Hobby überhaupt etwas für mich ist. Damit habe ich jedenfalls etwas herumgespielt. Und ja, das war etwas für mich! Das Einblickverhalten eines Newtons hat mir jedoch nicht gefallen, genauso wenig wie die wackelige Montierung (das Wesen der mysteriösen Montierung erkläre ich euch später), also habe ich mich entschieden, ein besseres Setup zu kaufen.

Mein erstes richtiges Teleskop Setup. Wie toll! Ja, dachte ich. Es wurde dann ein Spiegelteleskop auf einer Skywatcher EQ5 Montierung. Stolz wie sonst noch einer war ich! Ja, bis ich es daheim zum ersten Mal aufgebaut habe. Mann war das aufwändig. 20 Minuten bis das Teil stand. Und schwer ist es. Ja, ich bin gleich in zwei Fettnäpfchen getreten, die Anfänger eben machen. Zu schwer und zu ambitioniert gekauft. Gewicht insgesamt 20kg. Wer jetzt denkt, "Ach, das drücke ich jeden Morgen im Fitti weg", Das ganze Teleskop hat eben nicht eine symmetrische Gewichtsverteilung und auch keine gepolsterte Hantelbank darunter. Sprich, es ist verdammt unhandlich. Speziell, wenn man es kilometerweit an einen dunklen Ort schleppen muss. Ein echter Dealbreaker, wie man heute sagen würde. Ich habe es trotzdem versucht. Alles in eine Sporttasche gesteckt und losgelaufen. Oje, von den Rückenschmerzen kann ich euch heute noch erzählen. Ja, vollbepackt mit Teleskop in der einen Tasche und Stativ in der anderen, auf dem Weg zu einem dunklen Ort. Auf dem Weg dahin bin ich von ganz alleine ins Philosophieren gekommen, ob nicht ein oder zwei Nummern kleiner auch gereicht hätten. Letztendlich war das erste Setup ein Schuss in den Ofen. Viel zu schwer. Und damit gesehen habe ich auch nicht viel.

Nichts gesehen! Nein, das stimmt nicht ganz. Gesehen habe ich mit meinem ersten schlechten Setup schon etwas. Nur nicht das, was ich eigentlich sehen wollte. Als Anfänger habe ich mir vorgenommen, den Messier Katalog durchzunehmen. Herr Messier war ein Astronom, der im 16. Jahrhundert alle ungewöhnlichen Himmelsobjekte gesammelt hatte. Als Anfänger ist man gut beraten, dessen Katalog abzuarbeiten. Es sind dort die interessantesten, einfachsten und hellsten Objekte am Nachthimmel verzeichnet. Es war nur maximal unbefriedigend, das ganze schwere Teil ins Auto zu schleppen, an einen dunklen Punkt zu fahren, zig Minuten auf - und ebenso lange abzubauen - nur um dann fast nichts zu sehen. Stundenlang habe ich versucht, die schwach leuchtenden Galaxien zu finden. Nichts! Nichts zu sehen. Heute weiss ich, warum. Nachdem ich allabendlich aufgegeben hatte, habe ich eben meine Standard-Himmelstour durchgeführt: zuerst die Plejaden, ein schönes Sternentstehungsgebiet. Danach rüber geschwenkt zum Planeten Mars, als ein deutlich rotes Scheibchen zu sehen. Dann noch weiter geschwenkt zum Sirius, der hellste Stern am Nachthimmel. Durch die Atmosphäre scheint er ständig hin und her zu hüpfen. Und zum Schluss hatte ich immer zum Mond geschwenkt. Ein massives Teil am Nachthimmel. Speziell im Teleskop beobachtet. Mit seinen unzähligen Kratern ein wahrer Genuss beim Beobachten. Jedoch auch sehr hell. Und da ist auch schon die Erklärung, warum ich die schwachen Galaxien nicht entdecken konnte. Der Mond mit seiner Helligkeit hat sie einfach überstrahlt. Ein Fakt, den ich damals einfach nicht gewusst hatte. Bei Vollmond sind die schwachen Objekte am Nachthimmel eben nicht sichtbar.

Der Auf- und Abbau von dem schweren Teleskop war für mich jedoch unakzeptabel. Das ganze Hobby schien für mich einzustauben. Aufgeben kam für mich bei diesem Hobby jedoch nicht infrage. Weshalb ich nochmals tief in die Geldbörse gegriffen habe und mir ein leichteres Teleskop beschafft habe. Komplett, mitsamt kleinerer und leichterer Montierung. Es wurde dann ein leichter Refraktor (90mm Öffnung / 500mm Brennweite / 3,5kg Gewicht), als Montierung habe ich mir einen Videoneiger zugelegt. Zusammen mit einem Kamerastativ, gebaut mit leichtem Alu-Material. Das alles passte dann in einen Fotorucksack. Gesamtgewicht 15kg, durch den Rucksack konnte ich es auch längere Strecken herumtragen. Und genau diese Gewichtseinsparung hat dann für mich den Durchbruch gebracht. Ich erinnere mich gerne daran, wie ich damit in 5 Minuten einsatzbereit war und damit den halben Messier Katalog durchgearbeitet hatte. Überall, wo ich hin schwenkte, war irgendein interessantes Objekt. An ein Erlebnis erinnere ich mich besonders. Eines schönen Morgens wollte ich die Planetenparade erleben. Ein Begriff, den man benutzt, wenn alle Planeten auf einmal zu sehen sind. Dazu hatte ich mein kleines Teleskop auf meinem Balkon aufgebaut. Der Himmel war schon blau, also keine Sterne mehr zu sehen. Aber dank modernster Beschleunigungssensoren im Smartphone und der App SkEye konnte ich treffsicher zu den Planeten schwenken. Und sie waren tatsächlich alle da. Mars hatte ich schon zuvor gesehen. Jupiter, ganz klar grösser, mit seinen vier Monden. Und Saturn mit seinem Ring. Was war ich aus dem Häuschen, die Planeten direkt von meinem Balkon aus zu sehen.

Ein Fernglas habe ich mir gekauft. Generell bin ich der Meinung, jeder Mann sollte ein Fernglas besitzen. Und es ist eine andere Art, dem Hobby zu frönen. Vor allem leichter und einfacher ist es. Von ehemals 20kg auf etwa 1kg Gewicht. Ich nehme es mit raus, lege mich in den Klappstuhl (mit Armlehne, ganz wichtig) und geniesse die Sternenpracht. Ja, man sieht nicht so detailreich. Die hohen Vergrösserungswerte beim Teleskop tauscht man beim Fernglas durch ein weites Feld aus. Ganze Sternbilder passen in das Gesichtsfeld eines Fernglases. Aber hauptsächlich ist es einfacher. Wenn ich im Klappstuhl liege und durch das Sternenmeer segle, entdecke ich ab und an kleine milchige Fleckchen. Das sind Galaxien oder Sternhaufen. Es liesse sich auch einfach in den Apps nachschlagen, welche es sind, mache ich jedoch nicht. Ich geniesse deren Existenz und ziehe weiter am Himmel. Wenn ich keine Lust mehr habe, stehe ich auf und gehe heim. So einfach ist das. Später hatte ich mir das bildstabilisierte Canon IS 15x50 gekauft. Und es ist eine Offenbarung. Durch die Bildstabilisierung stehen die Sterne wie ausgestanzt am Himmel, das Seherlebnis ist nochmals gesteigert. Eine Auflage benötige ich trotzdem, 1kg ruhig Überkopf in der Hand halten geht sonst nicht. Der Klappstuhl mit Armlehne schafft hier Abhilfe, weswegen dieser auch einer der wichtigsten Utensilien in diesem Hobby ist.

Was sieht man mit dem Fernglas? Wer damit im Sonnensystem bleiben möchte, nimmt am besten die grössten sichtbaren Planeten ins Visier. Jupiter ist mit seinen vier galileischen Monde ganz einfach zu sehen. Dessen Monde drehen sich recht schnell und sie stehen jede Nacht an einer anderen Position. Herr Galilei hat die Monde vor etwa 400 Jahren entdeckt, mit einem der ersten Fernrohre der Welt. Diese Entdeckung könnt ihr heute schon mit dem billigsten Fernglas nachvollziehen. Saturn ist ebenfalls ein Blick wert. Ihr werdet den Planeten eher als ein Stern mit Ohren wahrnehmen. Die Ohren sind dessen Ringsystem, viel mehr ist an daran auch nicht zu sehen. Morgens oder Abends taucht die Venus auf, deren Sichelform - je nach Stellung zur Sonne - ist ebenfalls beeindruckend. Dann im Winter sind die Plejaden formatfüllend zu bestaunen. Es sind recht junge Sterne, dessen blaues Licht einen magisch in den Bann zieht. Sehr beeindruckend ist auch die Andromeda. Für Anfänger schwer zu finden. Falls gefunden, schiebt sich ein massiver milchiger Fleck ins Gesichtsfeld. Es ist besonders beeindruckend, da ihr dann gerade auf 100 Milliarden Sterne in einer anderen Galaxie blickt. Und den Mond könnt ihr ansehen. Natürlich. Der Mond ist immer für euch da. Bei Halbmond kann man am Terminator - dessen Tag/Nacht Grenze - entlang fahren und die Krater sehen. Bei Vollmond sind die grossen dunklen Mondmeere beeindruckend. Wenn gerade Wolken über den Himmel ziehen, sieht der Mond besonders mystisch aus. Dann kann ich mir jedes Mal bildlich vorstellen wie die ganzen antiken Geschichten rund um den Mond entstanden sind.

Der Weg zur Astrofotografie

Eine automatisierte Montierung habe ich mir gekauft. Es wird empfohlen, diese so stabil und schwer wie möglich zu kaufen. Im Gegensatz dazu habe ich mir die Skywatcher AZ-GTi gekauft. Prinzipiell die leichteste und billigste Montierung, die es überhaupt gibt. Damit habe ich etwas herumgespielt und es sind ab und zu tatsächlich brauchbare Bilder herausgekommen. Allerdings ist die Astrofotografie deutlich aufwändiger als einfach im Automatikmodus auf den Auslöser zu knipsen, wie bei einer normalen Kamera. Hier ist noch viel Handarbeit gefordert. Am besten geht dies mit einer parallaktischen Montierung, welche automatisch mit Schrittmotoren die Himmelsdrehung ausgleicht. Diese muss auch eingenordet werden. Einfach gesprochen, genau auf den Polarstern zeigen. Und das ist das erste Hindernis. Durchs Teleskop geschaut, sehen alle Sterne gleich aus. Welcher davon ist nun der Polarstern? Dann ist es mit einem einzigen Foto nicht getan. Um ein wirklich gutes Foto zu machen, muss stundenlang belichtet werden. Das ganze gesammelte Bildmaterial muss daheim zusammengefügt werden. Das macht glücklicherweise heute die moderne Software. Aber sie muss bedient werden. Wer rein visuell unterwegs ist, der hat ein, zwei Stunden Spass, packt sein Zeug ein und kann einen Schlussstrich setzen. Das ist bei Fotografie nicht so. Und die ganzen Computerprobleme erst. Was musste ich mich da wieder aufregen? In der einen Nacht war das USB-Kabel zu kurz. In der nächsten war es wiederum zu lang. Dann funktionierte eine Software nicht oder die Kamera stürzte aus unerfindlichen Gründen ab. Alles Probleme, die man nicht hat, wenn man einfach visuell durchs Fernrohr schaut. Einen Vorteil hat es aber, die Kamera sieht mehr. Diese kann länger belichten als das menschliche Auge. Bei einem 30s lang belichteten Bild sind dann schon weit entferne Galaxien abgebildet, die visuell nur ein milchiger Fleck wären. Durch den Detailreichtum der Bilder bleibe ich auch bei der Astrofotografie.

Was gibt es mit dem Fotoapparat zu sehen? Hier steht einem nahezu das ganze Universum offen. Man kann bei geringer Brennweite das Milchstrassenband fotografieren. Mein erstes Bild von dieser hatte ich mit meinem 14mm Kameraobjektiv gemacht. Mein Teleskop hat 500mm Brennweite und damit sind auch alle Messier Objekte drin. Von Nebelgebieten, über Sternhaufen, bis hin zu Galaxien. Meine Lieblingsobjekte sind die Galaxien. Ich freue mich immer wieder wie ein kleines Kind, wenn das erste Bild der Belichtungsreihe angezeigt wird und darauf eine kleine Galaxie in hunderten Millionen Lichtjahren Entfernung zu sehen ist. Hundert Millionen Lichtjahre sind jetzt nicht gerade wenig. Und dieses Licht von diesen entfernten Galaxien kommt immer noch zu mir und fällt in mein Teleskop auf dem Balkon. Der Balkon ist auch der Hauptbeobachtungsort. Er ist eben am einfachsten zu erreichen und das warme Bett ist direkt in der Nähe. Mittlerweile habe ich mein Equipment weitestgehend automatisiert. Es nimmt in der Nacht die Objekte auf während ich in der warmen Bude schlafe.

Max, du hast mich überzeugt! Was für ein Teleskop soll ich mir nun kaufen?
Falls du jetzt tatsächlich in das Hobby einsteigen willst, gebe ich dir freilich ein paar Tipps. Die Wahl des Teleskops gehört nicht dazu. Es ist auch nahezu egal welches du dir kaufst. Man kann mit allen Spaß haben. Es sind andere Details, die einem das Hobby einfach machen. Das Wichtigste ist in diesem Hobby warme Kleidung und eine gute Taschenlampe. Falls du, wie ich, die letzten zwanzig Jahre abends nur daheim gesessen bist, dann ist das Folgende neu für dich: Nachts ist es dunkel. Und kalt meistens noch dazu. So dämlich es klingt, manche rechnen nicht damit. Das Nächste ist ein guter Beobachtungsort. Dieser sollte möglichst dunkel, ruhig und leicht zu erreichen sein. Und das ist ein Ding der Unmöglichkeit in unserer urbanen Gesellschaft. Ich beobachte mittlerweile nur noch auf meinem Balkon. Obwohl mich dabei zig Strassenlaternen ins Auge blenden. Es ist einfach am einfachsten und die warme Stube ist schnell erreicht. Anfangen würde ich wieder mit einem billigen Teleskop. Kälte, Dunkelheit, Müdigkeit, damit schlägt man sich zuerst in diesem Hobby herum. Vielleicht ist es nichts für dich. Finde erst einmal heraus, ob die äusseren Gegebenheiten etwas für dich sind. Vielleicht ist ein Fernglas etwas für dich. Null Aufwand zum Aufbauen, einfache Bedienung. Viele glauben, damit sieht man doch nichts. Nein, damit sieht man viel, wie weiter oben erwähnt. Die Einstiegshürden sind mit einem Fernglas auf nahezu Null gesenkt. Keine Zeitverschwendung mit Aufbau, es ist leicht und relativ günstig. Ausserdem könnte man damit heisse Nachbarinnen ausspannen. Da wir alle edle Männer sind, verbietet sich das jedoch von selbst. Astrofotografie würde ich als Anfänger auf die lange Bank schieben. Du ärgerst dich mit Problemen herum, die du vorher nicht einmal für möglich gehalten hattest. Das schlaucht. Wenn du das gemeistert hast, erschliessen sich dir Galaxien, die Millionen von Lichtjahren entfernt liegen. Diese Objekte sind erst seit knappen 400 Jahren überhaupt bekannt. Heute kannst du das alles mit ziemlich billigem Equipment sehen.

Wenn ich dich wirklich von diesem Hobby überzeugt habe, freue ich mich demnächst auf deinen Beobachtungsbericht.

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