• 16.11.2024

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Nicht jeder ist gesund und nicht alle Krankheiten lassen sich mit 50km-Gepäckmärschen und kaltem Wasser kurieren, obwohl das einigen Genossinnen sicher guttun würde. Neben heilbaren Erkrankungen sind der große Lebensqualitäts-, Zeit- und Kostenfaktor die chronischen Krankheiten, an denen bereits 20 % der 30-39jährigen leiden. Sie steigen stetig mit dem Alter an, ab 70 ist die Hälfte der Menschen chronisch krank. Der Mensch ist eine ziemliche Fehlkonstruktion und wie er sein Leben gestaltet, ist offenbar auch ziemlich fehl orientiert.

Ein Thema, in dem ich zwangsläufig auch drin hänge, dank mistiger Allergien seit der frühen Kindheit, die später Asthma verursacht haben und anschließend noch ein typisches Frauenleiden, Migräne. Immer dann, wenn Unterhaltszahlungsaufforderungen kommen. Nein, das war Spaß, natürlich verursachen Unterhaltszahlungsaufforderungen keine Migräne, sondern gelöstes, breites Grinsen. Die gehen runter wie eine wirksame Kopfschmerztablette. Ein echter Migräneauslöser ist jedoch Alkohol. Glücklicherweise ist der leicht vermeidbar. Vielleicht sogar ein positiver Faktor, einen besseren eingebauten Alkoholikerschutz gibt‘s nicht. Wer nach mehr als einem Glas Stoff wenige Stunden später wimmernd im abgedunkelten Zimmer liegt und sich mit Hammerkopfschmerzen die Seele aus dem Leib kotzt, wird niemals viel trinken. Vielleicht brachte Migräne deshalb in der Vergangenheit sogar einen Überlebensvorteil, sie schützt vor Suff. Und so gibt‘s gelegentlich ein Glas vom eigenen Apfelmost oder sonst ein Leichtgetränk, aber nicht mehr. Richtig ärgerlich ist der zweite Hauptauslöser, nämlich körperliche Anstrengung bei sehr niedrigen oder hohen Temperaturen. Ärgerlich, weil ich nun mal gerne in meiner Hobbylandwirtschaft und beim Sport draußen tätig bin. Das ist schön, aber anstrengend. Weniger schön ist ein prompter Migräneanfall. Das schränkt stark ein.

Man kann sich mit dem eigenen defizitären Dasein abfinden (was eine Lösung ist) und als Entschuldigung für Dinge hernehmen, auf die man sowieso keine Lust hat (was keine Lösung ist, aber Vorteile hat). Solche Fälle kennt sicher jeder in seiner Umgebung. Dabei herrscht normalerweise ein permanenter Frauenüberhang, der es manchmal sogar ins Sprichwörtliche geschafft hat. Wer kennt nicht den Witz mit der „lustlosen“ Frau, die das mit rein zufällig passend einsetzender Migräne begründet?

Der freie Mann spart sich Ausreden und investiert in die Verbesserung seiner Situation. Erste Anlaufstelle wird die Schulmedizin sein, sofern man Arzttermine jenseits eines Hausarztes bekommt und verbessernde Therapien existieren - und bezahlt werden bzw. bezahlbar sind. Bei vielen chronischen Krankheiten ist das nicht der Fall, man bekommt dann nur Standardratschläge und Medikamente, um Symptome zu lindern. Wäre so eine Krankheit heilbar, wäre sie auch keine chronische Krankheit. Meistens kommt dann ein Punkt, an dem man doch wieder unzufrieden mit dem nicht zu verbessernden Ist-Zustand ist und sich umsieht, was sonst noch alles für Heilungsmöglichkeiten existieren, auch jenseits der engeren Schulmedizin. Beliebt und häufiger erster Versuch ist da zum Beispiel der Glaube an frei verkäufliche Wirkstoffe, irgendwelche Substanzen, Vitamine oder eine besondere Ernährung. Männer tendieren eher dazu, die Wirkstoffe oder Nahrungsergänzungsmittel zu schlucken, Frauen tendieren eher zu Ernährungsexperimenten. Und sie hoffen sicher noch, nebenbei ein paar Pfund abzunehmen. Aber man wird chronische Krankheiten leider nicht so flott los, wie eine Kohlsuppe durchs Gedärm rauscht.

Der Markt für Nahrungsergänzungsmittel boomt und weist seit Jahren 6 % Umsatzsteigerung pro Jahr aus. 2,1 Milliarden werden dafür ausgegeben. Besonders boomen Tonika, Generika und Immunstimulanzien und der Verkauf übers Internet. Verdient wird auch an Studien über solche Stoffe, die sich je nach Auftraggeber oft krass widersprechen. Rund um die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln brodelt die Pro- und Contra-Diskussion schon seit Erfindung der ersten Vitaminpille.

Hat man genügend lange etwas erfolglos eingenommen, fängt man häufig an, in den weiteren Jagdgründen jenseits der Basis-Schulmedizin zu suchen. Sogleich wird man erstaunt feststellen, dass in fast jeder Straße eine „Heilerin“ wohnt. Was da so alles angeboten wird, ist im wörtlichsten Sinne ziemlich irre. Beispiele aus meiner allernächsten Umgebung: Seelenreise, der schamanistische Weg, die ganze Bandbreite der Heilpraktikerei, Homöopathie, Schüsslersalze, Bach-Blüten, Hypnose, orthomolekulare Medizin, nicht-invasive Magnetfeldtherapie, Energiemedizin, Geistheilerin, Eigenblutbehandlung, Lichtheiler..., kaum zu glauben, was es alles gibt. Ein denkfähiger Mensch muss den Eindruck bekommen, dass einige Heiler selbst einen Arzt benötigen. Sogar um die Honigbienen hat sich ein ganzer Heilerzweig gebildet, Leute, die Apitherapie praktizieren. Dort gibt es durchaus, klinisch bewiesen, sehr erfolgreiche Anwendungen - und leider zu 80 % reine, manchmal lebensgefährliche, Scharlatanerie. Im Umfeld dieser Heiler treiben sich bevorzugt auch noch Strömungen wie die der Impfgegner herum. Das liegt schon nahe am Glauben an Chemtrails, Erdstrahlen, Horoskope, Gottesurteile.

Eines ist sehr auffällig, wird aber nirgends thematisiert: Die „Heilergemeinde“ ist sehr weiblich und je abgedrehter, desto weiblicher. Die typische Impfgegnerin und Homöopathiegläubige ist weiblich und eine teilzeitbeschäftigte Mutter mit viel Freizeit. Unter Heilpraktikern lag der Frauenanteil 2010 bei 74,1 %, mittlerweile noch höher. Die typische Heilpraktikerin hatte vorher einen anderen Beruf und ging über mehrere Jahre hinweg durch teure, jahrelange Kurse. Dieses Leben ließ sie sich von einem Ehemann oder Exmann finanzieren. Ein Musterbeispiel findet sich in einem Dorf, das unserer Gemeinde zugehörig ist. Unter den 300 Einwohnern gibt‘s sage und schreibe drei Heilpraktikerinnen. Eine war 15 Jahre lang Hausfrau in einem heruntergewirtschafteten Bauernhof, eine war ebenfalls Hausfrau, unterbeschäftigte Gattin eines Lehrers. Und schließlich eine, die selbst Beamtin war, mit einem sehr einfachen Job in der Rechtspflege. Nach der Scheidung, ohne neuen Lover (vermutlich mangels Abspeckwillen) und vielen Besuchen bei allerlei Heilerinnen, bekam sie schließlich selbst Lust auf so eine Tätigkeit. Auch die Leute, die dorthin gehen (bei Ärzten könnte man „Patienten“ sagen), sind mit deutlichem Übergewicht Frauen. Sogar wenn man die Substantive anders positioniert, stimmt der Satz.

Je mehr echte Qualifikationen und je solider die Therapien, desto mehr Männer wird man finden. Die wenigstens anfängliche Verbesserung einiger Leiden mittels Akupunktur ist zum Beispiel klinisch bewiesen. Als ich nun nach Ärzten suchte, die auch gut ausgebildete Akupunkteure sind, wunderte ich mich: Zwei Drittel der Namen auf der Liste einer Umkreissuche waren männlich. Genau das Gegenteil der Heilpraktikerszene, deren Prinzip oft auf „zuhören und die (homöopathische) Kugel geben“ hinausläuft. Je besser die Wirksamkeit einer Behandlungsmethode nachgewiesen ist, desto mehr Männer üben sie aus. Geht man zu Ärztinnen, sollte man sich das gut überlegen. So habe ich eine Dame in der Bekanntschaft, die sich in traditioneller chinesischer Medizin versucht - Ehefrau eines Siemens Managers, der nach China geschickt wurde. Aus Langeweile fing sie dort an, an Kursen teilzunehmen. Die Chinesen sind clever und verkaufen das eifrig an diese Zielgruppe, haben eigene Kursangebote auf Englisch für solche Damen kreiert. Wieder zu Hause kann man sich ein buntes Zertifikat an die Wand hängen, macht noch die Heilpraktikerprüfung, lässt sich vom Mann oder vom Unterhalt noch ein Praxiszimmer hübsch einrichten und schon wurde das Hobby zum Beruf.

Und ich habe immer noch Migräne. Was habt ihr schon in der Alternativmedizin erlebt?

P.

Weiterführender Link: TrennungsFAQ

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