• 16.11.2024

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Sweet Corona (2/2)

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» Artikel vom

Gastautor: Sepp Dingsbums (gewidmet an Brenzl)

Dann wachte ich auf. Das war doof. Nix mehr mit Unterhaltung, harte Realität....

Bin mehrere Tage so herumgeschwebt zwischen Wachsein und schlafen. Tracheostoma. Unter Tags geschlafen, nachts wach gewesen. Konnte kaum die Hände heben. Sprechen war nicht möglich.

Das waren 30 Tage im Koma. Nach der Intubation hat sich mein Zustand weiter verschlechtert. Ich wurde notfallmäßig in ein anderes KH verlegt, ECMO, Nierenversagen, Dialyse, Thrombose, Embolie. Auf den Röntgenaufnahmen aus dieser Zeit ist meine Lunge weiß.
Dort lag ich elf Tage, dann ging es wieder zurück „nach Hause“ in die Intensiv.
Von den 30 Tagen im Koma waren drei Tage kritisch. Von dem habe ich nichts, bis auf den oben beschriebenen Traum, mitbekommen. Easy, war alles so easy, so toll.

Ich bin jetzt einer von den 60%, die damals die ECMO und Intensivmedizin überlebt haben.

Nach dem Aufwachen begann das Dilemma. Neurologische Schäden, durch das Koma verursacht. Ein Gewichtsverlust von 25 kg. Muskelmasse, die Fettschürze ist geblieben.

Doof, jetzt strengt man sich an und überlebt den Krampf, dann bleibt einem das Fett. Ach ja, einen Katheter hatte ich auch noch recht lange.

Mit dem Aufwachen aus dem Koma begann für mich der schwierigste Teil mit dem Drecks-Corona.
Durch den Verlust der Muskelmasse und dem neurologischen Problem fiel mir alles schwer. Sogar das schlucken musste ich wieder lernen.

Das mit dem Tracheostoma ist nicht lustig. Es setzt sich zu und muss mindestens einmal am Tag gereinigt werden. Manche Pfleger machten das flott, andere halt gemütlich. Manchmal wurde mir die Luft knapp und ich zappelte. Daraufhin erhielt ich den Spitznamen „Der Hysteriker“.
War mir egal. Für das automatische Überwachen musste mir ein arterieller Zugang gelegt werden.

Das war ein Drama, lag an meinen Arterien, klein und schwer zu finden. Aber Doc Bayer und Doc Preuß haben das souverän hinbekommen.

Coole Männer, die auch unter Stress ruhig blieben. Allerdings, mutmaßlich nicht im Besitz einer Eisenpfanne. Schade. Für mich war das Legen des arteriellen Zugangs, sagen wir, etwas unkomod.

Meine Arme waren beide übel zerstochen. Die haben mir mal im Ernst eine Lernschwester zur Blutabnahme auf den Hals gehetzt. Mir war es egal, ihnen nicht. Die fanden hinterher kaum noch was, wo sie reinstechen konnten.

Die Pflegekräfte waren super. Sehr viele Männer und Frauen aus Kroatien. Ohne Kroaten hätte das Krankenhaus die Intensiv dicht machen können. Männer und Frauen mit einem Herz für Patienten. Die meisten haben, immer unter Zeitdruck, mehr gemacht als sie sollten bzw. durften.

Ein Pfleger, nennen wir in Ivan, hat sich rührend um mich gekümmert. Auf den ersten Blick ein Mann vor dem man sich fürchten könnte, aber ein Mensch mit einem sehr großen Herzen. Danke Ivan!!!!!!!!

Hatte allerdings auch ein andres, lustiges, Erlebnis. Ich war ja der Hysteriker und wollte irgendwas, wegen Atmung, von einer Pflegerin, in der Nachtschicht. Irgendwie hatte ich zu wenig Luft. Also schnallte mir die Pflegerin eine Inhalation an die Nase. Ist ja logisch, wenig Luft, der Patient braucht ’ne Inhalation. Half nicht bei meiner Atemnot. Geklingelt. Die Pflegerin kam und hat dann kurzerhand eine zweite Inhalation dazu gehängt. Panik bei mir. Sie meinte, doppelt hält besser. Ich, mit deutlich weniger Luft. Auf mein Läuten kam niemand. Ich konnte mich nicht bewegen und musste langsam und sehr kontrolliert atmen. Immer mehr Panik einerseits, auf der anderen Seite kontrolliertes Atmen. Nach zwei Stunden gelang es mir, den Arzt zu rufen. Der hat sofort gesehen, dass ich gewisse Nöte habe. Habe ihm auch gesagt das man mich versucht umzubringen. War eine sehr heiße Situation, hinterher habe ich mich beim Pflegepersonal entschuldigt.

Ganz langsam ging es mir besser, wurde auch von einem Physiotherapeuten betreut.

Ein lieber Mensch, Kroate, der es auch schaffte sehr gute Laune zu verbreiten. Allerdings, wenn er einen Rock sah, dann vergaß er die Zeit.

Also, es ging immer besser, der Katheter kam weg. Aufstehen war nicht, nur liegen, dämmern, träumen. Irgendwann konnte ich wieder lesen und habe hin und wieder eine Zeitung erhalten. Weihnacht kam immer näher, ein Platz in der Reha wurde gesucht. Nun kam auch das Tracheostoma raus, aber dafür gab es kein Platz in der Reha.
Das zog sich so über ca. 14 Tage hin und wurde immer dringender. Dann wurde ich aus der Intensiv „hinausgeworfen“ und kam auf die Normalstation, kurz vor der Verlegung musste ich zum ersten Mal aus dem Bett und aufstehen. Welch ein Aufwand, welche Anstrengung. Auch hier haben die Pfleger weit mehr geleistet als sie mussten. Tolle Menschen!!!

Die Normalstation war im Gegensatz zur Intensiv ein Abstieg. Immer noch bettlägerig. Nachdem es sich abgezeichnet hatte, dass ich einen Rehaplatz erhalten werde, wurde ich fit gemacht. Es gab da eine resolute Dame, nennen wir sie Frieda Webel, die teilte verbal aus und konnte gut einstecken. Die machte mich fit für die Verlegung in die Reha Klinik. Allerdings erst als klar war, dass es mit der Reha klappen würde. Nur keine unnötige Anstrengung. Aufstehen, stehen mit Stehhilfe, erste Schritte gehen. Gehen! Das funktionierte nicht mehr so richtig! Es war irgendein Geschleppe von Extremitäten.

Vier Wochen nach dem Aufwachen aus dem Koma ging es in den ersten Tagen des Januar 2022 in eine Rehaklinik. Dort ging es immer weiter aufwärts. Vom Bett in den Rollstuhl. Stehen lernen an der Sprossenwand, zwei Minuten können sehr lange und verdammt anstrengend sein. Dann erste Schritte. Auch hier hatte ich das Glück, dass ich eine Physiotherapeutin hatte, die meine Art von Humor teilte. Die meinte doch, dass ich wehleidig sei, und nicht so jammern sollte. Das Stück, der habe ich es gezeigt. Wir hatten Spaß.

Einer der ersten Highlights war das erste Eis! Die ersten Pommes!

Am Anfang war es in der Reha mit der Toilette nicht so einfach. Als erwachsener, alter Mann wurde ich z.B. von zwei Damen auf die Toilette gesetzt. Eine ältere Pflegerin und eine junge Frau im FSJ. Da stehst Du als alter Mann, der bis vor kurzem niemand gebraucht hat, und eine junge Frau, die gerade mal ein Drittel so alt ist, wie man selber. Groß, hübsch, attraktiv, das Leben und die Lust verkörpernd, freundlich, zieht einem die Unterhose runter. Die ältere hält Dich fest, damit Du nicht fällst. Diese Situationen waren so ziemlich die Schlimmsten, einfach entwürdigend. Gott sei Dank waren die recht bald abgestellt.

Interessant sind auch die Leute, die man so auf der Reha trifft und kennenlernt. Da stellt man schnell fest, dass man gar nicht mal so schlecht dran ist. Es gibt viel mehr, denen es deutlich schlechter geht, als einem selber.

Einer war Ende 60 / Anfang 70, hatte einen Schlaganfall hinter sich. Kräftig, stark, aber hat sich aufgegeben. Wenn ihn der Physiotherapeut scharf angefasst hat, setzt er seinen schwachen Fuß richtig ein. Ohne zu murren. War der Druck weg, war es ihm egal. War ihm wurscht, ob er seinen Fuß hinter sich herzieht. Er wohnt in einer Wohnanlage ohne Fahrtstuhl. Wie soll er die Treppen rauf und herunterkommen? Alles zwecklos, alles sinnlos. Hat sich aufgegeben, er komme aus seiner Wohnung nicht mehr heraus. Hauptsache Bundesliga im TV, oder Krimi, oder Bares für nix.

Ein anderer, hatte um das 20. Lebensjahr einen sehr schweren Autounfall. Die Folgeschäden sind unübersehbar. Jetzt ist er Mitte 50. Er wirkt manchmal aufdringlich, aber es ist seine Art, mit seinem Handicap umzugehen. Der kämpft, der will Spaß, leben, Freude, reden, laufen. Der totale Kontrast zum Vorgenannten.

Zum Schluss der Reha war ich in der Lage, mit Hilfe von Orthese-Schienen eine Strecke von so um die 2 km zu gehen. Ins Café zu Fuß und nicht im Rollstuhl.
Mittlerweile ist die linke Orthese-Schiene weg, rechts wird es sehr, sehr langsam besser, die Strecken, die ich gehen kann, haben sich auf 5 km erhöht. Oder zwei Stunden Tragezeit.

Die Fußheber sind immer noch geschädigt, rechts mehr als links. Autofahren wird irgendwann wieder gehen. Motorradfahren nie wieder. Radfahren werde ich dieser Tage wieder versuchen. Die Ausdauer ist wesentlich besser geworden, auch das Gleichgewicht. Des Geschmacks- und Geruchssinn kommt langsam wieder zurück. Die Lungenfunktion wird besser. Mit dem Schlucken muss ich weiterhin aufpassen und vorsichtig sein.

Nach der Reha musste ich unbedingt mit einer Frau zusammen sein. Habe mir eine gemietet, sie hat mir mehr gegeben als ihr bewusst war. :-)
Das Leben ist es schön, es geht immer irgendwie weiter.
Ich plane sogar ein neues Fotoshooting. Das wird mir schwerfallen, aber es muss sein. :-)

Ich war und bin nicht gegen Covid-19 gespritzt. Nach langer Überlegung werde ich das auch weiterhin nicht tun. Trotz 30 Tagen Koma, Lungenembolie, Thrombose, neurologische Folgeschäden, bleibender Schädigung der Nieren. Die Lunge erholt sich langsam immer mehr.

Das liegt unter anderem auch an Herren Spahn und Herrn Lauterbach, die ziemlich offensichtlich vertuschen und unter galoppierender Inkompetenz leiden. Die Nebenwirkungen der Covid Spritzen werden verschwiegen. Wer davon redet, ist rechts, Querdenker oder Verschwörungstheoretiker.

Von den Pflegerinnen und Pflegern im Krankenhaus und der Reha waren so um die 15–20 % ungeimpft und wollten sich nicht impfen lassen. Auch bei Verlust des Arbeitsplatzes. Trotz der Folgen der Corona-Erkrankung, die sie täglich vor Augen haben. Von keinem der Ärzte, die ich wegen einer Impfung um Rat gefragt habe, habe ich eine ausgewogene Aussage erhalten. Die Risikoseite wurde und wird immer ausgeblendet, heruntergespielt, verharmlost. Für die Ärzte war immer alles toll und problemlos.

Von der Corona-Riskoseite her habe ich in der Reha genug gesehen.

Die Pflegekräfte im Krankenhaus und Reha leisten, bei chronischer Unterbesetzung und Überalterung des Personals, Überwältigendes.

Ohne junge Menschen im FJS wäre manches in der Rehaklinik schwerer gefallen oder nicht machbar gewesen.

Ohne Pflegerinnen und Pfleger aus Kroatien wäre die Intensiv, auf der ich gelegen bin, geschlossen worden. Dort war ich in sehr guten Händen.

Natürlich auch in den guten Händen der wenigen deutschen Pfleger.

Alle Ärzte in der Intensiv waren super!

Wenn man in diesen Tagen die Hetze des Lauterbach gegen ungeimpfte Pflegekräfte hört, dann ist der Mann der Beweis, dass Sozialisten, in diesem Fall Sozialdemokraten, keine Moral, kein Gewissen, keinen Anstand und keine Ahnung haben.

Zum Schluss noch, wenn ihr Umgang mit Menschen habt, die im Koma liegen, dann seid vorsichtig mit dem, was ihr sagt und tut. Ihr wisst nicht, was ankommt, und was es in dem vermeintlich Bewusstlosen auslöst.



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