COL (9) - Medellín
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Gastautor: Pancho
Ankunft spätabends in Medellín. Am Flughafen geht es zu, wie in Bogotá. Auch hier Zufahrt auf zwei Ebenen. Der vorbestellte Fahrer ist schnell gefunden. Die süsse COL Maus war schön öfters hier und erst vor ein paar Wochen mit Freundinnen da, kennt sich also aus. Die Fahrt zum Hotel (Masaya Medellín) ist angenehm. Auf den Strassen geht es gesitteter zu.
Das Hotel ist mitten in der Stadt. Habe es wegen der Lage und dem Pool auf dem Dach ausgewählt. Gefällt mir. Als wir ankommen, tobt der Bär. Eine Band spielt und macht es echt gut. Das junge Mädel an der Rezeption sieht nicht nur gut aus, sie ist auch nett, professionell und serviceorientiert. Schnell sind die Modalitäten erledigt. Unser Zimmer ist im siebten Stock und gehört zu den besseren (Suite with Balcony). Ich wollte unbedingt einen Balkon, um dort rauchen zu können. Der Balkon ist nicht mal einen qm gross. Es würde nicht mal ein Stuhl darin Platz finden. Stört nicht, er soll ja auch nur zum Rauchen und Luft schnappen dienen und wird gleich eingeweiht. Die Stadt sieht bei Nacht toll aus. Man hört Musik von der Ferne, es wird gefeiert, was das Zeug hält. Auf die typische MEX/LATAM Art. Auch von oben dröhnt Musik. Direkt über uns ist die Bar und der Pool. Das Zimmer ist ok. Kein Luxus, aber sauber, geräumig und das Bett ist Kingsize. Passt.
Die süsse COL Maus fühlt sich nicht gut. Sie bekommt eine Ibu und legt sich schlafen. Ich gehe runter zum Erkunden. Die Band ist wirklich gut. Bisschen Smalltalk mit anderen Gästen – überwiegend COLs –, trinke genüsslich ein Bierchen und lasse es mir gut gehen. Als die Band eine Pause einlegt, beschliessen wir kurzerhand zur Bar in den 8. Stock zu gehen. Auf dem Weg dahin schaue ich noch kurz nach der süssen COL Maus, sie schläft. Die Bar ist top, der Pool nicht schlechter. Wir werden nicht viel Zeit hier haben, es ist aber jetzt schon klar, dass ich irgendwann da rein muss.
Bestelle eine Margarita. „Classic bitte“. In Palomino waren sie der Ansicht, dass eine Frozen Margarita die „Classic“ Version wäre. Stümper. Der Barmann hier, ein wirklich cooler Typ, klärt mich auf. „Wir machen die Margarita so und so und rattert das Rezept herunter. Ist das ok?“ „Bestens, ich bin an der richtigen Adresse“, antworte ich. Er lächelt, wir quatschen noch etwas über diverse Cocktails und verstehen uns. Er weiss definitiv was er macht. Die Margarita fällt extra gross aus und ist perfekt gemacht. Aufpassen, sonst bleibe ich hier hängen. Beim Schlürfen der Margarita schaue ich mich genauer um. Es sind unfassbar gut aussehende Mädels unterwegs. Perfekt gestylt und in wunderschönen Klamotten. Mit zwei komme ich ins Gespräch. Wir trinken gemeinsam Mojitos – ebenfalls perfekt gemixt – und meine Fantasie geht mal wieder mit mir durch. Mit bester Stimmung gehe ich zurück ins Zimmer. Die süsse COL Maus ist wach, es geht ihr deutlich besser. Wie passend ;) Noch mit diversen Bildern im Kopf wird das Kingsize-Bett eingeweiht.
Am nächsten Morgen heisst es früh aufstehen, es gibt viel zu tun. Das Hotel hat zwei Restaurants, die angebotenen Speisen sprechen uns aber nicht sonderlich an. Sehen durchaus gut aus, für Frühstück aber definitiv zu mächtig. Gegenüber gibt es ein kleines, nettes Café, das mich sofort anspricht. Leider können wir nicht draussen sitzen, weil eine Tourigruppe (nur Frauen, alle mit Namensschild) den ganzen Aussenbereich reserviert hat. Ist nicht schlimm. Der Kaffee ist hervorragend. Dazu ein gefülltes Hörnchen. Die süsse COL Maus hat irgendwas mit Arepa bestellt. Ich probiere wieder und nein, Arepas und ich werden keine Freunde werden.
Wir müssen als Erstes durch die halbe Stadt etwas abholen. Der „Lieferant“ hat irgendwas missvertanden und die Sendung nach Medellín geschickt, die wir eigentlich in Palomino haben wollten. War kein Problem, in Palomino wurden wir anderweitig bestens versorgt. In COL gibt es zwar eine Post, die nutzt aber kaum einer. Es gibt landesweite Zustellungsdienste wie „Inter Rapidisimo“ – was übersetzt ungefähr „superschnell“ bedeutet –, mit dem man Dokumente und Waren quer durchs Land schicken kann. Sie liefern schnell und zuverlässig. Kontrolliert wird dabei rein gar nichts, entsprechend wird damit alles Denkbare versendet. Man kann sich das an jede beliebige Adresse schicken lassen oder an ein Büro von denen. Der Typ hat es ans Büro geschickt, also müssen wir dorthin. Für Sendungen aller Art innerhalb einer Stadt gibt es sogenannte „Pick Ups“. Das sind junge Kerle auf Mopeds, die für kleines Geld alles egal wo hinbringen. Auch für mich unterwartete Sachen, wie Wasser-, Gas-, Internetrechnungen werden damit zu den Kunden gebracht. Sie stellen auch keinerlei Fragen. Die Sendungen kommen an.
Auffällig an Städten in COL ist, dass es sowas wie Themenviertel gibt. In der Ecke, wo wir hinmüssen, gibt es nur Kfz-Händler und Werkstätten. Massig. Ob Motorrad, Auto, neu, gebraucht, getunt, Reparatur, alles, was das Herz begehrt. Mit dem Uber sind wir bis zum Büro gefahren. Während die süsse COL Maus das Paket abholen geht, schaue ich mich mal wieder um. Mit fällt ein Motorrad auf. Schickes Teil. Was beim genaueren Hinsehen auffällt: Jedes, aber auch wirklich jedes Teil, hat eine Nummer eingefräst. Das machen sie, damit Teile (oder Mopeds), die geklaut werden, identifizierbar sind. Scheint zu funktionieren. Ich finde das so interessant, dass ich Bilder davon mache. Die süsse COL Maus kommt raus und meint, ich solle das besser lassen. Sowas würde schnell missverstanden werden und könnte Ärger geben.
Andere Länder, andere Sitten. Und wieder einmal ein Hinweis, wie schnell man aus Unwissenheit heraus unbedacht etwas macht, was einem Ärger einbringen kann.
Wir müssen zu einem anderen Büro, um die Sendung zu holen. Es ist nicht weit, also machen wir uns zu Fuss, mit Google Maps auf dem Handy geführt, auf den Weg. Ich kaufe noch schnell eine Flasche Wasser und ärgere mich ein bisschen, dass sie nur schwere Glasflaschen haben. Egal, mitnehmen.
Beim Laufen – die Gegend ist etwas zwielichtiger geworden – packt die süsse COL Maus plötzlich das Handy weg. Sie holt es immer nur noch kurz raus, um zu sehen, ob wir noch richtig laufen. Ich bemerke ihre Anspannung. Die Glasflasche war vielleicht doch nicht verkehrt, denke ich mir. Ich trage sie demonstrativ so, dass offensichtlich ist, dass ich damit sofort zuschlagen könnte. Würde ich es tun? Hätte ich eine Chance damit? An Mumm fehlt es nicht. Es wäre eine spontane Reaktion. Vermutlich nicht klug, weil ich es wohl nicht überleben würde. Möchte gar nicht weiter darüber nachdenken. Die Flasche gibt mir aber ein gutes Gefühl und das strahlt man auch aus. Sie suchen sich immer die einfachen Opfer aus. Die, bei denen nicht oder nur mit wenig Widerstand zu rechnen ist.
Paket erfolgreich in Empfang genommen. Ab ins Hotel. Sehr nett, der Lieferant hat noch ein Goodie als Geschenk beigelegt. Was zum Rauchen. Ordentliche Menge.
An dem Tag machen wir nicht mehr viel. Erkunden etwas die Gegend um das Hotel. Das viele Laufen hat uns müde gemacht. Wir probieren die Burger im angeschlossenen Restaurant aus und die sind fantastisch. Anschliessend geht es in die Bar im achten Stockwerk. Vorher ziehen wir uns noch schnell um und begeben uns, mit Cocktails bewaffnet, in den Pool. Es ist später Abend und schon dunkel, die Stadt sieht wunderschön aus. Heute ist deutlich weniger los, sodass wir den Pool fast für uns alleine haben. Im Zimmer machen wir noch etwas Party, probieren das Geschenk aus. Nicht mein Ding. Nach zwei Zügen fliege ich und wir schlafen chillend ein.
Am nächsten Tag frühstücken wir wieder in dem Café gegenüber. Diesmal sitzen wir draussen und haben auch mehr Appetit. Das Frühstück ist lecker. Sowas, wie ein Brötchen, mit Mais, Avocado und sonstigen Sachen. Das Ganze mit Käse überbacken. Ungewohnt, aber lecker.
Dann geht es – wie üblich mit einem Uber – zur Comuna 13. Es gibt in Medellín Favelas, in denen man noch vor nicht allzu langer Zeit als Fremder vermutlich keine zehn Minuten überlebt hätte. Irgendwann haben sie entdeckt, dass Touristen und Besucher Geld bringen und haben einige Stellen davon für Besucher geöffnet. Es läuft so gut, dass sie sogar Rolltreppen installiert haben. Man kann bedenkenlos hingehen und sich das ansehen. Nur zusehen, dass man vor 20:00 Uhr wieder weg ist. Es gibt geführte Touren, auf die man getrost verzichten kann. Es werden einem überwiegend Märchen erzählt. Was Touristen halt hören wollen. Man läuft dort endlos hoch. Gefühlt hunderte fliegende Händler und kleine Läden/Stände säumen den Weg und bieten typischen Tourikram an. Es gibt aber auch – wenn man genauer hinschaut – handwerklich toll gemachte Sachen. Relativ weit oben – die süsse COL Maus kennt den Stand bereits – machen wir Pause und genehmigen uns eine „Michelada“. Deutsche werden damit wenig anfangen können. Es ist Bier mit Früchten darin. In den meisten Fällen mit ordentlich Zitrone und einen Salzrand. Ich mag sie. Sehr. Erfrischend und dank der gut gereiften Früchte ein Genuss. Besonders mit Mango darin. Typisch, wie ich so bin, frage ich die Dame hinter dem Tresen, ob sie auch eine möchte. Sie wäre eingeladen. Und wieder einmal kommt es mir vor, als ob das nie jemand vor mir gemacht hätte. Sie freut sich, sichtlich. „Wirklich?“ „Ja, natürlich“. Wir quatschen stundenlang, lachen, und geniessen den Augenblick. Das Wetter könnte nicht besser sein. Sonnenschein, aber nicht zu warm. Ihr Chef kommt zurück, gesellt sich zu uns und es geht weiter ausgelassen zu. Am Ende wurden es drei Micheladas pro Nase.
Der Ausblick ganz oben ist beeindruckend (siehe auch Artikelbild). Muss unweigerlich an einen dt. Beamten in einer Baubehörde denken. Wenn der das hier sehen würde, bekäme er sofort einen Herzinfarkt.
Wie viele Tausende leben wohl da? Unter welchen Bedingungen? Haben sie überhaupt fliessend Wasser? Und eine Toilette? Weiss es nicht und werde es wohl auch nie erfahren.
Unter uns kommen ein paar Kinder zum Spielen raus. Sie sehen etwas verwahrlost aus, haben aber irre Spass daran, ihre Drachen steigen zu lassen.
Es mag den Leuten hier nicht gutgehen. Sie lassen aber keine Gelegenheit aus, echte Lebensfreude auszuleben. Der kleinste Anlass reicht, um Party zu machen. Ist übrigens in MEX genau gleich.
Ganz oben gibt es eine riesige Hand, auf die man sich stellen und fotografieren lassen kann. Die Schlange ist endlos. Ist uns egal, das hatten wir eh nicht vor. Stattdessen genehmigen wir uns ein Bierchen und beobachten das muntere Treiben. Erstaunlich, wie kleine Mädchen schon perfekt darin sind, vor der Kamera zu posieren. Irgendwie traurig.
Irgendwann laufen wir runter, suchen uns ein Taxi und fahren ins Hotel zurück. Die Burger im Hotel haben es uns angetan. Danach duschen, fertigmachen und los geht’s. Nach Provenza. Die berühmte Partymeile Medellíns. Endlos Restaurants, Clubs, ein Riesengetümmel. Extrem voll, aber sehr wenig ausländische Touristen. Mit Mühe ergattern wir einen Tisch draussen. Die süsse COL Maus geht auf Toilette, da steht schon eine nicht unansehnliche Dame an unserem Tisch und fragt, ob ich Begleitung wünsche. Wow, das geht ja fix hier. Hätte ich schneller reagiert, hätte ich rein aus Neugierde nach den Preisen gefragt.
Anschliessend gehen wir in ein mexikanisches Restaurant. Gilt als Besonderheit. Kommt mir gelegen, so ein paar echte Tacos wären was. Das Restaurant ist toll gestaltet. Ich entdecke auf der Karte eine „Cerveza 5 chiles“. „Nanu? Was ist das denn?“ und bestelle sie. Schwerer Fehler. Ich hatte ein Bier erwartet, das sowas wie einen Salzrand mit Chilipulver hat. Nein, die haben das INS Bier geschüttet. Mehr als zwei Schlucke kriege ich beim besten Willen nicht runter und bestelle was anderes. Alter Schwede, das war mit das Widerlichste, was ich jemals getrunken habe. Wird nur von Ayran – schöne Grüsse nach BG ;) – getoppt. Mir unbegreiflich, wie man Ayran freiwillig trinken kann.
Müde und satt geht es zurück ins Hotel. Die Befürchtung, dass es wegen der Bar über uns laut wird, war unbegründet. Die Bar ist längst zu. Von der Strasse her hört man leise noch Leute feiern, Sirenen sind aber nicht zu hören.
Auf dem Weg ins Zimmer verlängere ich noch unseren Aufenthalt. Hatte nicht aufgepasst. Wir müssten das Hotel morgen um 10:00 verlassen, unser Weiterflug geht aber erst abends. Was will man mit Gepäck den ganzen Tag in Medellín machen? Hatte schon Ideen, wie wir das Gepäck tagsüber loswerden, die Verlängerung klappt aber problemlos. Prima, dann können wir morgen in Ruhe noch etwas mehr von Medellín sehen, bevor es über Cartagena nach Barú geht.
Den nächsten Tag verbringen wir relativ unspektakulär. Sind spät aufgestanden und haben die Bettlaken ordentlich durchgewühlt. Die Flüge sind bestätigt und wir gehen noch ein paar Sachen einkaufen. Die süsse COL Maus möchte die Nägel gemacht bekommen, ich nutze die Zeit, um mir die Haare schneiden zu lassen. Auffällig: Es braucht etliche Drogerien, um Reise-Taschentücher zu kaufen. In den meisten Läden bekomme ich keine oder wenn, dann nur max. 2–3 Päckchen. In DE rezeptpflichtige Medikamente bekommt man dagegen problemlos. Fragt mal einer genauer nach, winkt man ab und geht einfach zur nächsten Apotheke. Ich nutze die Gelegenheit, um die Reiseapotheke aufzustocken. Stadtimpresionen 1, 2
Der Weiterflug hat Verspätung. Bin inzwischen daran gewöhnt und nehme es gelassen hin. Bin schon seit dem zweiten Tag im LATAM-Modus und habe die Ruhe weg. Fliegen wir nicht jetzt, fliegen wir eben „luego“. Am Ende klappt es irgendwie immer.
Schweren Herzens mussten wir die Reste Mari – so nennen COLs Marihuana – vor dem Flughafen in den Müll schmeissen. Keine Lust, deswegen in einem COL Gefängnis zu landen.
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