Wenn die Frau drogensüchtig wird – Teil 5
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Autor: Strandläufer
Da sass ich nun vor dem Schreibtisch der thailändischen Einwanderungsbeamtin am Suvarnabhumi Flughafen in Bangkok. Das Problem, das sie ansprach, war, dass meine Wiedereinreiseerlaubnis seit zwei Jahren abgelaufen war, doch das Hauptproblem war, dass bisher niemand meinen diesbezüglichen Schriftverkehr mit der Zentralimmigration lesen wollte. Ich verwies nochmals darauf und endlich las sie ihn. Dann begann sie zu telefonieren, offenbar mit der Zentrale. Die mussten dort natürlich auch erst den Vorgang suchen. Einige Telefonate gingen hin und her, zwischendurch immer wieder Beratungen mit Kollegen.
In Thailand ist man in solchen Situationen gut beraten, die Klappe zu halten und die Offiziellen ihre Arbeit tun zu lassen. Man hat sowieso keinen Einfluss darauf. Nur einmal meldete ich mich zu Wort, als die Beamtin zu ihrer Kollegin auf Thai meinte, dass ich ein verdächtig rotes Gesicht hätte. Da antwortete ich auf Thai, dass ich aus dem kalten Deutschland komme und es hier im Raum sehr, sehr warm für mich sei. Und prompt bekam ich einen Ventilator hingestellt. Jetzt fehlte nur noch ein Tässchen Kaffee, das gab es aber leider nicht für mich.
Nach mehr als einer Stunde sagte die Einwanderungsbeamtin zu mir endlich die erlösenden Worte „Everything okay“ und versah meinen Pass sowie meine PR mit dem zeitlich unbefristeten Einreisestempel. Sie begleitete mich noch durch die Schalterbarriere und wünschte mir zum Abschied alles Gute, wofür ich mich artig mit einem Wai bedankte.
Hurra, ich war wieder drin im System. Ich schnappte meinen Koffer vom Band, der dort einsam kreiste, ging unbehelligt durch den Zoll und machte mich mit dem Taxi auf den Weg nach Bangkok. Dort hatte ich wegen der ursprünglich beabsichtigten Rückgabe meiner PR im Stadtzentrum nahe der BTS-Hochbahn für zwei Nächte ein Hotelzimmer gebucht, um danach an mein eigentliches Ziel im Nordosten des Landes weiterzufliegen.
Mein Hotel lag nur wenige Schritte vom legendären Vergnügungsviertel Nana entfernt und so machte ich mich am frühen Abend neugierig auf den Weg durch die von unzähligen Bars gesäumten Gassen. Ich war schon ewig nicht mehr dort. Zwischenzeitlich hat sich jedoch viel verändert, besonders beim Publikum. Hauptsächlich sieht man jetzt Westasiaten, wie üblich in grösseren Männergruppen unterwegs, gefolgt von Südasiaten (Indien, Pakistan, Bangladesch, usw.) und erstaunlich vielen Schwarzafrikanern. Auf der Strasse ein Klangteppich wie auf dem Rummelplatz, ohrenbetäubende Musik aus jeder Bar. In einer nicht ganz so lauten Bar gönnte ich mir ein Ankunftsbierchen und wurde sogleich von einigen Bar-Girls belagert. Das übliche Abchecken der Hühner folgte. Where you from? You here for holiday? When you come to Thailand? How long you stay? Can I have a drink?
Statt darauf einzugehen, fragte ich zurück: Bar Fine, how much? Short Time, how much? Long Time, how much? 2000/3000/5000, in Euro 50/75/125. Zwischen 125 und 175 Euro sollte es kosten, sein bestes Stück in eine globale Güllegrube mit Seuchengarantie zu stecken? Nein danke. Ich hatte genug gesehen, zahlte mein Bier und ging zurück ins Hotel. Wie üblich konnte ich wegen Jetlag und Zeitverschiebung in der ersten Nacht nicht einschlafen und ging bis zum Morgen stündlich vors Hotel, um zu rauchen. Ab Mitternacht kamen die Freelancer aus ihren Löchern, zuerst Thais, dann Russinnen und schliesslich auffallend hübsche gazellenschlanke Schwarzafrikanerinnen. Ab vier Uhr morgens waren fast nur noch völlig zugedröhnte Schwafris auf der finalen Suche nach einem Freier. Nimmst du so ein Exemplar aufs Zimmer, kriegst du mit hoher Wahrscheinlichkeit KO-Tropfen über ihre Nippel verabreicht und danach fehlt dir der halbe Hausstand. Der Wachmann des Hotels hatte immer ein Auge auf mich da draussen und wenn die Annäherungsversuche zu aggressiv wurden, flüchtete ich schnell ins Hotel. Und der Wachmann grinste dabei.
Mit den ersten Sonnenstrahlen war der Spuk vorbei, es begann das übliche Geschäftsleben auf der Sukhumvit Road. Immer mehr Büromäuse im Business Kostüm und Männer in Anzügen eilten in oder aus Richtung BTS, Streetfood Stände wurden aufgebaut, Essenslieferdienste und Motorradtaxis füllten die Strassen. Endlich wieder normale Leute. Auch ich machte mich auf den Weg, denn ich hatte noch eine Mission zu erfüllen. Mit BTS und Metro fuhr ich nach Chinatown, dem Goldhandelszentrum von Thailand. Mein Ehering stand zum Verkauf und der Goldpreis war gut. Über 900 Euro bekam ich dafür, mehr als das Dreifache dessen, was ich vor über 15 Jahren dafür an gleicher Stelle bezahlt hatte. Im Gegensatz zu meiner Ehe war das ein gutes Investment, wobei das letzte Wort zu deren Rentabilität noch nicht gesprochen ist. Ich habe da so eine Idee. Nach leckerer Nudelsuppe mit Ente fuhr ich zurück ins Hotel und bereitete meine Weiterreise vor. Die zweite Nacht konnte ich wegen totaler Übermüdung endlich durchschlafen und machte mich gegen Mittag auf den Weg zum Flughafen.
Am Zielort angekommen nahm ich mir gleich am Airport einen Mietwagen für meinen gesamten noch knapp vierwöchigen Restaufenthalt und fuhr zum Hotel, das ich für die eine Woche bis zum Ende des Monats gebucht hatte. In diesem Zeitraum hatte ich viel zu erledigen. Zuerst benötigte ich einen neuen thailändischen Wohnsitz und mietete für zunächst ein Jahr ein kleines möbliertes Apartment, 27 qm in einer bewachten im Stadtzentrum gelegenen Wohnanlage bestehend aus sechs vierzehnstöckigen Wohnblocks mit jeweils 240 Wohnungen. In der Anlage gibt es alles für den täglichen Bedarf, einen täglich rund um die Uhr geöffneten Supermarkt, Restaurants, traditionelle Thai-Massage und eine Wäscherei, dazu drei Pools mit je 20x10 m und drei Fitnessstudios. Monatliche Miete inklusive Parkhausstellplatz im Erdgeschoss und Nutzung von Pool und Gym 200 Euro plus 0-50 € für Strom je nach Anwesenheit und Klimaanlagennutzung.
Ausgestattet mit Wohnsitz holte ich mir eine SIM-Karte für mein Mobiltelefon und suchte die örtliche Immigration auf, um mich anzumelden und mir eine neue einjährige Wiedereinreiseerlaubnis zu holen, alles problemlos. Als Nächstes ging es zusammen mit dem Vermieter zum Einwohnermeldeamt, um meine aktualisierte ID zu bekommen und mich ins blaue Hausbuch des Apartments eintragen zu lassen. Dann noch zur Polizei zum Adressupdate meines Residenzbuchs und schliesslich noch zur Bank zur Wiederbelebung meiner nach langer Inaktivität ruhenden Konten samt Online-Banking mit der neuen Mobilnummer. Am ersten des neuen Monats zog ich um vom Hotel ins Apartment und dann stand auch schon der persönliche Termin in der Anwaltskanzlei an.
Der Chef der Kanzlei begrüsste mich freundlich und stellte mir die für meinen Fall zuständige thailändische Anwältin vor, spezialisiert auf Familien- und Strafrecht, mit 20-jähriger Berufserfahrung vom Typ rücksichtslos, durchsetzungsstark und präzise, aber auch durchaus charmant. Genau die richtige Kombination für meinen Prozess. Sie hatte bereits alle notwendigen amtlichen Dokumente besorgt und daraus ging hervor, dass meine liebe Nochehefrau unser ehemals gemeinsam bewohntes Haus vor gerade einmal drei Wochen für weniger als die Hälfte des Marktwerts an den Nachbarn verkauft hatte. Der Verkauf des Hauses als Teil des ehelichen Zugewinns ohne meine Zustimmung war nach thailändischem Recht eine Straftat. Mein Usufruct bekamen sie jedoch nicht gelöscht, ich stand damit noch immer im Grundbuch. Die Anwältin hatte die Klageschrift bereits vorbereitet, ich als Kläger, meine liebste Ehefrau als Beklagte 1 und der Nachbar als Beklagter 2. Beantragt wurde die gerichtliche Rückübertragung des Hauses an meine Ehefrau mit anschliessender Versteigerung aller Immobilien und Scheidung mit hälftiger Teilung der Verkaufserlöse.
Wenige Tage nach meinem Kanzleibesuch wurde die Klageschrift beim Familien- und Jugendgericht eingereicht und der erste Gerichtstermin von diesem bereits drei Tage später für in sechs Wochen anberaumt.
In der bis zu meiner Abreise verbleibenden Woche besorgte ich die noch fehlenden Utensilien für Küche und Bad meines Apartments, auch verbrachte ich schöne Stunden am Pool und mit alten lange nicht gesehenen Freunden. Dann ging es zurück nach Deutschland. Die Ausreise verlief problemlos, doch die Ankunft in München war typisch deutsch. Als ich beim Zoll den grünen Ausgang nahm, stürmte ein junges Zollmäuschen, vielleicht 25 Jahre alt, in vollem Ornat auf mich zu und hielt mir ihren Ausweis unter die Nase. Custom Control! Zollkontrolle! English? Deutsch? - Wie sie möchten, sagte ich gemütlich, ich kann beides. Dann deutsch, blaffte sie. Sie geleitete mich zu einem freien Edelstahltisch in Schlachthofqualität und ich gab ihr den verlangten Reisepass. Wo kommen Sie her? - Aus Thailand, Bangkok über Doha. – Haben sie Zigaretten dabei oder Alkohol? – Nur diese angebrochene Schachtel Zigaretten, die ich umständlich aus meiner Hosentasche fingerte und ihr zeigte. Ich dampfe eigentlich nur E-Zigaretten, die sind in Thailand aber leider verboten. Alkohol habe ich keinen dabei, weil ich nur sehr selten Alkohol trinke und wenn, dann nur Radler oder deutsches Bier, vorzugsweise aus Bayern. – Bargeld, Wertpapiere, Edelmetalle, Schmuck? – Oh, das wird kompliziert, sagte ich und sah in ihren blitzenden Augen aufkeimendes Jagdfieber. Sie fühlte die fette Beute bereits. An Bargeld habe ich ungefähr 500 Euro in thailändischen Baht, 200 Euro in Singapur Dollar, vielleicht 20 Euro in indonesischen Rupien, ebenfalls ungefähr 20 Euro in vietnamesischen Dong und rund 300 Euro in Euro. Ach ja, 200 tschechische Kronen habe ich versehentlich mit nach Thailand genommen, aber keine Ahnung, wie viel Euro das aktuell sind. Sonst habe ich nichts dabei. Soll ich meine Hosentaschen leeren und meine Koffer aufmachen? Ich habe Zeit, meine S-Bahn geht frühestens in zwei Stunden, das Bayernticket gilt ja werktags erst ab neun. – Nein, die Kontrolle ist beendet, sie können gehen.
Und schon stürmte sie zurück zum grünen Kanal, um den nächsten Verdächtigen zu stellen. Doch der ganze Bereich war mittlerweile menschenleer.
Da hatte das unerfahrene Mäuschen wohl den falschen Riecher. Immerhin bekam ich für mein Steuergeld eine ordentliche Show der Staatsmacht geboten. Ich möchte nicht wissen, wie viele Schmuggler unbehelligt durchschlüpfen konnten, während sie wertvolle Zeit mit mir verplemperte.
Willkommen zurück im immer besser werdenden besten Deutschland aller Zeiten!
Fortsetzung folgt …
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