Top-Examen, unzählige Bewerbungen, kein Job
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Hochqualifizierte Fachkräfte sucht das Land. Die Wirtschaft schreit jedes Jahr regelrecht nach frischen gut ausgebildeten Fachkräften. Dennoch finden viele Absolventinnen renommierter Universitäten und Hochschulen keine Arbeitsstelle. Und das, obwohl der Fachkräftemangel wegen der demografischen Entwicklung immer weiter zunimmt. Auf den ersten Blick sieht das wie ein Widerspruch aus. Manche meinen sogar, dass die deutsche Wirtschaft die Arbeitssuchenden verarscht.
Die Frage, wie eine junge Absolventin einen Job finden kann, bleibt jeder jungen Dame selbst überlassen. Bei der Jobsuche sind durchaus etwas Kreativität, Durchsetzungsvermögen und ein fester Wille gefragt. Das sind Tugenden, die man als künftige Führungskraft sowieso mitbringen muss. Anerkennung und Respekt kommen nicht von alleine. Das ist das Ergebnis harter Arbeit.
Wie eine Jobsuche erfolgreich sein kann, darüber schreiben unzählige Onlinemedien. Meist werden diese Artikel aber von jungen billigen Journalistinnen geschrieben, die selbst kaum Erfahrungen besitzen. Solche Artikel entstehen aus einer intensiven Recherche bei Google. Deswegen klingen sie alle irgendwie ähnlich. Im Prinzip sind die jungen Arbeitssuchenden nach der Lektüre genauso schlau oder besser gesagt so dumm, wie vorher.
Die Jobsuche hat nicht unbedingt etwas mit ausgezeichneten Noten oder dem richtigen Studium zu tun. Entscheidend ist die eigene Fantasie und natürlich Psychologie. Man muss durch die Tür des Entscheiders, am besten zum Geschäftsführer gehen und dann mit einigen Tricks den Vertrag einsacken. Jeder Profiverkäufer in der Industrie lernt von Anfang an zwei Dinge. Man spricht nur mit Entscheidungsträgern und es gibt nur ein Ziel: Den Auftrag einsacken. Nichts kommt von alleine. Wer nicht nach dem Auftrag fragt, wird ihn auch nicht bekommen.
Lange Rede, kurzer Sinn. Ich war vor vielen Jahren ebenso ein Jobsuchender. Weil ich als Angehöriger der Nationalen Volksarmee aus politischen Gründen nicht in die Bundeswehr eintreten wollte, habe ich offiziell gekündigt. Das Ende meiner Armeezeit war damit absehbar und ich brauchte eine neue Arbeitsstelle.
Die letzte Rache an den waschechten Kommunisten der DDR war hocheffektiv und simpel zugleich. Alle Diplome von sozialistischen Hochschulen, wie die Offiziershochschule, wurden auf das Übelste abgewertet. So stand im Bescheid zur Feststellung auf Gleichwertigkeit des Bildungsabschlusses, dass mein Abschluss niveaugleich mit einem Fachhochschulabschluss ist. Weiterhin wurde festgestellt, dass erhebliche systembedingte Unterschiede in der Ausbildung bestehen, da diese unmittelbar auf das Wirtschafts- und Gesellschaftssystem der DDR ausgerichtet war. Das Recht zur Führung des akademischen Grades bleibt davon unberührt, so hieß es in diesem Schreiben.
Das klingt auf den ersten Blick nicht so schlecht, hat aber doch gravierende Folgen. Ich war zwar immer noch Diplomingenieur, nur nützte mir das nichts. Der Versuch, Betriebsleiter einer kleinen Firma zu werden, scheiterte an der Handwerkskammer. Der Grund: Ich war für sie kein wirklicher Ingenieur und besaß deshalb keine ausreichende Qualifikation. Somit war klar, dass ich faktisch ein Berufsverbot hatte, das durch den Einigungsvertrag entstanden ist.
Mit dem Wissen um meine aberkannte Qualifikation war eigentlich klar, dass es für mich im Westen kaum einen Job geben wird. Und trotzdem war ich bei meiner Ausbildung restlos überzeugt, dass sie mindestens dem Westniveau entspricht. Also habe ich mir eine Schreibmaschine gekauft und Bewerbungen geschrieben. Nach 80 Bewerbungen innerhalb von sechs Wochen kam ich zu dem Ergebnis, dass diese Strategie nicht zielführend ist. Niemand wollte mit mir ein Bewerbungsgespräch führen.
Das war ernüchternd, doch ein Ex-Offizier gibt natürlich nicht so leicht auf. Ich wohnte damals in Schleswig-Holstein und bis ins wohlhabende Hamburg war es nicht weit. Einige Bewerbungsmappen packte ich ein, tankte meine Pappe voll und schon war ich auf dem Weg in die Hansestadt. Mein Plan sah so aus, dass ich direkt zu passenden Firmen gehe. Anklopfen, nett sein, nicht abwimmeln lassen und möglichst mit einem Vertrag in der Tasche rausgehen. So fuhr ich die A24 lang und nahm die Ausfahrt Moorfleet. Ich sah das Schild einer Baufirma und fuhr auf das Firmengelände. Dummerweise stellte ich mich auf den Parkplatz des Geschäftsführers. Und das mit meinem Trabbi. Ich stiefelte ins Sekretariat und sagte, dass ich eine Arbeitsstelle suche. Die Sekretärin verwies mich an den Oberbauleiter, mit dem ich dann sprach. Am nächsten Tag hatte ich einen Termin beim Geschäftsführer und bekam meinen Arbeitsvertrag. Nebenbei bat man mich, nicht mehr auf dem Geschäftsführerparkplatz zu parken. Man nahm es mit Humor.
Natürlich werden Kritiker nun sagen, dass das heutzutage nicht mehr so einfach ist. Wirklich? Nein, es ist noch genauso einfach wie früher. Ein richtiger Verkäufer klopft auch heute an die Firmentür, um seine Produkte zu verkaufen. Daran hat sich nichts geändert. Bei Bewerbungen um einen Job sieht es nicht viel anders aus. Wer keine Beziehungen hat, der muss eben Türklinken putzen gehen.
Immerhin hat mein angeblich wertloses Diplom problemlos ausgereicht, um in einem der größten deutschen Baukonzerne weit aufzusteigen. Formal wertlos ist mein Diplom bis zum heutigen Tag. Es ist eben eine politische Nebenwirkung der Annektierung der DDR durch die BRD. Ich nehme diese Tatsache mit einem müden Lächeln zur Kenntnis, weil sie letztlich keine negativen Auswirkungen für mich hatte. Einen Job im Staatsdienst habe ich nie angestrebt und den will ich auch heute nicht. Es macht sich aber ziemlich gut, einer Richterin zu erklären, dass ich nachweislich eine Lusche bin. Ich habe es schriftlich vom Kultusministerium Sachsen.
Ich schreibe deswegen so ausführlich über meinen persönlichen Werdegang, weil eine hochwertige Qualifikation auf dem Papier nicht unbedingt notwendig ist. Es ist und bleibt eine persönliche Angelegenheit, wie eine junge Absolventin oder ein Absolvent das Jobproblem individuell löst. Mir hat damals niemand gesagt, dass ich einfach in eine Firma gehen könnte. Ich habe es einfach gemacht. Ich kam selbst auf die Idee und war damit erfolgreich. Selbstsicheres Auftreten, fachliche Kompetenz und es gibt keine Probleme. Mir muss niemand sagen, was oder wie ich etwas machen soll. Meine Energie zur Problemlösung ist bis heute ungebrochen. Das Wort Aufgeben gibt es in meinem Wortschatz nicht. Ob eine junge Absolventin überhaupt den Mut und den Schneid hat, meine Variante der Jobsuche auszuprobieren, darf getrost bezweifelt werden. Frauen mögen zwar hochqualifiziert sein, aber Problemlöserinnen sind sie nicht. Frauen scheitern immer an ihren weiblichen Tugenden.
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