• 26.10.2024

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Die neue Familie

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» Artikel vom

Gastautor: eisfreak

Irgendwas stimmt nicht mit der Familie. Es klappt ja mit der Vorstufe, der Paarbeziehung, auch schon lange nicht mehr. Worin besteht der Konstruktionsfehler und wie könnte es anders laufen?

Der Mensch ist ganz klar ein Herdentier und nicht zum Alleinsein bestimmt. Wir brauchen die soziale Interaktion, die ab einem gewissen Einkommensniveau stärker unser Glücksgefühl beeinflusst als die materiellen Errungenschaften. Es gab und gibt immer wieder weltentrückte Einsiedler, aber da ihr hier diesen Text mittels digitalem Endgerät lesen könnt, gehört ihr sicher nicht dazu.

Die klassische Familie, die einstmals eine wirtschaftliche Zweckgemeinschaft war, hat es faktisch überlebt. Sie hat Ihre Funktion verloren. Die letzte Bastion – Steuern sparen – wird gerade geschliffen. Da hat die Genderagenda nur den letzten Rest einer leeren Hülle umkippen lassen – es fing viel früher an.

Es begann mit dem Waschvollautomaten und der Kühl-Gefrier-Kombination. Damit war der für das pure Überleben der Familie wichtige Hausfrau-Vollzeitjob obsolet. Da fingen die Yogakurse in der Volkshochschule an. Wir erinnern uns an das Jodeldiplom von Loriot, ein kongenialer Sketch eines hochintelligenten Mannes, der hinter dem Geblödel stets eine wichtige Erkenntnis durchschimmern ließ. Die neue Freiheit bedeutete einen massiven Verlust der sozialen Stellung der Frau des Hauses. Sie fing sich an zu schminken wie die Lieblingsfrau des Scheichs. Zuvor waren „Waschfrauenhände“ Ausweis einer allseits geschätzten Tüchtigkeit.

Wann passierte das ungefähr? Ich würde da exemplarisch folgenden Meilenstein auf dem Weg zur modernen Frauenrolle hervorheben:
Die erste gefrorene Pizza in Deutschland hieß „Pizza alla Romana“ und kam im Jahr 1970 in die deutschen Supermärkte. Das weiß das DTI, das Deutsche Tiefkühlinstitut, zu berichten.

Man könnte nun einen ganzen Artikel schreiben, was aus der Familie und der Ehe geworden ist. Was passiert, wenn eine naive, unreflektierte Hardcore-Romantik auf die raue Realität des Familienrechts und eines banalen Alltags mit Mundgeruch und herumliegenden Socken trifft? Autsch, das tut weh. Man lässt sich scheiden und hofft innigst: Mit der nächsten, der „richtigen“ Frau wird es bestimmt funktionieren! Und wieder fliegt man auf die Fresse. Verdammt, einmal muss es doch funktionieren!

Nein, es wird vermutlich nie wieder so funktionieren, und unsere steizeitlichen Herdentriebreflexe stehen uns da im Weg wie die Klimakleber. Der enttäuscht-trotzige Rückzug aufs Sofa mit Fernbedienung und Chipstüte, nein, das ist nicht die erstrebenswerte Lösung. Wobei wir uns schnell vom Idealbild einer perfekten Lösung lösen sollten.

Welchen Weg könnte man gehen? Da muss man zusätzlich verschiedene Fälle unterscheiden. Ich würde drei Etappen betrachen: Beziehungen vor der Familienphase, die Familienphase und die reife, postfamiliale Beziehung. Schwerpunkt liegt auf Letzterem, das ergibt sich auch gleich aus der Sache selber.

Fangen wir mit dem Fall der Familienphase an: Da ändert sich zunächst in der Alltagsbewältigung am wenigsten. Kinder brauchen Eltern, und zwar beide. Das ist harte Arbeit, da muss man durch. Die Freiheitsgrade sind da sehr beschränkt. Aber auch hier gibt es Gestaltungsspielräume: Warum muss man zwangsweise im klassischen Schlafzimmer schlafen? Ich kenne glückliche Paare. Da hat jeder sein Bett in seinem Zimmer für sich. Überhaupt ist es das Ende der Beziehung, wenn man zwanghaft alles zusammenmachen will und immer alles im Konsens passieren muss. Wichtig ist da vor allem: Wenn man eine Familie gründen will, mag das sinnvoll sein oder nicht, dann sollte man sich jeder Romantik entledigen und das Ganze wie ein Projekt auf Arbeit nüchtern und zielorientiert durchplanen. Da gibt es dann eben den „Stechtag“, da wird gevögelt, ob man Lust hat oder nicht. Ich gehe ja auch nicht nur dann kacken, wenn ich Lust habe. Es handelt sich um essentielle Bedürfnisse, die man nicht wegatmen kann.

Die Phase vor der Familiengründung lasse ich an dieser Stelle weg. Das ist ein Kapitel für sich und ich habe ja schon einige Artikel, die heutige Jugend betreffend, geschrieben. In gewisser Weise komme ich am Ende des Artikels dazu.

Kommen wir zur Phase, wenn die Sache mit Kinderkriegen entgültig erledigt ist. Entweder will man sowieso keine oder zahlt schon für zwei, was in sich schon auch ein Verhütungsmittel darstellt. Man muss vom starren „Wir vögeln jetzt, und damit gehörst Du mir, und nur mir allein“-Denkenssystem wegkommen. Es ist sicherlich eine gute Idee, nur bei einer festen Partnerin blank abzuspritzen. Wir denken da an die Geschlechtskrankheiten und was da alles so mitkommt. Aber warum muss man dann reflexartig zusammenziehen? Was macht das besser? Man spart möglicherweise etwas Miete, aber geht sich dafür dann postkoital so richtig auf die Nüsse. Na, toll. Wenn ich ein Pferd reite, nehme ich das doch auch nicht dauerhaft mit in meine Wohnung, egal wie schön der Ritt war.

Mein Anspruch in der Sache ist: Ich will und werde nie wieder jemandem gehören. Ich bin kein Asset, kein Besitztum zum Herumzeigen und zur Statuserhöhung. Alles ist freibleibend. Es ist sicher nicht einfach, die Balance zwischen Flexibilität und Beliebigkeit zu finden, aber keiner hat gesagt, dass es einfach wird. Dabei propagiere ich, wie gesagt, gar nicht mal die völlige sexuelle Freizügigkeit. Es spielt sich eher auf der emotionalen Ebene ab. Diese scharfe Trennung zwischen „Freundin“ und „Nicht-Freundin“ passt nicht mehr in die heutige Zeit, in der man bis 23 Uhr Pizza bei Dominos bestellen kann und die wirtschaftliche Einheit „Familie“ nicht mehr existentiell für das Überleben der Spezies ist. Vorbei die Zeiten, wo sich Männer ohne Frauen faktisch nicht ernähren konnten, vom Wäschewaschen ganz zu schweigen. Das machen wir doch alle selber, teils besser als die meisten Frauen. Wie ich schon mal erwähnte, bin ich funktional gesehen meine eigene Frau. Nur Umarmen oder Küssen kann man sich nicht selber.

Jetzt werdet ihr zurecht einwerfen: Ein Paar ist noch keine Familie. Richtig. Und da kann ich aus dem Nähkästchen plaudern, soweit das unter Wahrung der Anonymität möglich ist: Wir haben uns als Gruppe zur Ausübung eines Sports mit regelmäßigen Treffs zusammengefunden. Das ist für viele, vor allem junge Leute, das erste Mal, dass sie eine positive Gemeinschaftserfahrung machen können. Trotz unseres durchaus hohen Organisationsgrades kann man bei uns nicht willkürlich Mitglied werden. Man muss hineinwachsen, die Chemie muss stimmen, es braucht Zeit, bis sich die emotionalen Bindungen entwickeln. Wir waren schon zusammen auf „Klassenfahrt“ in einer anderen Stadt. Einige treffen sich auch so, andere kommen nur sporadisch. Wir haben auch schon Leute rausgeschmissen. Ein gewisses Benehmen und eine gewisse Präsenz sind nun mal der Kitt der Gemeinschaft. Vollends zum Tragen kam die Haltekraft der Gemeinschaft während der Coronazeit. Das war vorher und nachher nie wieder so intensiv wie unter dem Druck des Regimes.

Gerade die jungen Mitglider fühlen sich das erste Mal vermutlich im Leben angenommen. Es zählen nur die Leidenschaft zum Sport und die Ambition. Niemand fragt nach Schulnoten oder beruflichen Karrierepfaden. Das ist ganz sicher kein Ersatz für die Kernfamilie zum Kinderkriegen, aber für die Phase davor und danach ist es für viele besser als alles andere, was sie kennen. Manche blühen regelrecht auf und entwickeln Konsistenz im Tun und Selbstwertgefühl durch die ersten Erfolge. Mir hat diese „Familie“ die Trennung erheblich leichter gemacht. Dabei kenne ich von meiner Herkunftsfamilie, wie es im positiven Sinne laufen kann. Ich habe viel Nestwärme erfahren und heute noch ein blendendes Verhältnis zu meinen Eltern. Aber so eine interessengeleitete „Familie“ ist noch mal etwas ganz anderes, da die verwandtschaftliche Zwangsbeziehung wegfällt. Die Kunst besteht darin, sich eigentlich den größten Teil der Zeit in Ruhe zu lassen, und umso mehr freut man sich, wenn man sich wieder trifft. Wir liegen uns in den Armen, als käme der andere gerade aus der russischen Kriegsgefangenschaft, und die Zeit vergeht wie im Fluge. Das muss man erlebt haben.

Bei diesem flexiblen Familienmodell liegt ein Umstand auf der Hand: Es erfordert erhöhte Transkationsleistungen. Man muss mehr organisieren und damit kommunizieren. Wer da die Gusche nicht aufbekommt, bekommt nie eine Telefonnummer in sein Handy und kann dann aber auch abends nur noch den faltigen Arsch auf das Sofa plumsen lassen. Ohne die modernen Kommunikationsmöglichkeiten ist das schier nicht zu organiseren. Da gehören auch mal ein, zwei Stunden Quatschen mit BT-Headset dazu, während man die Wohnung staubwedelt. Weil bei den Treffs, die üblicherweise mit Aktivitäten verbunden sind, diese im Vordergrund stehen.

So bin ich neulich mit der möppigen Nachbarin irgendwohin gefahren, um gemeinsam mit anderen Sportfreunden Dinge zu tun. Die Nachbarin wurde dann von anderen nach Hause gebracht, weil ich im Anschluss direkt zu einem befreundeten Pärchen gefahren bin. Die haben mich am nächsten Tag zur Oma mitgenommen, die mitten im Wald wohnt, und dann erkundeten wir eine geniale Inlinerstrecke. Wenn man das zusammenzählt, da war alles dabei: Standardfamilie, aber ohne Papa, weil der das Hobby nicht teilt. Ich war funktional gesehen zweifacher Ersatzpapa, dazu gefühlt bester Freund der Freundin meines Freundes. Dann war noch ein getrenntes Pärchen, das auch getrennt reisten. Manchmal nicht ganz einfach, aber unterhaltsam. Die alleinstehende ältere Frau hat mich dann wie einen ihrer Enkel behandelt und ich musste Unmengen Kuchen futtern. Die hat sich auch ganz pragmatisch mit „Ich bin die Oma“ vorgestellt und damit war alles gesagt, was ich zur sozialen Positionierung wissen musste.

Protipp: Man fragt niemals, wie es dem Freund oder dem Partner geht. Das kann sich schnell ändern. Wenn die das erzählen wollen, kommen die Leute schon selber mit dem Thema. Ansonsten gilt da: Keine Nachricht ist die gute Nachricht. Was gar nicht geht: sich die Partner in einem engen Freundeskreis herumzureichen. Da gilt: Never fuck the Company. DAS macht es dann unangenehm kompliziert. Deshalb hat meine F+ auch einen komplett eigenen Freundeskreis und eigene alltägliche Freizeitaktivitäten. Wenn wir mal unterwegs sind, dann nur zu zweit und um Gotteswillen nicht zu oft. So hält man es länger miteinander aus.

Was sage ich immer? Drei Dinge braucht der Mensch: Hobbies, Hobbies und Hobbies. Etwas, wo man sich von der profanen Zweckbindung löst und eine Sache rein aus Leidenschaft betreibt. Eigentlich sollte so auch die Paarbeziehung laufen: wie ein Hobby, rein aus Leidenschaft und nicht aus inneren oder äußeren Zwängen heraus (Ausnahme: die Aufzucht kleiner Kinder).

Das waren mal einige Gedanken zu dem Thema. Einen 1:1-Ersatz für die klassische Familie mit „jung gefreit – nie gereut“ bis ins Familiengrab ist das freilich nicht. Die meisten hier im Saunaclub haben sich sicher schon von einem festen, starren Konzept befreit – sonst würde man ja nur ein Dogma durch das nächste ersetzen. Jeder sollte hier zum Kreateur seiner eigenen Regeln und Grundsätze werden.



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