Wenn die Frau drogensüchtig wird – Teil 6
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Autor: Strandläufer
Nach fünf Wochen in meiner Heimat im schönen Allgäu war ich wieder unterwegs nach Thailand. Wie beim letzten Mal mit dem Zug nach München, dann Flug über Doha nach Bangkok und, dieses Mal ohne Schwierigkeiten bei der Einreise, gleich weiter an mein Ziel. Bei der Ankunft wieder einen Mietwagen genommen für meinen vierwöchigen Aufenthalt und nach 30 Stunden Reisezeit von Tür zu Tür war ich wieder in meinem Apartment. Bis zur ersten Gerichtsverhandlung blieben nur noch vier Tage Zeit, mich von den Reisestrapazen zu erholen und mich mental vorzubereiten.
Üblicherweise gibt es in Thailand bei gerichtlichen und damit strittigen Scheidungen drei Verhandlungen. Bei der ersten geht es darum, ob die Ehe nicht doch noch zu retten ist. Vor allem bei gemeinsamen Kindern machen die Richter da viel Druck. Scheitert das, dann geht es bei der zweiten Verhandlung um die gütliche Einigung über Unterhalt und ehelichen Zugewinn. Scheitert eine der beiden Verhandlungen, dann kommt es zur finalen Verhandlung, in welcher das Gericht urteilt. Meine Anwältin ging von einer ergebnislosen ersten Verhandlung wegen Nichterscheinen meiner Ex aus, was in Thailand wohl in 90 % der Scheidungsfälle so ist.
Jedenfalls kam ich eine halbe Stunde vor dem Termin um 8:30 Uhr beim Gericht an und kurz darauf traf meine Anwältin zusammen mit meiner persönlichen Dolmetscherin ein. Wir gingen durch die Sicherheitskontrolle und wurden in einen leeren Gerichtssaal geführt. Meine Anwältin zeigte mir die schriftliche Klageerwiderung des Nachbarn. Demnach wollte der Nachbar nach Erhalt der Klage den Kauf des Hauses rückgängig machen und setzte meine Liebste mächtig unter Druck. Beigefügt war ein Chatprotokoll zwischen den beiden, in dem die Fetzen flogen, nachdem meine Liebste sich hartnäckig geweigert hatte. Der Nachbar fühlte sich betrogen und befürchtete, wegen des illegalen Hauserwerbs im Knast zu landen. Da war ordentlich Druck im Kessel, der mich in eine günstige Verhandlungsposition brachte.
Nun kam die Nachbarsfamilie samt Anwältin in den Gerichtssaal und schliesslich meine liebste Nochehefrau in Begleitung ihrer Tochter, dem mittlerweile 23-jährigen Kotzbrocken, jedoch ohne anwaltliche Vertretung.
Ich war schockiert. Meine Holde ist, seit ich sie vor drei Jahren zuletzt gesehen habe, um 30 Jahre gealtert und hat obendrein eine Figur bekommen wie die grüne Ricarda. Sie konnte kaum laufen und musste vom Kotzbrocken gestützt werden. Auch psychisch wirkte sie angeschlagen. Verständlich, da macht der Ehemann den Hasenfuss, meldet sich zwei Jahre nicht und dann kommt er aus heiterem Himmel wie Kai aus der Kiste mit einer Gerichtsvorladung, die ihr mächtige Probleme verspricht.
Jetzt waren die Parteien vollständig anwesend und meine Anwältin begann sogleich mit Sondierungsgesprächen. In Thailand ist es wohl üblich, dass die Parteien vor der eigentlichen Verhandlung ohne Beisein von Richtern über mögliche Kompromisse sprechen. Meine Anwältin sprach zuerst mit der Anwältin des Nachbarn und dann mit meiner Liebsten. Meine Dolmetscherin war dabei stets an meinem Ohr und übersetzte mir die Gesprächsverläufe. Mein Kompromissangebot war, dass der Nachbar das gekaufte Haus und meine Liebste die restlichen drei Häuser behalten können. Im Gegenzug forderte ich das Filetstück, das feine Bauland, dessen Wert in den neun Jahren seit dem Kauf massiv gestiegen ist, während Bestandshäuser deutlich an Wert verloren haben. Das Bauland alleine ist heute mehr wert, als ich in alle Immobilien insgesamt investiert habe. Und weil mein Schätzchen Mieteinnahmen aus den ihr verbleibenden drei Häusern hat, würde ich weder eine Abfindung, noch Unterhalt bezahlen. Das ist doch eine schöne Win-Win-Win Situation bei der, in Thailand ganz wichtig, niemand das Gesicht verliert.
Anfangs lehnte meine Liebste den Kompromiss vehement ab, doch nachdem die beiden Anwältinnen ihr die möglichen strafrechtlichen Konsequenzen klarmachten und auch der Kotzbrocken zielführend auf sie einredete, willigte sie schliesslich ein. Sogleich machten sich beide Anwältinnen auf den Weg zum Richterzimmer, um dort die frohe Kunde der Einigung zu überbringen und anschliessend brachten sie den Kompromiss noch in Schriftform als Urteilsgrundlage für das Gericht. Nachdem es nun schon fast Mittag war, wurde der Beginn der eigentlichen Verhandlung für 13 Uhr anberaumt.
Ein Gremium von vier Richtern war aufgeboten. Den Vorsitz hatte ein Richter mittleren Alters und beisitzend waren eine ältere Richterin, ein älterer Richter sowie eine Jungrichterin, die alle nebeneinander in schwarzen Talaren hinter einem riesigen Pult auf gewaltigen schwarzen goldverzierten Thronstühlen sassen. Das war schon beeindruckend. Der vorsitzende Richter eröffnete die Verhandlung und begann den Dialog mit meiner Anwältin. Anfänglich war er ihr gegenüber etwas herablassend nach dem Motto, schon wieder so ein Anwaltshühnchen. Doch nachdem die beiden einige Rechtsfragen zu dem Kompromiss kontrovers diskutiert hatten und meine Anwältin die Diskussionen unter Vorlage von höchstrichterlichen Urteilen allesamt für sich entscheiden konnte, wuchs der Respekt des Vorsitzenden sichtlich. Punkt für Punkt wurde der Kompromiss abgearbeitet, doch eines war ein Knackpunkt. Ausländer dürfen in Thailand kein Land besitzen und so war die Frage, wie das Bauland rechtlich einwandfrei an mich übergehen kann. Vom Richter vorgeschlagen wurde eine 180-tägige Eigentümerschaft, wie sie im Erbfall an Ausländer gesetzlich vorgesehen ist und dem ausländischen Erben ermöglichen soll, das Land innerhalb dieser Zeit zu verkaufen. Diese Lösung wollte der Vorsitzende jedoch beim Supreme Court in Bangkok rückversichern. So wurde die Verhandlung unterbrochen und die Richter zogen sich zurück, um den obersten Gerichtshof zu konsultieren.
Eine halbe Stunde später kehrten sie zurück. Die Rücksprache ergab, dass diese Lösung angreifbar sei und somit verworfen wird. Dann kam eine Treuhandlösung ins Gespräch, die wiederum mit dem Supreme Court in einer erneuten Unterbrechung abgeklärt wurde, dieses Mal erfolgreich. Nochmals wurde die Verhandlung unterbrochen, damit die Anwältinnen den finalen Kompromiss in Schriftform bringen konnten. Der wurde von den Richtern abschliessend nochmals geprüft und dann als Urteil verkündet, mit folgendem Ergebnis:
Die Ehe wird hiermit geschieden und die Verwaltung angewiesen, die Scheidungsurkunde auszustellen und ins Scheidungsregister einzutragen.
Der Kläger, also ich, hat eine thailändische Person als Treuhänder zu benennen. Das Landamt wird angewiesen, das Bauland von der Beklagten 1, meiner Ex, an den Treuhänder zu übertragen.
Der Beklagten 1 verbleiben die beiden Grundstücke mit den drei Häuser darauf. Das Landamt wird angewiesen, die Usufruct Einträge des Klägers aus den Grundstücksurkunden zu löschen.
Der Hausverkauf an den Beklagten 2, den Nachbarn, wird von allen Parteien als rechtmässig angesehen.
Die Gerichtskosten tragen die Beklagten. Anmerkung: Drei Tage später war mein Gerichtskostenvorschuss wieder meinem Bankkonto gutgeschrieben.
Das Urteil wurde anschliessend von den Richtern sowie von den Parteien und den Anwältinnen unterschrieben. Es ist somit rechtskräftig und als Vergleich nicht anfechtbar.
Interessant war, dass in den Unterbrechungen, in denen die Anwältinnen die Schreibarbeit erledigten, zwei weitere Fälle, es ging jeweils um Sorgerecht, verhandelt wurden. Niemand musste den Saal verlassen, es wurden einfach die neuen Parteien eingelassen und verhandelt, um sich danach wieder meinem Fall zu widmen. Die beiden Fälle wurden wie mein Fall sehr fair behandelt ohne irgendeinen Bonus wegen Geschlecht oder Herkunft.
Nach neun Stunden hatte ich es geschafft. Ich war geschieden und habe alles bekommen, was und wie ich es wollte. Es blieb aber noch viel mich zu tun. Eine Woche später war ich mit der Anwältin beim Landamt, wo das Bauland an meinen Treuhänder überschrieben wurde. Sobald mir das Urteil in urkundlicher Form vorliegt, muss ich damit zum thailändischen Standesamt, um die Scheidungsurkunde und den Auszug aus dem Scheidungsregister zu bekommen. Mit diesen drei Dokumenten muss zum Aussenministerium nach Bangkok, um diese beglaubigen zu lassen. Dann geht es zu einem in Deutschland gerichtlich bestellten und beeidigten Übersetzer für die thailändische Sprache, der alle Dokumente in die deutsche Sprache übersetzt. Der hat ein Büro in Bangkok und ich habe ihn schon mehrfach offizielle Übersetzungen machen lassen, stets problemlos. Danach muss ich zur Deutschen Botschaft und dort nochmals alles Überbeglaubigen lassen. Schliesslich müssen alle Dokumente zum Oberlandesgericht nach München, um meine ausländische Ehescheidung für das deutsche Rechtssystem anerkennen zu lassen. Mit dieser Anerkennung kann ich dann beim Einwohnermeldeamt meinen Familienstand von verheiratet auf geschieden ändern lassen.
Sobald das erledigt ist, werde ich mich um die Verwertung des Baulands kümmern. Glücklicherweise habe ich da keinen Zeitdruck und die Zeit arbeitet für mich, weil Bauland in Thailand, insbesondere in guten Lagen, rasant teurer wird.
Damit hat die anfangs üble Geschichte für mich ein gutes Ende genommen und falls bei der Scheidungsanerkennung und der Baulandverwertung nichts Berichtenswertes passiert, ist das der Abschluss meiner fast dreijährigen Artikelserie. Vielleicht sind meine Erfahrungen für den einen oder anderen hilfreich. Immer daran denken, Geduld ist die Pforte zur Freude.
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