• 04.10.2024

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Goldschniedel 8

klappe

» Artikel vom

Gastautor: Megatherium

Der Fiestafahrer kommt gut durch Sibirien. Das Sumpfgebiet hat er glücklich hinter sich gebracht, die Stechmücken sind an der Windschutzscheibe zugrunde gegangen, und nun im mittelsibirischen Bergland lässt er es ruhiger angehen. Gerade macht er Rast auf einem Hügel mit grandioser Aussicht und spült den Imbiss mit einer Dose Bier hinunter. Unten im Tal breitet sich ein abgesperrtes Gelände aus. Er sieht dort einen Mann mit nacktem Oberkörper, der Bären Kommandos gibt, die diese pünktlich ausführen. Als der Mann sich auf einen Bären schwingt und auf ihm davonreitet, schaut der Fiestafahrer genauer hin. Er glaubt seinen Augen nicht trauen zu können.

„Das ist doch – das – das kann doch nicht sein!“, stottert er.
Eine Hand legt sich schwer auf seine Schulter, er hört die strenge Frage:
„Was gibt es da zu sehen, Briederchen?“

Der Fiestafahrer fährt erschrocken herum und sieht sich einem Offizier gegenüber, der ihn mit strenger Miene mustert.

„Nichts, gar nichts! Ich habe nichts gesehen!“
„Kannst du das beweisen?“
„Eh, nein, aber ich habe wirklich nichts gesehen!“

Der Fiestafahrer sieht sich bereits im Straflager, im Uranbergwerk, aus dem er zeitlebens nicht mehr herauskommt.

„Du kannst also wirklich keine Argumente vorzeigen, die deine Aussage bestätigen? Tja, Briederchen, da sehe ich schwarz für dich. Zwanzig Jahre mindestens. Nimm es nicht zu schwer, man gewöhnt sich dran. Wenn du Glück hast, darfst du tiefgefrorene Mammuts ausbuddeln. Da bist du an der frischen Luft und bleibst gesund. Oder es geht ins Bleibergwerk. Da gewöhnt man sich dran. Nach zehn Jahren ist alles ganz locker, nicht nur die Zähne, und der Rest der Zeit vergeht im Nu. Nimm es nicht so schwer.“ Er macht ein Paar Handschellen vom Gürtel los.

Der Fiestafahrer hat eine Erleuchtung.
„Einen Moment, bitte. Mir fällt eben ein, dass ich doch Argumente vorweisen kann.“

Er wankt zum Kofferraum und sucht seine letzten Flaschen erstklassigen Rums hervor, den er als Reiseproviant mitführt. Der Offizier begutachtet die Etiketten mit Kennermiene und entscheidet:

„Du hast wirklich gute Argumente, Briederchen. Das überzeugt mich, bestimmt hast du nichts gesehen! Gute Reise!“

Der Fiestafahrer versteht. „Prost!“ Im Nu sitzt er im Auto und rast davon. Von nun an denkt er nicht mehr an Pausen, sondern fährt durch und atmet erst auf, als er mit der Fähre in Alaska ankommt. „So, jetzt aber gleich weiter, sonst schicken die noch ein Kommando hinter mir her, das mich einfangen und ins Bergwerk schaffen soll! Der fiese Putin kennt da ja nichts!“

Er fährt weiter, solange die Tankfüllung reicht und hält schließlich an einer Tankstelle in einem Provinzstädtchen. Der Tankwart, ein Neger, fragt, während er Benzin einfüllt:

„Hey, Mann, bist du auch hier, um unseren Alaska-Ötzi zu sehen? Ja, so was gibt es nur bei uns! Wir sind die Größten und Tollsten auf der ganzen Welt!“
„Den Alaska-Ötzi?“, fragt der Fiestafahrer verständnislos. „Wer ist denn das?“

Der Neger regt sich auf. „Wie, du kennst unseren Alaska-Ötzi nicht? Lebst du auf dem Mond, Weißbrot? Das ist die Entdeckung des Jahrtausends! Dagegen kannst du den Alpen-Ötzi vergessen! Die ganze Welt pilgert in unsere Stadt. Die wissen, wo jetzt der Bär steppt!“

Das erinnert den Fiestafahrer an sein Erlebnis in Sibirien.
„Wenn ich schon mal hier bin, will ich euren Alaska-Ötzi auch sehen. So was sieht man ja nicht alle Tage! Wo kann ich ihn denn besichtigen?“

Der Tankwart erklärt ihm den Weg. Vorm Museum stehen viele Schulbusse, Horden von Schulkindern treiben sich lautstark herum, die Lehrerinnen versuchen sie zur Ordnung zu schreien (die Karens unter ihnen am lautesten), die Polizei agiert hilflos wie in Berlin. Endlich kriegt der Fiestafahrer eine Eintrittskarte und darf das Allerheiligste betreten, wo sich alles drängt, die Lehrerinnen (mit den Karens an der Spitze) mit ihren Erklärungen sich zu überschreien suchen. Es ist noch lauter als auf dem Parkplatz draußen. Endlich hat er Gelegenheit, einen Blick auf den famosen Alaska-Ötzi zu werfen.

„Ah, auch er ist aus Sibirien geflohen!“ meint er nach Lektüre der Museumstafel und empfindet sogleich Sympathie für den Tiefgefrorenen. „In welches Bergwerk wollten sie dich stecken, Kumpel?“

Er schaut das schamanistische Kultgerät näher an und stutzt.

„Das kann doch nicht sein! Merkt denn keiner, was los ist? Diese Amis sind wirklich so blöd, wie alle Welt glaubt!“
[Stimme aus dem Off: „Nein, sie sind NOCH blöder!“]

Der Fiestafahrer sucht sich ein ruhiges Plätzchen, wo er unbemerkt die Nacht abwartet. Nun schaltet er die Alarmanlage aus (die alte Vorrichtung ist für ihn kein Hindernis), schleppt das Exponat hinaus auf den Parkplatz, bindet es auf dem Dachgepäckträger (eigens für die Weltreise angebracht!) fest, steigt ein und braust gen Süden davon.

[Szenenwechsel]
Zurück in die Villa Pornoma, wo angenehmere Temperaturen herrschen. Suffi serviert ein Tablett voller Rumbecher und fragt Brenzli: „Bist du ganz sicher, dass das Fass nicht leer wird, wie wir uns auch ins Zeug legen?“
„Der HERR hat es gegeben, der HERR kann es wieder nehmen“, erwidert Brenzli fromm.
„Aber ich glaube, solange ihr im Suff keine lästerlichen Reden führt, werden wir uns an dieser Gabe des HERRN erquicken dürfen.“
„Also“, resümiert Suffi, „alle halten die Klappe und saufen was reingeht.“

Da ruft Kongo-Müller (Tua): „Das gibt es doch gar nicht! Wie kommt der denn hierher?“
Er zeigt auf den Bildschirm, wo ein Mann im Jogginganzug durchs Foyer läuft, in jeder Hand eine riesige prall gefüllte Plastiktasche.
„Assi-Toni, der alte Assi“, kommentiert Don Pancho, der sich nach getaner Arbeit eingestellt hat.
„Der Palettenzertrümmerer!“, ergänzt Meister Rööörich, der sich nach der erfolgreichen Rohrverlegung den dritten Becher Rum gönnt.
„Hat ihm denn niemand gesagt, dass es hier kein Turmbräu gibt?“, fragt Igel.

Draußen blickt derweil Jane Leatherskin dem neuen Besucher mit sehr kritischer Miene entgegen.

„Jetzt kommen schon die Penner!“, murmelt sie naserümpfend.
Assi-Toni hat sie verstanden. „Nur die Ruhe, Schätzchen, von dir will ich nichts. Aber ich habe eine gute Nachricht für dich.“

„Ach, und welche?“

„In Offenbach hast du die Wahl zur Miss Lederstrumpf gewonnen. Da kannst du drei Jahre Eierlikör schlürfen, ganze Stangen Kippen qualmen und shittern, was die Finger aushalten. Das alles kommt deiner Haut zugute, und damit will die Lederindustrie künftig werben. Viele Millionen winken dir!“
Selbst die Schwabenmeersirene begreift, dass sie veralbert wird.

„Sie wollen sich wohl über mich lustig machen, Sie versoffener Penner?“ keift sie.
„Netter Versuch, Schätzchen“, winkt Assi-Toni ab, „aber bei mir zieht diese Art Anmache nicht mehr. Ich habe öfter den Geschlechtsverkehr ausgeübt denn meine Blase entleert, bam bam. Da werd’ ich bei so einer faltigen Lederhaut nicht mehr notgeil. Im Übrigen habe ich mich in der Tür geirrt.“
Er verschwindet ins Buen Retiro, wo er mit Gegröle begrüßt wird.

„Was schleppst du denn da mit dir herum?“, fragt eisfreak.
„Nur etwas Turmbräu.“ Assi-Toni holt eine Dose hervor, öffnet sie und macht einen langen Zug.
„Turmbräu kriegt man hier ja nicht, da habe ich Vorrat mitgebracht.“
„Lange wird das aber nicht halten, höchstens anderthalb Tage.“
„Das ist ja auch nur für heute. Im Hafen steht ein ganzer Container voller Dosen. Mehr konnte die Brauerei in der kurzen Zeit nicht liefern.“
„Und wie machst du das mit dem Dosenpfand?“
„Die nehm‘ ich wieder mit heim. Das rechnet sich.“
„Seltsam, dass alle hier in der Villa Pornoma landen“, wundert sich Topflop. „Was hat dich denn hergetrieben?“
„Weiß ich nicht.“

Assi-Toni öffnet die nächste Dose und greift nach dem Rumbecher, den jemand vor ihn hingestellt hat. „Irgendwie eine innere Stimme.“ Er leert die Dose zur Hälfte.
„Aber jetzt lasst mich mal probieren, wie Turmbräu mit Rum schmeckt.“
Bevor er sein Vorhaben ausführen kann, steht Brenzli vor ihm und entreißt ihm den Becher.
„Frevler!“, brüllt er zornesrot. „Wie kannst du es wagen, diese Gottesgabe mit dem Bier zu verfälschen?“
„Eigentlich wollte ich den Rum mit dem Bier veredeln“, stottert Assi-Toni. „Was hast du denn dagegen?“
Brenzli erklärt ihm, was es mit dem wundersamen Rumfass auf sich hat. „Wenn der Rum gepanscht wird, kommt der Zorn des HERRN über uns!“
„Wie sieht dieser Zorn denn aus?“, fragt der Dinosaurier.
„Wahrlich, ich sage dir: Die Drachennachbarin wird sich deiner annehmen“, verkündet Brenzli im Ton eines alttestamentlichen Propheten, „fronen wirst du zu ihrer Freude und täglich Trübsal blasen, während sie dich nicht blasen und der Duschvorhang dein einziger tröstender Freund sein wird! Und die Kampfemanzen werden Goldschniedel die vielen Millionen entreißen, und wir Freien Männer werden sie nicht daran hindern können! Ein elendes Sklavenlos auf der Plantage harret unserer, so wahr meine Bitcoins gut im Kurs stehen!“

Diese Predigt hilft. Assi-Toni gelobt, Bier und Rum nur getrennt zu trinken und lässt den Worten reichlich Taten folgen. Bald ist die erste Tüte Turmbräu geleert und mancher Becher Rum vertilgt. Pöbel-Lerby kommt auf einen Becher Rum herein. Kurz danach erscheint Rechtsverdreher Suppafly, der berüchtigte Erfinder des Teeniecamps.

„Schön, dass man dich endlich auch einmal zu sehen bekommt“, begrüßt ihn der Herr des Hauses, „wie geht es denn so?“
„Geht so“, erwidert Suppafly und nimmt den Becher von Suffi entgegen.
„Da ich schon mal in der Gegend bin, wollte ich fragen, ob du endlich die schwarze Sally und die blonde Ally eingestellt hast, das Domina-Doppelpack in Lack und Leder mit Peitsche und Reitgerte?“
Pöbel-Lerby verneint. „Leder haben wir hier nur bei unserer Tresenpomeranze, die trägt das jeden Tag.“

Er lupft ein wenig den Vorhang, Suppafly winkt entsetzt ab.

„Sehr bedauerlich, daß du da schlecht aufgestellt bist. Aber irgendwann werden sie sich schon melden.“
„Optimist! Die verdienen sich in der Politik dumm und dämlich, warum sollten sie sich verändern wollen?“
„Weil sie es einfach drauf haben!“, schwärmt Suppafly und fährt verzückt fort: „Hach, wie gerne würde ich jetzt mit den beiden meine Spielchen treiben. Zuerst der schwarzen Sally den süßen Pflaumenwein ausschlürfen bis auf den letzten Tropfen, wovon sie einen Dauerorgasmus kriegt, der fürs Guinness Buch der Rekorde reicht!“
„Ich weiß, wie es weitergehen würde“, sagt Santerra. „Derweil tritt die blonde Ally hinter dich und schnallt einen schwarzen Schniedel um, bei dessen Anblick selbst Machete-Mbele Minderwertigkeitskomplexe bekäme.“
„Was bist du pervers!“, rügt Suppafly. „Was soll das?“
„Ally möchte auch ins Guinness Buch der Rekorde“, wirft Pöbel-Lerby mit Unschuldsmiene ein.
„Abartig ist das hier! Dein Laden bekommt von mir im Internet eine schlechte Bewertung, damit du es weißt! So, und jetzt gehe ich ins Teeniecamp!“ Er macht sich davon.
Pöbel-Lerby ruft ihm feixend nach: „Dort wirst du Ally & Sally aber nicht finden, die sind zu alt dafür!“
„Versuch dein Glück lieber mal im Altersheim!“, grölt Suffi und schwenkt den vollen Rumbecher. Alle prosten vergnügt einander zu und leeren ihre Becher. Pöbel-Lerby verschwindet ins Büro, angefallene Arbeiten zu erledigen.

Geschätzte Leser! Genug der Rumidylle! Von nun an geht es wieder zur Sache!



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